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> Urteil in Bremen zum aufgesetzten Parken, war: Illegales "Halbbordparken" nicht grundsätzlich tolerabe
mkossmann
Beitrag 01.03.2022, 14:08
Beitrag #1


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Das VG Bremen ( Aktenzeichen 5K1968/19
hält die Praxis der Stadt Bremen, illegales Haĺbbordparken zu tolerieren, für Ermessensfehlerhaft.
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ks-film
Beitrag 01.03.2022, 18:33
Beitrag #2


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Dass Gehwegparken nicht grundsätzlich erlaubt werden kann, ist ja eigentlich auch klar...
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mir
Beitrag 01.03.2022, 20:05
Beitrag #3


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Das interessante ist, dass Anwohner einen einklagbaren Anspruch auf Durchsetzung des Verbots haben.


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Q-Treiberin
Beitrag 01.03.2022, 20:42
Beitrag #4


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Schade dass es (erstmal) wohl nur Bremen betrifft…. wenn ich mir hier vor der Haustür (schräg ggü.. einer Schule) viermal täglich den „Muddi-Alarm“ anschaue, möchte ich gerne dieses Recht haben…. es wurden Schilder „absolutes Halteverbot“ aufgestellt…. interessiert die Muddis nicht, weil „ich will ja nur mal kurz…“, vor zwei Wochen wurden Zickzack-Linien als Sperrflächen (besonders bei dem privaten Auffahrten) aufgemalt… interessiert die Muddis nicht, weil „ich will ja nur mal kurz…“….
Ob man zum Feierabend dann eine private Auffahrt nicht nutzen kann ist ihnen egal denn… „ich will ja nur mal kurz“….

Dass das „“kurz“ mal locker 20 Minuten bedeutet weil sie ihren Augenstern natürlich auch direkt am Schultor (vor Corona am besten direkt im Klassenzimmer) abholen (und noch mit anderen Muddis klönen müssen) und so lange das Auto da einfach steht („wo ist das Problem, habe doch Warnblinker an…“) interessiert die Muddis auch nicht, denn „ich will ja nur mal kurz…“.


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Personalführung ist die Kunst einen Mitarbeiter so über den Tisch zu ziehen, dass er die Reibungshitze als Nestwärme empfindet...
oder
Wer glaubt, dass ein Abteilungsleiter eine Abteilung leitet der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet...
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Janus
Beitrag 01.03.2022, 22:06
Beitrag #5


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Wenn das mal jemand hier in Dortmund einklagt, wird es "lustig". In sämtlichen Vororten.


~ Janus


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Regeln dienen dazu nachzudenken, bevor man sie bricht.
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mir
Beitrag 02.03.2022, 01:23
Beitrag #6


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Wenn ich mir Urteile von Verwaltungsgerichten durchlese, habe ich immer das Gefühl, dass die ihre Brille mit 'nem Kran aufsetzen. Das soll jetzt keine Urteilsschelte sein, mir kommt das nur immer fremdartig vor. Irgendwie wird alles bis zum Gehtnichtmehr ausgewalzt. Aber das machen die alle so ...

Ein paar Kostproben:

Zitat
Lehnt die Behörde die Vornahme von schlichtem Verwaltungshandeln durch förmlichen
Bescheid ab, fehlt die Klagebefugnis, wenn der Rechtsschutzsuchende evident keinen
Anspruch auf Vornahme des schlichten Verwaltungshandelns hat.

Zitat
Es erscheint aber nicht evident ausgeschlossen, dass
sich vorliegend ein Anspruch auf Einschreiten aus § 45 Abs. 1, Abs. 9 Satz 1 StVO, § 10
Abs. 1 Satz 1 BremPolG und § 11 BremVwVG jeweils i.V.m. den Parkvorschriften aus § 12
Abs. 4 und 4a StVO ergibt, weil letzteren drittschützender Charakter beizumessen ist.


Zitat
Eine Gefahr für die
öffentliche Sicherheit wegen eines drohenden Rechtsverstoßes ist danach
subjektivrechtlich relevant, wenn die Norm, deren Verletzung zu erwarten oder bereits
eingetreten ist, ihrerseits individualschützend ist (...) Entsprechendes muss gelten,
wenn ein Rechtsschutzsuchender ein Einschreiten gegen Dritte im Wege des
verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Vorgehens verlangt.

Zitat
Für die Annahme der Klagebefugnis genügt es, dass die Frage des Drittschutzes bisher nicht (abschließend)
geklärt ist (...) Dies ist hier der Fall.


Dabei gibt es so gute Bücher, wie man auch im Recht verständlich formuliert! Zum Beispiel Roland Schimmel, "Juristendeutsch?" Aber in dem Fall scheint's dem Gericht mehr darum zu gehen, die passenden Schlüsselwörter fallen zu lassen, als verständlich zu schreiben.

So taucht dann auf Seite 14 tatsächlich mal eine relevante Norm aus der StVO auf!
Zitat
§ 12 Abs. 4 StVO regelt, dass zum Parken bei ausreichender Befestigung der rechte
Seitenstreifen zu benutzen und ansonsten an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren
ist (Satz 1) und dass in Einbahnstraßen links gehalten und geparkt werden darf (Satz 4)
Ist das Parken auf dem Gehweg erlaubt, ist hierzu nur der rechte Gehweg, in
Einbahnstraßen der rechte oder linke Gehweg, zu benutzen (§ 12 Abs. 4a StVO). Aus der
Zusammenschau beider Vorschriften folgt, dass das Parken auf Gehwegen verboten ist,
sofern die zuständige Behörde es nicht ausdrücklich erlaubt hat (durch Zeichen 315 der
Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO [„Parken auf Gehwegen“] oder durch eine
Parkflächenmarkierung [Nr. 74 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO]).


Ach so ist das!

Im Zivilrecht hieße es nur "Das Parken auf Gehwegen ist grundsätzlich rechtswidrig, § ... StVO). Eine anderweitige Regelung wurde nicht vorgetragen."

Zitat
Auf etwaige Beeinträchtigungen von Rad fahrenden Kindern und Rollstuhlfahrern können
sich die Kläger hingegen evident nicht berufen, da sie selbst diesen Personengruppen nicht
angehören und eine Verletzung ihrer, d.h. eigener Rechte insoweit offensichtlich
ausscheidet.


Ja, dumm gelaufen. Da hätten die Eltern wohl auch noch im Namen ihrer Kinder klagen müssen. Aber es geht ja noch weiter.

Immerhin wird dann das Rechtsschutzinteresse bezüglich zukünftiger Parkvorgänge auf einer knappen halben Seite abgehandelt. Der Leser freut sich.

Nach 14 Seiten komprimierter Sprache mit sehr grundsätzlichen Erwägungen zur Zulässigkeit der Klage geht es dann endlich mal um die Begründetheit.

Danke, ich bin schon erschöpft. Vom Überfliegen her scheint mir, dass das Gericht aufgrund § 44 Abs. 1 S. 1 StVO eine allgemeine Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörde für Verwaltungsvollstreckungen annimmt, sprich: Abschleppen. Oder auch für das Aufstellen von Verkehrsschildern, die das bestehende Verbot verdeutlichen (huch? Meint das Gericht wirklich.) Ab Seite 27 geht's dann um den Drittschutz.

Da ist einiges zu fragen und zu beantworten:

Zitat
Es ist zu fragen,
ob sich der objektiv-rechtliche Schutz der Norm in dem Verhältnis des Bürgers zum Staat
erschöpft oder – und zwar über eine bloße Reflexwirkung hinaus – auch ein
Interessenausgleich zwischen kollidierenden Privatinteressen bezweckt wird. Zudem ist zu
beantworten, worin die über die objektiv-rechtliche Regelung hinausgehende subjektiv-
rechtliche Komponente in sachlicher Hinsicht liegt und ob ein besonderer personaler
Schutzzweck vorliegt, der einen abgrenzbaren Personenkreis hervorhebt.


Etwas konkreter:

Zitat
Die Annahme eines
Drittschutzcharakters einer Norm setzt voraus, dass sich aus individualisierenden
Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der
Allgemeinheit unterscheidet.


Das Gericht bejaht das über teleologische Auslegung. Zunächst meint ,es dass "eine Person, die das
aufgesetzte Gehwegparken als verkehrsordnungswidrigen Zustand rügt, ohne selbst
davon unmittelbar und qualifiziert betroffen zu sein (siehe dazu sogleich), nicht auf § 12
Abs. 4 und 4a StVO als drittschützende Normen berufen kann."

Bezüglich eines Anwohners sieht das Gericht das aber anders:
Zitat
So verhält es sich auch hinsichtlich
Personen, die als Anwohner der vom aufgesetzten Gehwegparken betroffenen Straßen
regelmäßig nicht nur zufällig und geringfügig, sondern zwangsläufig und nicht unerheblich
in der Nutzung der Gehwege beeinträchtigt werden. Insoweit entfalten die Parkvorschriften
beim Erreichen einer bestimmten Beeinträchtigungsschwelle Drittschutz zugunsten dieser
Anwohner.


Es folgen wieder sehr allgemeine und sich wiederholende Betrachtungen zum Zweck der StVO, ohne dass auf die Anwohnerschaft eingegangen wird. Erst etwas weiter hinten:

Zitat
Anwohner haben ein berechtigtes und schützenswertes Interesse an der Einhaltung der Vorgaben
aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO durch den motorisierten Verkehr, da sie als Anwohner in
besonderer Weise darauf angewiesen sind, ungehindert die Gehwege passieren zu
können. Ihnen dies zu ermöglichen, ist (jedenfalls auch) Zweck der Parkvorschriften. Es
genügt, wenn die Rechtsvorschrift nur in geringem Umfang die Belange einzelner schützen
will, solange die Einräumung einer besonderen Rechtsposition zugunsten eines
hinreichend bestimmten Personenkreises erkennbar ist
(BVerwG, Urt. v. 22.01.1971 – VII
C 48.69 –, juris Rn. 14). Dies ist hier der Fall.


Angesichts des Gesamtumfangs des Urteils sind die tragenden Gründe dafür, dass Anwohner unter den Drittschutz fallen, recht knapp. Ich weiß nicht, ob die Ansicht so zwingend ist, da ja nun die Parkvorschriften gerade nicht den Anwohnern als hinreichend bestimmten Personenkreis eine besondere Rechtsposition zur Nutzung des Gehwegs einräumen.


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Explosiv
Beitrag 02.03.2022, 09:25
Beitrag #7


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Was ein Geschwurbel.
Rechtsnormen, die man nicht durchsetzen will, soll man gar nicht erst erlassen oder einstampfen.
Will man sie behalten, muss man sie durchsetzen. Überall. Besonders, wenn Beschwerden vorliegen, von wem auch immer.
Dass zufällige Fußgänger gegenüber Anwohnern benachteiligt werden sollen, ist für mich nicht verständlich. In einem Rechtsstaat gilt doch gleiches Recht für alle. Dann gilt auch gleiche Klagebefugnis für alle.
Und die Behinderung und ggf. Gefährdung von Kinderwagenschiebern, Rollifahrern oder Kindern auf Kinderfahrrädern ist nicht so fernliegend, dass man diese nur anführen kann, wenn man selber zu diesem Personenkreis gehört oder auch im Namen seiner eigenen Kinder klagt. Was ein Bullshit.

Danke für die Lesearbeit.


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durban
Beitrag 02.03.2022, 10:36
Beitrag #8


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Zitat (mir @ 02.03.2022, 02:23) *
Wenn ich mir Urteile von Verwaltungsgerichten durchlese, habe ich immer das Gefühl, dass die ihre Brille mit 'nem Kran aufsetzen. Das soll jetzt keine Urteilsschelte sein, mir kommt das nur immer fremdartig vor. Irgendwie wird alles bis zum Gehtnichtmehr ausgewalzt. Aber das machen die alle so ...


Als ich das Urteil gelesen habe, habe ich auch gedacht: Was für ein Roman für so einen vom Sachverhalt her einfachen Fall. Das mag ja alles akademisch interessant sein (vor allem die Klagebefugnis der Anwohner), aber für wen wird das Urteil denn geschrieben? Für die klagenden Anwohner ist das Urteil unverständlich. Und selbst für die interessierten Juristen hätte man die Ausführungen wesentlich kürzer halten können.

Aber es ist ja immer alles steigerbar. Ich verweise dazu immer gerne auf die Entscheidung des BGH vom 30.05.2018, 3 StR 486/17 - an die sich aber die Verwaltungsgerichtsbarkeit wohl nicht gebunden fühlt tongue.gif :

Zitat
1. ...

2. Zur Abfassung der Urteilsgründe ist als gedankliche Vorarbeit unabdingbar, eine wertende Auswahl zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu treffen. Gerade darin liegt die unverzichtbare geistige Leistung, die von einem Richter zu verlangen ist.

3. Ein knapp 1.300 Seiten langes Urteil mit allenfalls durchschnittlich schwieriger Sach- und Beweislage, in welchem u. a. auf 220 Seiten Mitschnitte von Telefongesprächen und Chatprotokolle teils wörtlich wiedergegeben, auf weiteren 57 Seiten Feststellungen zum „Verfahrensgang“ getroffenen werden, auf die es nicht ankommt, die Einlassung des Angeklagten auf 120 Seiten nahezu wörtlich, einschließlich aller Fragen von Verfahrensbeteiligten referiert wird, in der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen erneut wiederholt werden und ohnehin entbehrliche Feststellungen auf weiteren 50 Seiten belegt sowie auch zu gänzlich unwichtigen Details Beweismittel benannt werden, offenbart neben der Verkennung des Regelungsgehalts des § 267 I StPO einen bedenklichen Umgang mit den Ressourcen der Justiz.


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Hornblower
Beitrag 02.03.2022, 11:47
Beitrag #9


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Erinnert mich an den guten, alten Clausewitz, der in der "Vorrede des Verfassers" zu seinem Werk "Vom Kriege" schrieb:

Zitat
Es ist vielleicht nicht unmöglich, eine systematische Theorie des Krieges voll Geist und Gehalt zu schreiben, unsere bisherigen aber sind weit davon entfernt. Ihres unwissenschaftlichen Geistes gar nicht zu gedenken, strotzen sie in dem Bestreben nach dem Zusammenhang und der Vollständigkeit des Systems von Alltäglichkeiten, Gemeinsprüchen und Salbadereien aller Art.

Will man ein treffendes Bild davon, so lese man Lichtenbergs Auszug aus einer Feuerverordnung:

»Wenn ein Haus brennt, so muß man vor allen Dingen die rechte Wand des zur Linken stehenden Hauses und hingegen die linke Wand des zur Rechten stehenden Hauses zu decken suchen; denn wenn man zum Exempel die linke Wand des zur Linken stehenden Hauses decken wollte, so liegt ja die rechte Wand des Hauses der linken Wand zur Rechten, und folglich, da das Feuer auch dieser Wand und der rechten Wand zur Rechten liegt (denn wir haben ja angenommen, daß das Haus dem Feuer zur Linken liege), so liegt die rechte Wand dem Feuer näher als die linke, und die rechte Wand des Hauses könnte abbrennen, wenn sie nicht gedeckt würde, ehe das Feuer an die linke, die gedeckt wird, käme; folglich könnte etwas abbrennen, das man nicht deckt, und zwar eher, als etwas anderes abbrennen würde, auch wenn man es nicht deckte; folglich muß man dieses lassen und jenes decken. Um sich die Sache zu imprimieren, darf man nur merken: wenn das Haus dem Feuer zur Rechten liegt, so ist es die linke Wand, und liegt das Haus zur Linken, so ist es die rechte Wand.«


narr.gif


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Interessante Links: Alkohol-Abstinenznachweise Cut-Offs Haar-Analyse Cannabis VP-Abbau-Statistik Maastricht-Diagramme Amphetamine Kokain MPU-Beratung
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"Gendern" - dat is, wenn dem Sachsen sein Boot umkippt.
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Explosiv
Beitrag 02.03.2022, 12:13
Beitrag #10


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wacko.gif


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mir
Beitrag 02.03.2022, 12:31
Beitrag #11


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Die Gerichte sind immer *sehr* darauf bedacht, die Klagemöglichkeiten nicht zu breit zu interpretieren. Man möchte um alles Popularklagen vermeiden. Ich erinnere mich noch an den Fall von @tesserakt, bei dem erst das BVerfG tätig werden musste, um die gesamte Oberlandesgerichtschaft davon zu überzeugen, dass die Klagefrist gegen ein Schild für einen Kläger in Passau nicht ein Jahr nach der Aufstellung in Buxtehude abläuft, auch wenn der Kläger in der Zeit niemals in Buxtehude war. Insofern ist es schon ein echtes Novum, dass sich ein Gericht mal drum bemüht, zumindest Anwohnern ein Individualrecht auf Durchsetzung der StVO zuzugestehen. Mich irritieren im Urteil nur die ständigen Wiederholungen, dazu eine mit Floskeln durchsetzte Sprache, die meiner Ansicht nach mehr eine Dichte der Argumentation vortäuschen.

Was ich nicht verstehe, das sind die ausführlichen Darlegungen dazu, wofür die Straßenverkehrsbehörde zuständig ist und wofür das Ordnungsamt. Verklagt wurde die Stadtgemeinde Bremen als Rechtsträger. Wie die ihre Arbeit auf ihre Behörden aufteilt, kann dem Kläger doch eigentlich egal sein, oder? Kann das jemand kommentieren?

Bin gespannt, was die Berufung dazu sagt. Ich würde mich wundern, wenn Bremen nicht weiterzieht. Die werden das möglichst vermeiden wollen, dass Anwohner einklagen können, dass die StVO durchgesetzt wird.

Nur mal im Vergleich: Das BVerfG begründet auch sehr ausführlich, aber es konzentriert sich dabei jeweils auf das, was neu ist. Sehr angenehm, und auch für Laien gut verständlich, wenn man ein bisschen Willen mitbringt, sich reinzubohren. Gut, die haben wahrscheinlich auch einen großen und erstklassigen Stab von Mitarbeitern.



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Mueck
Beitrag 02.03.2022, 12:42
Beitrag #12


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Zitat (Explosiv @ 02.03.2022, 09:25) *
Dass zufällige Fußgänger gegenüber Anwohnern benachteiligt werden sollen, ist für mich nicht verständlich. In einem Rechtsstaat gilt doch gleiches Recht für alle. Dann gilt auch gleiche Klagebefugnis für alle.
Und die Behinderung und ggf. Gefährdung von Kinderwagenschiebern, Rollifahrern oder Kindern auf Kinderfahrrädern ist nicht so fernliegend, dass man diese nur anführen kann, wenn man selber zu diesem Personenkreis gehört oder auch im Namen seiner eigenen Kinder klagt. Was ein Bullshit.
Ohne den Roman gelesen zu haben, rein aus einer Zusammenfassung heraus:
Es geht ja nicht darum, ob der zufällige Passant einen einzelnen Autofahrer, der ihm im Wg steht, anzeigen darf, sondern darum, ob man die Behörde verpflichten kann, tätig zu werden, um Dauerproleme zu beseitigen, und da sind die Anwohner eben regelmäßig betroffen, während der Gelegenheitsfußgänger dort zu selten vorbei kommt. Anders sähe es evtl. aus, wenn der Fußgänger dort täglich vorbei kommt, bspw. auf dem Weg zur Arbeit.

Im übrigen befürchte ich, dass die Lösung Striche auf dem Gehweg sein könnten ... thread.gif


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mir
Beitrag 02.03.2022, 12:47
Beitrag #13


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Nebenbei, weiß jemand, was aus der Sache geworden ist? Das Urteil ist vom 11.11.21, da ist ja inzwischen die Rechtsmittelfrist längst abgelaufen. Beck meint nur "Rechtskraft: unbekannt". Juris führt keine weiteren Entscheidungen in der Sache auf.


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mgka
Beitrag 02.03.2022, 13:27
Beitrag #14


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Zitat (mir @ 02.03.2022, 12:47) *
Nebenbei, weiß jemand, was aus der Sache geworden ist? Das Urteil ist vom 11.11.21, da ist ja inzwischen die Rechtsmittelfrist längst abgelaufen. Beck meint nur "Rechtskraft: unbekannt". Juris führt keine weiteren Entscheidungen in der Sache auf.

Ich habe dieser Tage irgendwo (ich meine, es war eine halbwegs zuverlässige Quelle) gelesen, dass die Beklagte in die - zugelassene - Berufung gegangen sei. Nun denn, es geht in gewissem Sinne ja auch um etwas Grundsätzliches. Die Monatsfrist für das Rechtsmittel beginnt im übrigen erst mit der Zustellung des Urteils zu laufen.

Gewiss, das Lesen der gut 30 Seiten war etwas ermüdend, aber hier geht es ja um eine Verpflichtungsklage, für welche man (a) eine nachhaltige(re) Betroffenheit nachweisen muss und (b) das Gericht ja nur dann eine Entscheidung treffen kann, wenn sich das Ermessen hinsichtlich der begehrten Verpflichtung auf null reduziert hat. Insofern ist der lange Urteilstext schon nachvollziehbar. Und er begründet ja auch, warum das Buchbinder-Wanninger-Prinzip, was Behörden allzu gerne spielen, wenn sie nicht zuständig sein wollen, hier nicht greift. Vielleicht sollte man gleich eine Sprungrevision zum BVerwG anregen... oder braucht es doch noch die weitere Tatsacheninstanz des OVG?



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helmet lampshade
Beitrag 02.03.2022, 15:29
Beitrag #15


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Zitat (Mueck @ 02.03.2022, 12:42) *

Die Striche sollten sich aber (im Idealfall) an Regelungen halten, und das Parken außerhalb der Markierung ist dann auch einklarer Verstoß, während bei diesen Pauschaltolerierungen die Grenze schwer zu ziehen ist
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mgka
Beitrag 02.03.2022, 15:58
Beitrag #16


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"Leider" hat ja die Landeshauptstadt München die Straßenausbaubeitragssatzung mittlerweile gestrichen. In meiner Straße (an deren Instandhaltung ich mich als Eigentümer bisher regelmäßig beteiligen musste) wurde grundsätzlich rechtswidrig mit zwei Reifen auf dem Radweg geparkt. Es war offensichtlich, dass der herausgebrochene Asphalt an dieser Stelle von den Falschparkern kam, da der Weg natürlich nicht für das Gewicht von PKWs gemacht ist. Mittlerweile wurde der Weg neu hergerichtet, allerdings "nur" auf Kosten der Steuerzahler. Die Anwohner müssen nichts mehr beisteuern. Ich hätte diese Gelegenheit gerne genutzt, nachdem ich über viele Monate die vorsätzliche Zerstörung des Wegs gut dokumentiert hatte, den Gebührenbescheid rechtlich überprüfen zu lassen...


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Mueck
Beitrag 02.03.2022, 16:30
Beitrag #17


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Zitat (helmet lampshade @ 02.03.2022, 15:29) *
(im Idealfall)
Das ist der Haken ... irgendwo in den Untiefen der Dokumente steht was vom neuen besseren Maß von 1,6 m (statt bisher tolerierte, aber selten kontrollierte 1,2 m) und in manchen einsamen Straßen ist der Gehweg auf einer Seite gleich ganz unterm Parkstrich verschwunden ... thread.gif
Es gibt aber durchaus auch Straßen ohne Striche, wenn's auf der Fahrbahn breit genug bleibt.

Richtig: Vorteil ist die leichtere Verfolgbarkeit und theoretisch kann man als Fußgänger gegen die Striche als "verkehrrechtliche Anordnung" klagen ... thread.gif


Zitat (mgka @ 02.03.2022, 15:58) *
"Leider"
... alles immer im falschen Moment ... thread.gif
Ja, wäre wohl interessant geworden das Ergebnis in ca. 20 Jahren ... (10 Jahre für die Abrechnung, 10 Jahre für die Klage durch die Instanzen ...) whistling.gif
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Söne spitze Steine
Beitrag 02.03.2022, 16:56
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Die bekrante Brille hat etwas mit dem verdrucksten Verwaltungsrecht zu tun. Etliche Klagen scheitern bereits an der einen formellen Vorausetzung, weil der Kläger die beklagte Tatsache bzw. dessen Verwaltungsakt schon länger als ein Jahr lang kennt.

Desweiteren ist im Bremer Urteil zu berücksichtigen, daß
1) für die Kontrolle/Einhaltung der StVO die Ordnungsbehörde (Ordnungsamt/-polizei) zuständig ist, das in diesem Fall aber pennt und nicht beknollt,
2) für verkehrsrechtliche Anordnungen das Straßenverkehrsamt zuständig ist, das durch seine Anordnungen die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs zu gewährleisten hat,
3) der oder die Kläger keinen Anspruch gegen das Ordnungsamt durchsetzen können,
4) für das Heranziehen der StVB für allgemeine Ansprüche von VT noch keine gefestigte Rechtsprechung existiert und neue Konstrukte daher ausführlich und mitunter kompliziert begründet werden müssen.

Im Bremer wie im Neustädter Urteil geht es letztlich um die Anordnung „geeigneter“ verkehrslenkender Maßnahmen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Nur in diesem Punkt ist das Ermessen der Behörde auf Null reduziert und kann vom Verwaltungsgericht daher angeordnet werden.

Die Stadt Bad Dürkheim hatte eine enge Durchgangsstraße „barrierefrei“ und dabei Fahrbahn und Gehweg niveaugleich ausgebaut. Logische Folge war, daß entgegenkommende Fahrzeuge regelmäßig auf den Gehweg auswichen und dort Fußgänger gefährdeten. Hier sah das Gericht eine Ermessensreduzierung auf Null als gegeben an.

In Bremen besteht die Gefährdung dadurch, daß regelmäßig und dauerhaft Fahrzeuge auf dem Gehweg der Kläger parken und Fußgänger dadurch u.U. gezwungen sind, auf die Fahrbahn auszuweichen, was eine nicht zu unterschätzende Gefährdung darstellt: „Als betroffene subjektiv-öffentliche Rechte kommen dem Grunde nach das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit und das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum als zentrale Schutzgüter der durch § 45 StVO geschützten Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs in Betracht. Dazu gehört aber auch im Vorfeld der Grundrechte der Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Auffassung zumutbare Maß übersteigen (BVerwG, Urt. v. 04.06.1986 – 7 C 76.84 –, juris Rn. 10). Soweit eine durch den Straßenverkehr verursachte Gefährdung dieser Rechtsgüter in Frage steht, dient § 45 Abs. 1 StVO nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch den Eigenrechten desjenigen, von dem die drohenden Nachteile abgewendet werden sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.07.1986 – 7 B 141/85 –, juris Rn. 3; Will, in: BeckOK StVR, 13. Ed. 15.10.2021, StVO § 45 Rn. 28)“ (S.13).

Die Frage, welche konkrete „geeignete“ Maßnahme (also das Wie) angeordnet wird, obliegt dann wieder der StVB und ihrem Ermessen. Hier kann weder das Gericht, noch der Kläger konkrete Maßnahmen einfordern.

Vom Bremer Urteil lag offensichtlich erst diese Woche die schriftliche Urteilsbegründung vor; von hier an läuft die Berufungsfrist (wenn ich mich nicht irre: 14 Tage). Und wie es auf Heise heißt, will Bremen in Berufung gehen. Dem Urteil hat das Verwaltungsgericht offenbar einen hohen Stellenwert zugewiesen und das Verfahren mit drei Richtern, darunter dem Gerichtspräsidenten, geführt und ausführlich, m.E. aber nicht übermäßig, begründet – weil es eben juristisch noch keine gefestigte Rechtsprechung zu diesem Thema gibt.


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ulm
Beitrag 02.03.2022, 17:04
Beitrag #19


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Zitat (Söne spitze Steine @ 02.03.2022, 16:56) *
weil es eben juristisch noch keine gefestigte Rechtsprechung zu diesem Thema gibt.

Und ich einfach gestrickter Mensch dachte doch jetzt wirklich, dass von der Legislative ein Gesetz gemacht wird, dass die Exekutive durchzusetzen hat, solange die Judikative keine Einwände gegen das Gesetz an sich hat.
Daher bracht es doch gar keine Rechtsprechung zum "ob man beknollen muss".
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Söne spitze Steine
Beitrag 02.03.2022, 17:26
Beitrag #20


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Nein, natürlich bräuchte es keine Rechtsprechung zum Thema Gehwegparken, wenn die Aufsichtsbehörden (in NRW die Bezirksregierungen) sowie die Landesverkehrsministerien als zuständige Behörden die (ausnahmsweise eindeutigen) Buchstaben der StVO [zum Parken] auch durchsetzen würden.

In NRW kann sich eine Ordnungsbehörde beispielsweise auf das „Opportunitätsprinzip“ berufen und das „pflichtgemäße Ermessen“ regelwidrig umkehren, d.h. nicht das Beknollen von Ordnungswidrigkeiten ist die Regel, sondern das Nichtbeknollen. Und das Beknollen erfolgt dann nach Gutdünken, Verzeihung: „Opportunitätsprinzip“.

Selbst wenn das Ordnungsamt dann offiziell schriftlich bekundet, daß in Vierteln „mit hohem Parkdruck“ eben nicht beknollt wird, weil sonst „Parkplätze entfallen würden“, sieht weder die Bezirksregierung, noch das Verkehrsministerium einen Anlaß einzuschreiten.

So wie ich den Bremer Innensenator vernehme („Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes halte ich daher für völlig lebensfremd“), ist er in einer Linie mit NRW. Die Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundesrates ist gleichzeitig Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau der Freien Hansestadt Bremen. Und beide sind dafür, in Berufung zu gehen.

Wobei im Verwaltungsrecht das Bremer Urteil für Gerichte in anderen Bundesländern nicht bindend ist. Daher rechne ich mir in NRW nur eine geringe Chance aus, eine Klage gegen Gehwegparken erfolgreich durchziehen zu können,

Baden-Würrtemberg ist in dieser Hinsicht mit dem Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr mustergültig.


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mgka
Beitrag 02.03.2022, 17:35
Beitrag #21


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Zitat (ulm @ 02.03.2022, 17:04) *
Und ich einfach gestrickter Mensch dachte doch jetzt wirklich, dass von der Legislative ein Gesetz gemacht wird, dass die Exekutive durchzusetzen hat, solange die Judikative keine Einwände gegen das Gesetz an sich hat.
Daher bracht es doch gar keine Rechtsprechung zum "ob man beknollen muss".

Dein letzter Satz hier ist - leider - so nicht zutreffend. Stichwort: Opportunitätsprinzip.
Daher war ja die Begründung in diesem Urteil auch so ausführlich, am Ende geht es darum, ob das Entschließungsermessen der Behörde auf null reduziert ist, also ob die Behörde einschreiten muss. Das VG Bremen hat das hier bejaht. Die Frage, wie die Behörde einschreiten muss (=Auswahlermessen), kann das Gericht in aller Regel nicht beantworten, denn Ermessen darf es nicht ausüben. Es ist ja in der Regel so, dass nicht eine einzige Maßnahme zur Verfügung steht (wenn das der Fall wäre, könnte das Gericht dann auch hier ein entsprechendes Urteil fällen, es wäre dann genau eine Maßnahme vom Gesetz her als quasi "gebundenes Ermessen" vorgegeben). Was das Gericht aber sonst machen kann: Es kann der Behörde den Fall mit gewissen Vorgaben zurück delegieren (§ 113, Abs. 5 Satz 2 VwGO: "Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden."). Genau das ist hier passiert.


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ulm
Beitrag 02.03.2022, 17:41
Beitrag #22


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Das Opportunitätsprizip, Ermessen etc. sind mir natürlich Begriffe.

Mich ärgert einfach, dass hier offenbar seitenweise geschwafelt wird anstatt das offenbar klare "so isses" auch dem Ordnungsamt klar zu machen.
Wenn es einen Parkdruck gibt, dann ist es Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde, sich darum Gedanken zu machen. Aber eben nicht Aufgabe des Ordnungsamtes durch ein vorsätzlich falsch verstandenes Opportunitätsprinzip in die Hoheit der Straßenverkehrsbehörde einzugreifen.
Und das kann doch ein Richter auch auf zwei Seiten Papier klar machen.
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mgka
Beitrag 02.03.2022, 17:46
Beitrag #23


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Zitat (Söne spitze Steine @ 02.03.2022, 17:26) *
In NRW kann sich eine Ordnungsbehörde beispielsweise auf das „Opportunitätsprinzip“ berufen und das „pflichtgemäße Ermessen“ regelwidrig umkehren, d.h. nicht das Beknollen von Ordnungswidrigkeiten ist die Regel, sondern das Nichtbeknollen. Und das Beknollen erfolgt dann nach Gutdünken, Verzeihung: „Opportunitätsprinzip“.

Nun ja, als Radfahrer kenne ich nun auch das Prinzip der "Ermessensausübung" bei der Anordnung von Verkehrszeichen mittlerweile sehr gut, wobei da die Behörden ja auch meist nach Gutdünken, Verzeihung: Willkür handeln.

Zitat
Selbst wenn das Ordnungsamt dann offiziell schriftlich bekundet, daß in Vierteln „mit hohem Parkdruck“ eben nicht beknollt wird, weil sonst „Parkplätze entfallen würden“, sieht weder die Bezirksregierung, noch das Verkehrsministerium einen Anlaß einzuschreiten.

Nur: es fällt ja nichts weg, weil es vorher schon gar nicht da war. Da müsste wohl jemand seine Kenntnisse der StVO dringend auffrischen.

Zitat
So wie ich den Bremer Innensenator vernehme („Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes halte ich daher für völlig lebensfremd“), ist er in einer Linie mit NRW. Die Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundesrates ist gleichzeitig Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau der Freien Hansestadt Bremen. Und beide sind dafür, in Berufung zu gehen.

Es muss nicht schlecht sein, wenn sich die Berufungsinstanz dem VG anschließt. Absurd ist ja aber eigentlich, dass Bürger einer Behörde gerichtlich Feuer unterm H*ntern machen müssen, damit diese rechtmäßig handelt. Aber das ist ja nichts Neues in Deutschland, wenn es um Kraftfahrzeuge geht.

Zitat
Wobei im Verwaltungsrecht das Bremer Urteil für Gerichte in anderen Bundesländern nicht bindend ist. Daher rechne ich mir in NRW nur eine geringe Chance aus, eine Klage gegen Gehwegparken erfolgreich durchziehen zu können,

Du meinst, dein VG würde keine Ermessensreduzierung auf null sehen, egal wie verparkt da "dein" Vierteil ist. Man müsste halt auch Kinder und Rollifahrer für so eine Klage gewinnen, die haben aus meiner Sicht deutlich bessere Chancen.

Zitat
Baden-Würrtemberg ist in dieser Hinsicht mit dem Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr mustergültig.

Der Erlass ist aber noch relativ neu oder? Wird der überhaupt durchgesetzt?


Zitat (ulm @ 02.03.2022, 17:41) *
Wenn es einen Parkdruck gibt, dann ist es Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde, sich darum Gedanken zu machen. Aber eben nicht Aufgabe des Ordnungsamtes durch ein vorsätzlich falsch verstandenes Opportunitätsprinzip in die Hoheit der Straßenverkehrsbehörde einzugreifen.

Ist das nicht auch Aufgabe der Lokalpolitik? Da nimmt man doch dieses Falschparken seit Jahrzehnten hin bzw. fördert es womöglich noch. Das Urteil liest sich für mich zumindest zwischen den Zeilen wie: tja, liebe Verwantwortliche, da habt ihr seit ewigen Zeiten aufs falsche Pferd gesetzt, und mal ehrlich - ihr habt das doch auch gewusst.


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Explosiv
Beitrag 03.03.2022, 09:14
Beitrag #24


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Der Wandel von der Autofahrerstadt hin zur Bürgerstadt wird halt ein schmerzhafter.
Mal schauen, wenn in der nächsten Landesregierung von NRW die Schwarzkittel weg und die Grünen drin sind, ob sich dann in Sachen Duldung von Falschparkern was ändert.
Immerhin, wenn ich hier einen Gehwegparker fotodingse und melde, kriegt er sein Knöllchen. Nur von selber kommt das OA gefühlt nie in die Vorstädte.


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Söne spitze Steine
Beitrag 03.03.2022, 14:53
Beitrag #25


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@mgka: Ich bete inständig dafür, daß sich das OVG dem Urteil des VG anschließt. Leider entfaltet ein Urteil eines Bremer VG ebenso wenig Bindungswirkung für Gerichte in NRW wie ein Erlaß des Verkehrsministeriums in BW für Kommunen in NRW.

Selbst wenn konkrete Vorgaben von StVO und VwV durch die StVB verletzt waren, hat das hiesige VG eine Ermessensreduzierung auf Null verneint und die Klage abgewiesen.Da gehst hi und denkst; „Des is a gmahde Wiesn“ – und des Gericht sagt Schleich di.

Aber auch aufsichtsrechtlich trifft man auf eine Wand der Abweisung unter dem Deckmantel der „kommunalen Selbstverwaltung“ und des zuvor genannten Opportunitätsprinzips – zugunsten der behördlichen Opportunität zu Lasten der Verkehrssicherheit.


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mir
Beitrag 03.03.2022, 15:55
Beitrag #26


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Ähm. Die Klage begehrte Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde, nicht des Ordnungsamts. Die Klagen richten sich auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen, nicht auf Bußgelder. Bußgelder zu erzwingen ist aufgrund des Opportunitätsprinzips wahrscheinlich noch aussichtsloser. Und ein paarmal Abschleppen wirkt wahrscheinlich auch besser.


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mgka
Beitrag 03.03.2022, 17:22
Beitrag #27


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Zitat (Söne spitze Steine @ 03.03.2022, 14:53) *
Selbst wenn konkrete Vorgaben von StVO und VwV durch die StVB verletzt waren, hat das hiesige VG eine Ermessensreduzierung auf Null verneint und die Klage abgewiesen.Da gehst hi und denkst; „Des is a gmahde Wiesn“ – und des Gericht sagt Schleich di.

Hast du ein Aktenzeichen/ein Urteil zum Nachlesen?

Zitat
Aber auch aufsichtsrechtlich trifft man auf eine Wand der Abweisung unter dem Deckmantel der „kommunalen Selbstverwaltung“ und des zuvor genannten Opportunitätsprinzips – zugunsten der behördlichen Opportunität zu Lasten der Verkehrssicherheit.

Same here. Da wird man genauso abgespeist mit "da wollen wir in die kommunale Selbstverwaltung nicht eingreifen" - und wenn man dann einwendet, dass es sich ja hier um Rechts des übertragenen Wirkungskreises handelt, wo die Aufsichtsbehörde auch gerne mal ein Machtwort sprechen darf, dann kommt gar nichts mehr zurück.


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Söne spitze Steine
Beitrag 03.03.2022, 18:01
Beitrag #28


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Urteil gibt es nicht, weil das Gericht immerhin meist noch so fair ist und die Möglichkeit der Klagerücknahme einräumt, bevor es die Klage abweisen würde. Dadurch fallen nur 1/3 der Gerichtskosten an.


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Beitrag 07.03.2022, 07:23
Beitrag #29


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Ist doch erschreckend, wie manche Verwaltungen zum Jagen getragen werden müssen. Und selbst dann den Schuss verweigern.
Wer Faustrecht möchte, muss genau so handeln.


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Küstengold
Beitrag 07.03.2022, 08:42
Beitrag #30


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Sollte gar nicht toleriert werden. Von mir aus auch gleich abschleppen. rolleyes.gif
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Explosiv
Beitrag 07.03.2022, 08:54
Beitrag #31


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Dabei wäre es so einfach.
Wenn die Behörde meint, das Gehwegparken ermöglichen zu müssen, weil es "nicht anders geht", dann muss sie das doch nur anordnen.
Hätte den Charme, dass man dann mit Markierungen vorgeben kann, wie viel Restgehweg übrig bleiben muss.
Dass man das nicht tut, zeigt meiner Meinung nach, dass die Behörde davon ausgeht, dass an vielen Örtlichkeiten das Gehwegparken gar nicht anordnungsfähig ist, eben weil zu wenig Restgehweg übrig bleiben würde.
Das dann trotzdem zu dulden ist einfach nur unterirdisch. ranting.gif
Fragt sich auch, ob es keine Parkhäuser/Tiefgaragen gibt, auf die man die Gehwegparker verweisen könnte. Oder hat die Gemeinde da auch jahrelang gepennt?


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mkossmann
Beitrag 07.03.2022, 08:59
Beitrag #32


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Zitat (Explosiv @ 07.03.2022, 07:23) *
Ist doch erschreckend, wie manche Verwaltungen zum Jagen getragen werden müssen. Und selbst dann den Schuss verweigern.

Wenn die Zuständigkeit für die Durchsetzung der Parkregelt durch dieses Verfahren geklärt ist besteht dann die Hoffnung das man die Verantwortlichen für diese "Toleranz"-Regelungen mit §339 StGB packen kann ?
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Küstengold
Beitrag 07.03.2022, 09:12
Beitrag #33


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Zitat (Explosiv @ 07.03.2022, 08:54) *
Fragt sich auch, ob es keine Parkhäuser/Tiefgaragen gibt, auf die man die Gehwegparker verweisen könnte. Oder hat die Gemeinde da auch jahrelang gepennt?

Warum darauf verweisen? Kommt man nicht selber auf die Idee? Oder auf die Idee, sich einen Stellplatz zu suchen?
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Explosiv
Beitrag 07.03.2022, 09:53
Beitrag #34


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Nicht, solange man ungestört falsch parken kann.
Ich ziele ja auf die Argumentation ab, die 50.000 Falschparker könnten sich nicht in Luft auflösen. Und demjenigen, der so argumentiert, könnte man den Hinweis auf leere, weil kostenpflichtige Parkhäuser geben. Und sich beschwerenden Falschparkern ebenfalls.


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mir
Beitrag 07.03.2022, 10:38
Beitrag #35


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Radfahrer können sich auch in Luft auflösen, wenn man an einer Stelle das Radfahren verbietet (und es kontrolliert). Sollte also auch bei Falschparkern funktionieren.


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Söne spitze Steine
Beitrag 08.03.2022, 10:28
Beitrag #36


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Zumindest der Leiter einer Bußgeldstelle könnte sich nach § 339 StVO strafbar machen, analog zu BGH, 27.01.2016 - 5 StR 328/15:
Zitat
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verwaltungsbediensteter als anderer Amtsträger Täter einer Rechtsbeugung sein, wenn er gleich einem Richter eine Rechtssache leitet und entscheidet. [Die Angeklagte] … entschied als Mitarbeiterin der ZBSt nach § 35 OWiG auch über die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.


Zu Owis:
Zitat
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt der Straftatbestand der Rechtsbeugung den Rechtsbruch als elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege unter Strafe. Nicht jede unrichtige Rechtsanwendung stellt eine Beugung des Rechts im Sinne des § 339 StGB dar. Vielmehr werden nur solche Rechtsverstöße erfasst, bei denen sich der Täter bewusst und in schwerer Weise von Recht und Gesetz entfernt. Im Rahmen von Opportunitätsentscheidungen – etwa bei der Einstellung des Verfahrens gemäß § 47 Abs. 2 OWiG – kann es dabei nicht darauf ankommen, ob es für eine Entscheidung gute oder weniger gute Gründe gibt, ob geringe Schuld oder fehlendes öffentliches Interesse an der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nachgewiesen oder ob das Prinzip der Verhältnismäßigkeit herangezogen worden ist. Allein entscheidend ist, ob die Einstellung ohne Ermessensausübung oder aus sachfremden Gründen erfolgt ist.


Eine Begründung wie „hoher Parkdruck“ ist in meinen Augen ein eindeutig sachfremder Grund.

Mehr dazu auch in: https://verkehrslexikon.de/Module/Einstellu...i-Verfahren.php


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Beitrag 08.03.2022, 18:36
Beitrag #37


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War am WE in meiner alten Heimat, einem Vorort von Völklingen an der Saar.
Was sich da in Sachen Hochbordparken verschlimmert hat geht auf keine Kuhhaut.
Und das ist keine verschlafene Dorfstraße, das ist die B51, die da durchgeht.
Halbhüftig ist da ja noch harmlos, da wird auch gerne über 30 m komplett mit 4 Reifen auf dem Hochbord geparkt, Restgehweg für die Fußgänger null,null. Da muss man über die Fahrbahn oder die Straßenseite wechseln.
Dass der Radweg zwischen Parkstreifen, wo vorhanden, und Hochbord gnadenlos zugeparkt wird, brauch ich gar nicht zu erwähnen. Ist aber gut so, da er eine Todesfalle für Dooringunfälle ist.

Muss dem Chef vom Ordnungsamt noch schreiben, dass ich ihm dazu gratuliere, seiner Linie treu geblieben zu sein. Absolute Abwesenheit aller Mitarbeiter außerhalb der Kernstadt, und wenn sie doch mal durchfahren, ob privat oder dienstlich, immer schön die Scheuklappen auf.
Und mal anfragen, ob er von dem Urteil in Bremen schon mal gehört hätte. Den § 339 könnte ich dabei auch erwähnen..... dry.gif


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Söne spitze Steine
Beitrag 09.03.2022, 04:58
Beitrag #38


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Imgrunde kann man mit dem 339-StGB zweigleisig vorgehen:

Das Bremer Urteil verpflichtet die Straßenverkehrsbehörde auf dem Verwaltungsrechtweg, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um das ordnungswidrige (Gehweg-) Parken zu unterbinden. Man hat als betroffener VT aber keinen Einfluß darauf, welche Maßnahmen letztlich umgesetzt werden.

Das Bremer VG sagt weiter, daß auch kein Anspruch darauf besteht, ob und wie die Ordnungsbehörde(n) tätig werden. Solange diese beteuert, grundsätzlich zu kontrollieren, aber leider nicht genügend Personal habe/nicht ständig überall sein kann, liegt auch keine Rechtsbeugung vor.

Wenn die Behörden wie in Bremen allerdings mit sachfremden Argumenten außerhalb der StVO kommen („es fallen Parkplätze weg!1!elf“), kann man es mal mit 339 StGB versuchen.


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Mueck
Beitrag 09.03.2022, 10:05
Beitrag #39


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Zitat (Söne spitze Steine @ 09.03.2022, 04:58) *
Das Bremer Urteil verpflichtet die Straßenverkehrsbehörde auf dem Verwaltungsrechtweg, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um das ordnungswidrige (Gehweg-) Parken zu unterbinden. [...]
Das Bremer VG sagt weiter, daß auch kein Anspruch darauf besteht, ob und wie die Ordnungsbehörde(n) tätig werden. Solange diese beteuert, grundsätzlich zu kontrollieren, aber leider nicht genügend Personal habe/nicht ständig überall sein kann, liegt auch keine Rechtsbeugung vor.
Gibt das Urteil was zu Privatanzeigen her? Also solche bei eigener Betroffenheit, wo einem selbst das Auto im Weg steht (oder eng überholt etc.) (also nicht "Knöllchen-Horst" mit systematischer Erfassung aller Falschperker irgendwo), was ja in einigen Kommunen nicht verfolgt wird?
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mir
Beitrag 09.03.2022, 12:20
Beitrag #40


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Nein. Es geht gar nicht um die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten.


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Söne spitze Steine
Beitrag 11.03.2022, 02:28
Beitrag #41


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Die Bremer Verwaltungsrichter sehen keinen gerichtlich verfolgbaren Anspruch gegenüber den Ordnungsbehörden. Vielmehr haben sie aber einen einklagbaren Anspruch gegenüber der Straßenverkehrsbehörde bejaht, daß diese Maßnahmen ergreigt, um das Gehwegparken wirksam zu verhindern. Welche Mittel wiederum ergriffen werden, liegt im Ermessen der StVB und ist wiederum nicht einklagbar.

Letztlich wird die StVB dadurch gezwungen, Kontrollen durch die Ordnungsbehörde verwaltungsintern durchzusetzen. Und da hoffe ich, daß das OVG im Bremen mitspielt.

Im Normalfall läuft das nämlich so, daß die StVB mit den Zultern schuckt, ähm, Schultern zuckt und sagt: „Wir haben doch HV angeordnet.“ Das Ordnungsamt sagt; „Wir kontrollieren doch *flüster* alle 3 Monate mal.“ Spätestens dann sagt das zuständige Verwaltungsgericht: „Solange die Ordnungsbehörde in ihrem Ermessen kontrolliert, können wir ihr keine Vorschriften machen,“ – Das kann das VG erst dann, wenn das Ermessen „auf Null“ reduziert ist, beispielsweise bei sachfremden Entscheidungen

Fein raus sind Leute aus Baden-Württemberg, denn deren Regierung hat nach einer Petition aus Ulm einen Erlaß herausgebracht, der grundsätzlich Kontrollen und Ahndung von Owi-Verstößen vorschreibt.

In NRW und Bremen haben die zuständigen Landesbehörden offenkundig kein Problem damit, wenn ganze Viertel wegen sachfremder Argumente wie „hoher Parkdruck“ zugeparkt und für z.B. für Behinderte dadurch zum Sperrgebiet werden.


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Söne spitze Steine
Beitrag 20.01.2023, 15:57
Beitrag #42


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Ein Kumpel hat mich darüber informiert, daß die StA mit Schreiben vom Dezember 22 die Aufnahme von Ermittlungen wg. Rechtsbeugung ablehnt, da sie keinen Anfangsverdacht sieht.

Zur Erinnerung: die Verwaltung hatte es den dem Rat der Stadt schriftlich gegeben, daß in den „historischen Vierteln“ gar nicht erst kontrolliert wird, weil sonst 1/3 der Parkplätze [Anm: auf deb Gehwegen] wegfielen.


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Odenwälder
Beitrag 23.01.2023, 10:49
Beitrag #43


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Zitat (Söne spitze Steine @ 02.03.2022, 16:56) *
Etliche Klagen scheitern bereits an der einen formellen Vorausetzung, weil der Kläger die beklagte Tatsache bzw. dessen Verwaltungsakt schon länger als ein Jahr lang kennt.


Das ist aus meiner Sicht das größte Problem. Der normale Bürger würde es i.d.R. doch erst einmal im guten versuchen und erst bei Widerstand durch die Behörde an eine Klage denken. Dann ist aber oft das Jahr schon abgelaufen...

Bei mir wird zu Volksfesten regelmäßig ein Schild aufgeklappt, welches das Gehwegparken erlaubt. Wie sieht es da mit den Fristen aus?

Fing meine Frist an, als ich zum ersten Mal das aufgeklappte Schild sah? Oder begründet das zu- und aufklappen eine neue Frist? Kann ich dagegen überhaupt klagen? Bis zur Verhandlung ist das Schild ja schon längst wieder zugeklappt und danach wieder aufgeklappt.

Könnte ich alternativ im Namen von meinem Sohn klagen? Er ist noch kein Jahr alt und würde damit die Frist eindeutig einhalten. Oder muss er selber ein Mindestalter einhalten, um klagebefugt zu sein? Wann fängt seine Frist an?


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Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, praktisch schon.
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ulm
Beitrag 23.01.2023, 17:03
Beitrag #44


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Zitat (Odenwälder @ 23.01.2023, 10:49) *
Fing meine Frist an, als ich zum ersten Mal das aufgeklappte Schild sah? Oder begründet das zu- und aufklappen eine neue Frist?

Kommt darauf an...

...wenn der zugehörige Verwaltungsakt beinhaltet: "Das Verkehrszeichen ist jährlich vom 05.01. bis 27.02. sichtbar zu machen", dann läuft die Frist einmalig aber erster "Sichtung" durch Dich.
...wenn jährlich eine neue verkehrsrechtliche Anordnung erlassen wird, die in 2020 lautet "Das Verkehrszeichen ist vom 05.01. bis 27.02. sichtbar zu machen" und in 2022 lautet "Das Verkehrszeichen ist vom 05.01. bis 27.02. sichtbar zu machen", dann beginnt die Frist bei jeder VRA neu mit jedem Erstkontakt.


Zitat (Odenwälder @ 23.01.2023, 10:49) *
Bis zur Verhandlung ist das Schild ja schon längst wieder zugeklappt und danach wieder aufgeklappt.

Du kannst m.M.n. auch bei einem Dauerverwaltungsakt mit einer Nichtigkeitsfestelllungsklage gegen das erneute Aufklappen klagen.
Dann wird halt ein neue Anordnung mit leicht verändertem Text geschrieben... whistling.gif
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Frank999
Beitrag 07.03.2023, 21:12
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Hallo zusammen,
aus Bremen liegt ein Urteil zum Thema "aufgesetztes bzw. halbhüftiges Parken" vor.

Wie werden die praktischen Auswirkungen sein?

https://www.transparenz.bremen.de/pressemit...emen02.c.732.de

Viele Grüße, Frank
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Beitrag 07.03.2023, 21:15
Beitrag #46


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Das Urteil verpflichtet die Staßenverkehrsbehörde Bremen, steht aber auch so im ersten Satz der von Dir verlinkten Pressemitteilung.
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Q-Treiberin
Beitrag 07.03.2023, 21:32
Beitrag #47


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Das Thema gibt es hier http://www.verkehrsportal.de/board/index.p...+parken+gericht schon.


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Personalführung ist die Kunst einen Mitarbeiter so über den Tisch zu ziehen, dass er die Reibungshitze als Nestwärme empfindet...
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Wer glaubt, dass ein Abteilungsleiter eine Abteilung leitet der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet...
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ulm
Beitrag 07.03.2023, 21:47
Beitrag #48


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...deswegen wurden beide Threads verbunden und der ältere, nun verbundene Thread in die richtige Rubrik verschoben.
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Explosiv
Beitrag 08.03.2023, 12:22
Beitrag #49


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Schwaches Urteil. Einschreiten muss eine Behörde auf Anregung der Bürger nur, wenn diese tatsächlich am freien Durchgang auch im Begegnungsverkehr über eine längere Strecke gehindert sind.
Dass halbhüftiges Parken auf Gehwegen, die dafür nicht ausgelegt sind, auch zu Schäden führt, die irgendwer tragen muss, wird nicht adressiert. Dabei werden die PKW immer schwerer.
Gerade bei regelmäßigem bzw. dauerhaftem Gehwegparken sind Schäden dadurch eher häufig als selten zu beobachten.


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Frank999
Beitrag 23.03.2023, 22:13
Beitrag #50


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Es geht in eine weitere Runde, zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Die Stadt Bremen muss aufgefordert werden, aktiv gegen Falschparkende vorzugehen.
(und nicht nur, wenn sie gerade Lust und Laune hat).
Man möge mir den Link auf Bild-Online gestatten. Einen anderen Link habe ich zur Zeit nicht gefunden; kann aber gerne nachgereicht werden.
https://www.bild.de/regional/bremen/bremen-...84472.bild.html
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