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> Fahrverbot - Entziehung der Fahrerlaubnis, Eine Gegenüberstellung
Peter Lustig
Beitrag 11.03.2005, 12:03
Beitrag #1


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Da es in einzelnen Threads immer wieder zu Begriffsverwirrungen kommt, was nun ein Fahrverbot ist oder was unter einer Entziehung der Fahrerlaubnis zu verstehen ist, habe ich im Folgenden die wesentlichen Unterschiede einmal dargestellt:


Fahrerlaubnis

Eine Fahrerlaubnis ist die Berechtigung, im öffentlichen Straßenverkehr im Rahmen der erteilten Fahrerlaubnisklassen ein Kraftfahrzeug führen zu dürfen. Die Fahrerlaubnis wird durch die Fahrerlaubnisbehörde (Führerscheinstelle) erteilt. Nach außen wird eine bestehende Fahrerlaubnis durch den Führerschein dokumentiert.


Fahrverbot

Begeht jemand eine Straftat beim oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers oder eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr, so kann das Gericht im Strafverfahren bzw. die Bußgeldbehörde im Bußgeldverfahren zusätzlich zur Geldstrafe bzw. Geldbuße ein Fahrverbot verhängen. Das Fahrverbot ist als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme gedacht. Während der Dauer des Fahrverbots dürfen keine Kraftfahrzeuge (auch keine Mofas!) auf öffentlichen Straßen gefahren werden.

Die Dauer des Fahrverbots kann einen, zwei oder auch drei jeweils volle Monate betragen.

Wird ein Fahrverbot verhängt, muss der Führerschein für die Dauer des Fahrverbots in amtliche Verwahrung gegeben werden. Nach Ablauf der Fahrverbotsdauer wird der verwahrte Führerschein formlos wieder ausgehändigt.

Dies gilt auch für einen in einem anderen EU-Staat oder Staat des europäischen Wirtschaftsraum (Norwegen, Island, Liechtenstein) ausgestellten Führerschein, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.

Die Fahrverbotsfrist beginnt mit dem Termin der Abgabe des Führerscheins zu laufen. Wird der Führerschein nicht in amtliche Verwahrung gegeben, beginnt das Fahrverbot automatisch ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des gerichtlichen Entscheidung (Strafbefehl, Urteil) bzw. des Bußgeldbescheids zu laufen. Wird der Führerschein verspätet in amtliche Verwahrung gegeben oder bei ausländischen Führerscheinen zur Vornahme des Eintrags vorgelegt, verlängert sich das Fahrverbot um den Zeitraum, der zwischen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung bzw. des Bußgeldbescheids liegt. Ein Hinauszögern der Abgabe des Führerscheins bringt also keinen Vorteil, sondern führt im Gegenteil sogar zu einer Verlängerung der Maßnahme.

Wird der Führerschein zur Eintragung des Fahrverbots nicht vorgelegt, läuft die Dauer des Fahrverbots bis zum Ablauf der Vollstreckungsverjährung (3 Jahre!).

Während des Fahrverbots dürfen keine Kraftfahrzeuge (auch keine Mofas!) auf öffentlichen Straßen gefahren werden. Tut man es dennoch, liegt eine Straftat nach § 21 StVG vor.

In Ausnahmefällen kann von der Anordnung eines Fahrverbots abgesehen werden. Dann soll jedoch das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden (s.a. FAQ: Absehen vom Fahrverbot)


Spezielle Regelung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten

Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen den Betroffenen nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Bußgeldbehörde oder das Gericht, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Hier besteht also die Möglichkeit, unter den genannten Bedingungen, sich den Termin für die Abgabe des Führerscheins auszusuchen und damit den Beginn der Fahrverbotsfrist selber festzulegen, wobei dies jedoch nur für maximal 4 Monate ab Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheids zulässig ist. So kann man z.B. ein Fahrverbot in einen Urlaub legen, sofern man diesen in den nächsten 4 Monaten haben sollte.



Entziehung der Fahrerlaubnis


Bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis wird das Recht aberkannt, befristet oder auf Dauer ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen zu führen. Ein von einer deutschen Fahrerlaubnisbehörde ausgestellter Führerschein wird eingezogen und vernichtet. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis, unabhängig davon, ob es sich um eine solche aus einem EU-/EWR-Staat oder auch aus einem anderen Staat handelt, hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung der Berechtigung, im Inland von der Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis kann durch eine Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde oder eines Gerichts erfolgen. Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft der Gerichtsentscheidung oder der Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde.


Entziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde

Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, entzieht ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis. Mangelnde Eignung liegt dann vor, wenn eine Person aufgrund körperlicher, geistiger oder charakterlicher Mängel eine Gefahr für die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer darstellt

Die Fahrerlaubnis wird durch die Fahrerlaubnisbehörde auch dann entzogen, wenn jemand wiederholt gegen die Verkehrsvorschriften verstößt und die nach dem Punktsystem verhängte Mindestpunktzahl von 18 Punkten erreicht oder überschritten hat. Wird einer Person die Fahrerlaubnis bei Erreichen oder Überschreitens von 18 Punkten entzogen, ist eine Neuerteilung frühestens 6 Monate nach Wirksamkeit der Entziehung zulässig.


Entziehung durch eine Gerichtsentscheidung

Wird jemand wegen einer Straftat, die er im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deswegen nicht verurteilt, weil er zum Zeitpunkt der Tat schuldunfähig war oder eine Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen ist, kann ihm das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

Als in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen wird eine Person angesehen, die eine Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), eine folgenlose Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) oder eine Unfallflucht (§ 142 StGB), bei der der Täter weiß oder wissen konnte, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wurde oder an fremden Sachen ein erheblicher Schaden entstanden ist, begeht. Dies trifft ebenso bei einem Vollrausch (§ 323a StGB) zu, der sich auf eine der vorbezeichneten Taten bezieht.

Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, ordnet es zugleich eine Sperrfrist für die Dauer von mindestens 6 Monaten bis zu 5 Jahren an, innerhalb der dem Betroffenen keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. In Extremfällen kann das Gericht auch eine lebenslange Sperrfrist anordnen. Wurde gegen eine Person in den letzten 3 Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperrfrist verhängt (Wiederholungsfall), beträgt die Mindestsperrfrist ein Jahr.

Wenn die Fahrerlaubnis vor der Verurteilung bereits vorläufig entzogen, verwahrt, sichergestellt oder beschlagnahmt war, verkürzt sich die Sperrfrist um die Zeit, in der diese Maßnahmen schon wirksam waren. Aber auch hier beträgt die Mindestsperrfrist nach Rechtskraft der Gerichtsentscheidung drei Monate.

Die Sperrfrist beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung.

Eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist durch das Gericht ist dann möglich, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass eine Person nicht mehr zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet ist. Dabei muss jedoch eine Mindestsperrfrist von 3 Monaten, im Wiederholungsfall von einem Jahr vorausgegangen sein. Siehe dazu auch hier in den FAQ.

Wurde ein ausländischer Führerschein von einer Behörde eines EU-Mitgliedstaates oder EWR-Raums ausgestellt und hat der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, wird der Führerschein im Urteil eingezogen und an die ausstellende Behörde geschickt. Bei Personen aus anderen Staaten wird die Entziehung der Fahrerlaubnis und die verhängte Sperrfrist im Führerschein vermerkt.


Neuerteilung der Fahrerlaubnis

Wird nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis wieder eine Fahrerlaubnis beantragt, kann die Neuerteilung ggf. unter erleichterten Bedingungen erfolgen (siehe dazu § 20 FeV).

Wurde die Fahrerlaubnis einem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe entzogen, muss dieser vor der Neuerteilung den Nachweis einer Teilnahme an einem Aufbauseminar vorlegen. Wurde die Fahrerlaubnis aufgrund Ungeeignetheit entzogen, kann die Fahrerlaubnisbehörde in bestimmten Fällen die vorherige Vorlage eines ärztlichen Untersuchungszeugnisses oder eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für die Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachen - MPU) anordnen.

Inhabern einer ausländischen Fahrerlaubnis kann auf Antrag das Recht, im Inland von ihrer Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu dürfen, wieder zuerkannt werden, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen.

Während der Sperrfrist darf keine inländische Fahrerlaubnis erteilt werden. Ein während der Sperrfrist von einer ausländischen Behörde ggf. ausgestellter Führerschein erhält im Inland keine Gültigkeit.

Der Beitrag wurde von Peter Lustig bearbeitet: 01.07.2005, 20:53
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Uwe W
Beitrag 01.06.2005, 16:43
Beitrag #2


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Rechtsgrundlage für den Entzug der Fahrerlaubnis im Strafverfahren ist der § 69 StGB.

Im Beschluss des großen Strafsenats des BGH vom 27.04.05 Aktenzeichen GSSt 2/04 heißt es dazu:

"§ 69 StGB bezweckt den Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs. Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit bei Taten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs (§ 69 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 StGB) setzt daher voraus, daß die Anlaßtat tragfähige Rückschlüsse darauf zulläßt, daß der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen."


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"Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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Mr.T
Beitrag 21.04.2008, 19:58
Beitrag #3


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Die Justiz in Sachsen hat auch eine Seite "Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug" ins Netz gestellt->klick.

Im Lexikon von juraforum.de finden sich auch entsprechende Informationen.

Der Beitrag wurde von Mr.T bearbeitet: 14.05.2014, 13:00
Bearbeitungsgrund: Link aktualisiert


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Gruß Mr.T

Gegen den Strom zu schwimmen ist deshalb so schwierig, weil einem so viele entgegenkommen.
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