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> Bußgeldbescheid ohne Feststellung des Fahrzeugführers erlassen
Rhein-Main
Beitrag 14.08.2023, 16:24
Beitrag #1


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Hallo wavey.gif

ich bitte um Rat in folgendem fiktiven Fall:

Ein bisher unbekannter Fahrzeugführer hat laut Anhörungsschreiben vom 28. Juni 2023, adressiert an den Fahrzeughalter, folgenden Verkehrsverstoß begangen:

Sie parkten Ihr Fahrzeug verbotswidrig auf einer Grunfläche. §§ 2, 6 GefAVO; §§ 69, 74 POG.
Tatzeit: 10. Juni 2023

Der Fahrzeughalter hat am besagten Tag das Fahrzeug nicht geführt. Da er sich aber auch nicht mehr erinnern konnte, wer zu dem Zeitpunkt der Fahrzeugführer war, hat er auf das Anhörungsschreiben reagiert und angegeben, nicht der Fahrzeugführer gewesen zu sein. Er bat um ein Lichtbild oder um eine Beschreibung des Fahrzeugführers, um den Personenkreis der in betracht kommenden Familienmitglieder eingrenzen zu können.

Nun wurde am 10. August 2023 ein BGB gegen den Fahrzeuhgalter erlassen. 40 Euro + 28,50 Euro. blink.gif

Frage 1:
Wie kommt die Behörde denn auf die Idee, ohne Feststellung des Fahrzeugführers einen BGB gegen den Fahrzeughalter zu erlassen?

Frage 2:
Ob die Behörde die Antwort des Fahrzeughalters auf das Anhörungschreiben gelesen hat, weiß man nicht. Hätte es aber für den weiteren Verfahrensgang überhaupt einen unterscheid gemacht, ob der Anhörungsbogen beantwortet wurde oder nicht?

Frage 3:
Der Fahrzeughalter beabsichtigt, Einspruch einzulegen und erneut dazulegen, dass er nicht der Fahrzeugführer gewesen ist. Ist das empfehlenswert? Oder sollte hier bereits darauf hingewiesen werden, dass sich gegenüber des Kreises der möglichen Fahrzeugführer eventuell ein Zeugnisverweigerungsrecht des Fahrzeughalter ergeben könnte?

Frage 4:
Sehe ich das richtig, dass die Gefahr der Auflage eines Fahrtenbuchs als sehr gering anzusehen ist?

Herzlichen Dank für euren Input!
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mir
Beitrag 14.08.2023, 16:31
Beitrag #2


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Womöglich hat die Behörde Kenntnis davon, dass der Fahrzeughalter doch Fahrzeugführer war.


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ulm
Beitrag 14.08.2023, 16:42
Beitrag #3


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Für eine fundierte Antwort sollte man die fiktive Gefahrenabwehrverordnung kennen.
Möglicherweise ist dort eine "Halterhaftung" enthalten... blink.gif

Frage 3 kann man erst unter genauer Betrachtung der fiktiven Rechtsbehelfbelehrung beantworten. Es soll ja fiktive Fälle geben, in denen die bei den kommunalen Bußgeldbescheiden komplett fehlt. whistling.gif

Frage 4 kann mit einem klaren "Nein" beantwortet werden, da eine Fahrtenbuchauflage nur bei einem StVO-Verstoß in Frage kommt und der ja gar nicht vorliegt.
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mir
Beitrag 14.08.2023, 16:44
Beitrag #4


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Halterhaftung verstößt gegen das GG und ist daher in D unzulässig. Der Halter riskiert allenfalls einen Kostenbescheid.


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Q-Treiberin
Beitrag 14.08.2023, 18:39
Beitrag #5


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Gilt das auch außerhalb der StVO? Hier geht es ja eher um die „Grünflächenordnung“…
Zitat
Sie parkten Ihr Fahrzeug verbotswidrig auf einer Grunfläche. §§ 2, 6 GefAVO; §§ 69, 74 POG.]
Von der StVO steht da nichts… unsure.gif


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Uwe Mettmann
Beitrag 14.08.2023, 19:37
Beitrag #6


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Hallo Rhein-Main

Ich hatte vor einem Jahr auch so einen Fall. Ich habe damals den Anhörungsbogen ignoriert und dann kam der Bußgeldbescheid. Ich habe geantwortet, dass ich das Fahrzeug dort nicht geparkt habe. Nach einiger Zeit habe ich dann einen Kostenbescheid bekommen und nach dem Bezahlen von 23,50 € war die Sache erledigt.

Es macht auch Sinn, den Anhörungsbogen nicht zu beantworten, weil meist die Zeit, bis der Bußgeldbescheid kommt, solange ist, dass nicht mehr erwartet werden kann, dass man sich erinnert, wer das Fahrzeug geführt hat. Da man den Verwarnungsgeldangebot/Anhörungsbogen nicht zurückgeschickt hat, hat die Behörde keinen Nachweis, dass man ihn erhalten hat, also zählt nicht die Zeit, bis man den Anhörungsbogen erhalten hast, sondern die, bis der Bußgeldbescheid eingetrudelt ist.


Gruß

Uwe
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ulm
Beitrag 14.08.2023, 20:14
Beitrag #7


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@Uwe: Hast Du einen StVO-Verstoß oder einen Grünanlagen-Verstoß begangen?
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Uwe Mettmann
Beitrag 14.08.2023, 21:00
Beitrag #8


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Denke, dass es ein StVO-Verstoß war. Stimmt, dann ist das natürlich ein Unterschied.


Gruß

Uwe
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Jens
Beitrag 14.08.2023, 21:29
Beitrag #9


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Zitat (Q-Treiberin @ 14.08.2023, 19:39) *
Gilt das auch außerhalb der StVO?
Unter Umständen schon. Dafür müsste man eben genau wissen, was für eine Gefahrenabwehrverordnung das ist, auf der der Bußgeldbescheid beruht, und was da so alles drinsteht.


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mir
Beitrag 14.08.2023, 21:45
Beitrag #10


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Der TE hat keinen Kostenbescheid, sondern einen Bußgeldbescheid bekommen.


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Beitrag 15.08.2023, 07:41
Beitrag #11


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Ich würde die in dem BGB angegebenen Rechtsmittel einlegen mit dem Hinweis, an dem Tag nicht Führer des Fahrzeugs gewesen zu sein. Fertig.
Analog zu Verstößen gegen die StVO ist bei Anschreiben nach 18 Tagen seit Tatzeitpunkt nicht mehr zu verlangen, zu wissen, wer das Fahrzeug tatsächlich geführt hat. Zeugnisverweigerungsrecht braucht man gar nicht erst zu bemühen.

Kostenbescheid für den Halter mag zwar kommen, da wäre dann aber die darin angegebene Rechtsgrundlage genau zu prüfen. Manche Kommunen beknollen gerne nach eigener Satzung, bei fehlender Fahrerfeststellung schwenken sie dann gerne um nach Kostentragung laut StVO. Das ist dann oft nicht rechtmäßig.


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Jens
Beitrag 15.08.2023, 08:44
Beitrag #12


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Zitat (Explosiv @ 15.08.2023, 08:41) *
um nach Kostentragung laut StVO.
Die Rechtsgrundlage für die Kostentragungspflicht des Halters findet sich im StVG.


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Beitrag 15.08.2023, 09:51
Beitrag #13


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Danke für die Korrektur. Jedenfalls gibt es die Kostentragung im Straßenverkehrsrecht, aber eher nicht in einer kommunalen Satzung. Und da kann die Gemeinde nicht nach Belieben hin- und herspringen mit ihrer Strafverfolgung.


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Rhein-Main
Beitrag 15.08.2023, 10:49
Beitrag #14


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Hallo zusammen, herzlichen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen.

Ich gehe auf einzelne Punkte mal ein:

Zitat (mir @ 14.08.2023, 17:31) *
Womöglich hat die Behörde Kenntnis davon, dass der Fahrzeughalter doch Fahrzeugführer war.

Der Fahrzeughalter war tatsächlich nicht der Fahrzeugführer.

Zitat (ulm @ 14.08.2023, 17:42) *
Für eine fundierte Antwort sollte man die fiktive Gefahrenabwehrverordnung kennen.
Möglicherweise ist dort eine "Halterhaftung" enthalten... blink.gif

Es geht um diese Verordnung.

Zitat (ulm @ 14.08.2023, 17:42) *
Frage 3 kann man erst unter genauer Betrachtung der fiktiven Rechtsbehelfbelehrung beantworten. Es soll ja fiktive Fälle geben, in denen die bei den kommunalen Bußgeldbescheiden komplett fehlt. whistling.gif

Die fiktive Rechtsbehelfsbelehrung lautet wie folgt:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Einspruch bei der Stadtverwaltung erhoben werden. Nachtbriefkästen befinden sich am Stadthaus. Zur Vermeidung zeitlicher Verzögerungen wird empfohlen, den Bußgeldbescheid, gegen den Einspruch erhoben wird, unter Angabe des Aktenzeichens zu benennen.

Zitat (Uwe Mettmann @ 14.08.2023, 20:37) *
Es macht auch Sinn, den Anhörungsbogen nicht zu beantworten, weil meist die Zeit, bis der Bußgeldbescheid kommt, solange ist, dass nicht mehr erwartet werden kann, dass man sich erinnert, wer das Fahrzeug geführt hat. Da man den Verwarnungsgeldangebot/Anhörungsbogen nicht zurückgeschickt hat, hat die Behörde keinen Nachweis, dass man ihn erhalten hat, also zählt nicht die Zeit, bis man den Anhörungsbogen erhalten hast, sondern die, bis der Bußgeldbescheid eingetrudelt ist.

Vielen Dank für diesen wertvollen Tipp. Etwas OT, aber dennoch interessant: Kennst du oder jemand anderes ein Urteil, in dem der Fahrzeughalter den Empfang eines Anhörungsbogens bestritten hat und der Richter dennoch die geforderte Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers als erfüllt angesehen hat, in dem der Fahrzeughalter mit oder nach Einlegung des Rechtsmittels gegen den BGB um ein Lichtbild oder eine Beschreibung des gesuchten Fahrers gebeten hat?

Zitat (Explosiv @ 15.08.2023, 08:41) *
Ich würde die in dem BGB angegebenen Rechtsmittel einlegen mit dem Hinweis, an dem Tag nicht Führer des Fahrzeugs gewesen zu sein. Fertig.
Analog zu Verstößen gegen die StVO ist bei Anschreiben nach 18 Tagen seit Tatzeitpunkt nicht mehr zu verlangen, zu wissen, wer das Fahrzeug tatsächlich geführt hat. Zeugnisverweigerungsrecht braucht man gar nicht erst zu bemühen.

Danke für diesen Hinweis. Gibt es fundierte Rechtsprechung zu dem Zeitraum, in dem sich ein Fahrzeughalter zweifelsfrei daran erinnern muss, wer zum fraglichen Zeitpunkt gefahren ist? Ich meine mal etwas von 14 Tagen oder so gelesen zu haben, finde aber keine stichhaltigen OLG- oder BGH-Urteile dazu.

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Beitrag 15.08.2023, 11:28
Beitrag #15


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Solche Verfahren werden wohl eher beim AG oder LG beendet und nicht höher laufen.
14 Tage ist wohl der Daumenwert, den man annehmen kann. Mit 18 Tagen ist man da auf der sicheren Seite.

Ein hier mitschreibender RA ist übrigens der Meinung, dass ein BGB ohne vorherige Fahrerfeststellung Verfolgung Unschuldiger wäre, wenn ich recht erinnere.


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Jens
Beitrag 15.08.2023, 11:33
Beitrag #16


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Zitat (Explosiv @ 15.08.2023, 10:51) *
Danke für die Korrektur. Jedenfalls gibt es die Kostentragung im Straßenverkehrsrecht, aber eher nicht in einer kommunalen Satzung. Und da kann die Gemeinde nicht nach Belieben hin- und herspringen mit ihrer Strafverfolgung.
Wenn die Gemeinde in ihrer Verordnung festgelegt hätte, dass für den Fall, dass nach einem Parkverstoß der Fahrer nicht ermittelt werden kann §25a StVG Anwendung findet, dann müsste der Halter die Kosten tragen.
Hat sie aber im vorliegenden Fall nicht.


Zitat (Rhein-Main @ 15.08.2023, 11:49) *
Gibt es fundierte Rechtsprechung zu dem Zeitraum, in dem sich ein Fahrzeughalter zweifelsfrei daran erinnern muss, wer zum fraglichen Zeitpunkt gefahren ist? Ich meine mal etwas von 14 Tagen oder so gelesen zu haben, finde aber keine stichhaltigen OLG- oder BGH-Urteile dazu.
Verkehrslexikon – Zwei-Wochen-Frist


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rentenberater
Beitrag 15.08.2023, 11:38
Beitrag #17


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Zitat (Rhein-Main @ 15.08.2023, 11:49) *
Gibt es fundierte Rechtsprechung zu dem Zeitraum, in dem sich ein Fahrzeughalter zweifelsfrei daran erinnern muss, wer zum fraglichen Zeitpunkt gefahren ist?

Spielt in deinem Fall keine Rolle, das es hierbei ausschließlich um eine Fahrtenbuchauflage geht, die aber bei einem Verstoß außerhalb der StVO nicht infrage kommt.

P.S. von Halterhaftung lese ich in der verlinkten Verordnung auch nichts.....
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Explosiv
Beitrag 15.08.2023, 11:40
Beitrag #18


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Kann eine Gemeinde wirklich einfach so festlegen, dass Bestimmungen aus einem ggf. fachfremden Bundesgesetz analog zu gelten haben? Soweit ich das sehe ist dieser Paragraph des StVG ziemlich einsam auf weiter Flur, was die Heranziehung Unbeteiligter für Sachverhalte, die sie nicht verursacht haben, angeht.
Mitstörerhaftung fällt mir da noch ein, die aber sehr stark eingeschränkt ist und auch nicht ganz unstrittig.



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ulm
Beitrag 15.08.2023, 12:50
Beitrag #19


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Oh, die Lieblingsstadt eines juristisch sehr versierten Forenmitgliedes hinter der Landesgrenze. laugh2.gif

Keine Halterhaftung in der komischen Verordnung.
Auf den Bußgeldbescheid sollte der Angeschriebene gemäß der Rechtsbehelfbelehrung reagieren.

Die Strafanzeige wegen Verfolgung Unschuldiger wäre natürlich nett, versandet aber leider. Auch wenn die Mitarbeiter in dem Laden wissen müssen, dass so ein Bußgeldbescheid definitiv widerrechtlich erlassen wird.
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dopero
Beitrag 15.08.2023, 15:02
Beitrag #20


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Zitat (Rhein-Main @ 15.08.2023, 11:49) *
Es geht um diese Verordnung.

Dazu hätte ich eine Frage an die Experten hier:
In der Verordnung werden zwei unterschiedliche Gesetze genannt, die für die Höhe der OWI herangezogen werden.
Dabei wird durch das erstgenannte Gesetzt der Rahmen für eine Geldbuße auf 5000€ gesetzt. Die Festsetzung und das Verfahren soll aber nach einem anderen Gesetz erfolgen, welches eigentlich nur eine Geldbuße bis 1000€ vorsieht:
Zitat
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 48 Abs. 2 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden.
Für die Festsetzung der Geldbuße und das Verfahren findet das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) vom 24.05.1968 in der Bekanntmachung vom 19.02.1987 in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Wie passt das den Zusammen?
Oder ist das nur extra unverständlich für den Normalbürger formuliert?
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Jens
Beitrag 15.08.2023, 16:01
Beitrag #21


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Zitat (Explosiv @ 15.08.2023, 12:40) *
Kann eine Gemeinde wirklich einfach so festlegen, dass Bestimmungen aus einem ggf. fachfremden Bundesgesetz analog zu gelten haben? Soweit ich das sehe ist dieser Paragraph des StVG ziemlich einsam auf weiter Flur, was die Heranziehung Unbeteiligter für Sachverhalte, die sie nicht verursacht haben, angeht.

Ob eine Gemeinde das "einfach so" selber festlegen kann weiß ich nicht. Aber das Bayerische Landesnaturschutzgesetz z.B. verweist im §57 explizit auf §25a StVG. Und im Berliner Grünanlagengesetz gibt es die Kostentragungspflicht des Halters bei Bußgeldverfahren wegen eines Befahr- oder Abstellverstoßes, in denen der Fahrer nicht ermittelt werden kann.
Und es erscheint mir durchaus denkbar, dass es noch weitere Landesgesetze geben könnte, die auf die ein oder andere Weise eine Kostentragungspflicht bestimmen, und unter Umständen Gemeinden ermächtigen, auf Grundlage der Gesetze Verordnungen zu erlassen, so dass dann bei Verstößen gegen diese Gemeindeverordnungen die Kostentragungspflicht zum Tragen kommen kann.
Und deshalb halte ich es für fahrlässig, einem Fragesteller ohne Kenntnis der genauen Rechtsgrundlage, nach der ein Verstoß geahndet werden soll, einfach zu sagen: "kein StVO-Verstoß, also keine Kostentragungspflicht" – denn das stimmt nun mal in dieser Pauschalität nicht.



Zitat (dopero @ 15.08.2023, 16:02) *
Wie passt das den Zusammen?
Oder ist das nur extra unverständlich für den Normalbürger formuliert?

Das OWiG bestimmt, dass die Geldbuße maximal 1000 Euro beträgt, "wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt". In diesem Fall bestimmt aber das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz von
Rheinland-Pfalz, auf dessen Grundlage die Gefahrenabwehrverordnung erlassen wurde, dass die Geldbuße bis zu 5000 Euro betragen kann.
Es gibt aber im OWiG noch weitere Bestimmungen zur Geldbuße, z.B. §17 Abs. 3 und 4:
Zitat
(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.
(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.
und die gelten auch für die Gefahrenverordnung.

Der Beitrag wurde von Jens bearbeitet: 15.08.2023, 16:10


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Beitrag 16.08.2023, 07:57
Beitrag #22


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Danke Jens für die Klarstellungen.
Wieder was gelernt.


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Rhein-Main
Beitrag 28.08.2023, 18:04
Beitrag #23


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wavey.gif

Kurzes Update: Rechtsmittel wurde letzte Woche frist- und formgerecht eingelegt.

Auszug:
Zitat
[...] da ich zum Tatzeitpunkt nicht Fahrer des Fahrzeuges war. Als Halter des Fahrzeugs kann ich die in diesem Fall vorgeworfene Ordnungswidrigkeit nicht begehen. Um die Fahrerin oder den Fahrer zum Tatzeitpunkt feststellen zu können, bitte ich Sie, mir entweder ein Lichtbild der Person oder eine aussagekräftige Personenbeschreibung zu übersenden, mit deren Hilfe ich den Kreis der in Frage kommenden Personen eingrenzen und die möglichen Personen Ihnen benennen kann.

whistling.gif
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Rhein-Main
Beitrag 31.10.2023, 13:18
Beitrag #24


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Ich habe heute Post erhalten, abschließendes Update:

Die Bußgeldstelle hat das Verfahren nach 170 Absatz 2 Satz 1 StPO eingestellt und den Bußgeldbescheid nach 69 Absatz 2 Satz 1 OWiG zurückgenommen. smartass.gif

Ich danke allen für die zahlreichen Wortbeiträge wavey.gif
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Beitrag 31.10.2023, 14:57
Beitrag #25


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Danke für die Rückmeldung und Gratulation zum guten Ausgang.


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TAK
Beitrag 02.11.2023, 11:00
Beitrag #26


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und dafür hat man jetzt 2 Monate gebraucht blink.gif

GW zum richtigen Ausgang...


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