... Forum Straßenverkehr - der Verkehrstalk im Web


Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )

 
Reply to this topicStart new topic
> Sonderrechte - Wegerechte, Zusammenschau von § 35 und § 38 StVO
Peter Lustig
Beitrag 30.07.2004, 08:47
Beitrag #1


Mitglied
********

Gruppe: Foren-Insider
Beiträge: 26188
Beigetreten: 13.09.2003
Mitglieds-Nr.: 11



    
 
QUELLTEXT
[URL=http://www.verkehrsportal.de/board/index.php?showtopic=10636]Sonderrechte - Wegerechte[/URL] (Zusammenschau von § 35 und § 38 StVO)


P.S. "FAQ-Verlinkung": V.g. Code einfach markieren, kopieren und in jeweiliges Posting einfügen - fertig ist der Link :-)

auch hier zu finden:
Wie verhalten, wenn sich ein Wegerechtsfahrzeug mit Sondersignalen (Blaulicht und Martinshorn) nähert?
Sonderrechte auch für Politessen??
--------------------

Sonderrechte gemäß § 35 StVO

Inanspruchnahme der Sonderrechte bedeutet grundsätzlich, dass die Vorschriften der StVO, wie z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verbote, bestimmte Bereiche zu befahren usw., nicht beachtet werden müssen. Dies darf jedoch in jedem Fall nur unter Beachtung des § 35 Abs. 8 StVO geschehen.
Zitat
(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.

Die Absätze 1 bis 7 des § 35 StVO beinhalten in abschließender Aufzählung die Institutionen, Verbände und Einrichtungen, denen überhaupt Sonderrecht zustehen. Dabei müssen jedoch im Einzelnen wieder besondere Voraussetzungen gegeben sein, um diese auch wahrnehmen zu dürfen.

So sind die in Abs. 1 und 1 a genannten Institutionen und Einzelpersonen nur dann von den Vorschriften der StVO befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Es muss also sowohl ein dringendes Erfordernis vorliegen als auch die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben.
Zitat
(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, der Bundesgrenzschutz, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.
(1a) Absatz 1 gilt entsprechend für ausländische Beamte, die auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Nacheile oder Observation im Inland berechtigt sind.

Beispiele:
1. Fahrt von Feuerwehr oder Polizei zu einem Katastrophenort oder zu einem schweren Unfall.
Hier geht es um die Rettung von Menschenleben oder die Bewahrung hoher Sachwerte. Die Fahrt ist dringend geboten. Polizei und Feuerwehr werden im Rahmen ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgabenstellung zur Gefahrenabwehr tätig. Damit sind die Erfordernisse erfüllt. Die Inanspruchnahme von Sonderrechten ist (immer unter Berücksichtigung des o.a. Abs. 8) gerechtfertigt. Vom Grundsatz her stehen der Feuerwehr die Sonderrechte auch auf Rückfahrten vom Einsatzort und zu Übungszwecken zu.

2. Verfolgung eines Täters durch die Polizei nach einem Banküberfall.
Die Polizei wird im Rahmen ihrer Aufgabe zur Verbrechensbekämpfung tätig. Das Gemeininteresse an der Festnahme des Täters, der schwerwiegende Straftaten (Vergehen bzw. Verbrechen) begangen hat, überwiegt das Ínteresse an der Einhaltung der Rechtsordnung, hier der StVO. Damit ist auch in diesem Fall die Inanspruchnahme von Sonderrechten gerechtfertigt.

3. Fahrt von Feuerwehr oder Polizei zum Brotzeitholen.
Auch wenn die Stillung von Hunger ein dringendes menschliches Bedürfnis ist, liegt hier weder eine durch § 35 StVO begründete Eilbedürftigkeit vor noch handelt es sich um ein hoheitliches Tätigwerden. Damit ist die Inanspruchnahme von Sonderrechten rechtswidrig; es liegt ein Verstoß gegen die einschlägigen Verkehrsvorschriften vor.

Die Absätze 2 bis 4 schränken die Sonderrechte für bestimmte Fälle ein bzw. erweitern diese Einschränkung wieder, wenn die dort bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.
Zitat
(2) Dagegen bedürfen diese Organisationen auch unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 der Erlaubnis,
- wenn sie mehr als 30 Kraftfahrzeuge im geschlossenen Verband (§ 27) fahren lassen wollen,
-im übrigen bei jeder sonstigen übermäßigen Straßenbenutzung mit Ausnahme der nach § 29 Abs. 3 Satz 2.
(3) Die Bundeswehr ist über Absatz 2 hinaus auch zu übermäßiger Straßenbenutzung befugt, soweit Vereinbarungen getroffen sind.
(4) Die Beschränkung der Sonderrechte durch die Absätze 2 und 3 gelten nicht bei Einsätzen anläßlich von Unglücksfällen, Katastrophen und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung sowie in den Fällen der Artikel 91 und 87a Abs. 4 des Grundgesetzes sowie im Verteidigungsfall und im Spannungsfall.

Abs. 5 befasst sich mit den nichtdeutschen Nato-Staaten, denen in bestimmten Fällen ebenfalls Sonderrechte zugebilligt werden, soweit hier vertragliche Regelungen bestehen. So waren die in Deutschland stationierten Militärinstitutionen verschiedener NATO-Staaten während des Irakkrieges mit ihren schweren Militärfahrzeugen vom Sonntagsfahrverbot befreit.
Zitat
(5) Die Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes sind im Falle dringender militärischer Erfordernisse von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, von den Vorschriften des § 29 allerdings nur, soweit für diese Truppen Sonderregelungen oder Vereinbarungen bestehen.

Abs. 5a beschreibt, unter welchen Vorausssetzungen Fahrzeuge des Rettungsdienstes von den Vorschriften der StVO entbunden sind.
Zitat
(5a) Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

Abs. 6 befasst sich mit verschiedenen weiteren Institutionen und Einrichtungen wie Straßenbau und -unterhalt, Straßenreinigung und Müllabfuhr. Fahrzeuge dieser Einrichtungen dürfen jedoch nur die in Abs. 6 speziell beschriebenen Sonderrechte in Inanspruch nehmen. Dabei sind dann ggf. noch in der Bestimmung aufgeführte weitergehende Vorschriften und Beschränkungen zu beachten.
Zitat
(6) Fahrzeuge, die dem Bau, der Unterhaltung oder Reinigung der Straßen und Anlagen im Straßenraum oder der Müllabfuhr dienen und durch weiß-rot-weiße Warneinrichtungen gekennzeichnet sind, dürfen auf allen Straßen und Straßenteilen und auf jeder Straßenseite in jeder Richtung zu allen Zeiten fahren und halten, soweit ihr Einsatz dies erfordert, zur Reinigung der Gehwege jedoch nur, wenn das zulässige Gesamtgewicht bis zu 2,8 t beträgt. Dasselbe gilt für Fahrzeuge zur Reinigung der Gehwege, deren zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t nicht übersteigt und deren Reifeninnendruck nicht mehr als 3 bar beträgt. Dabei ist sicherzustellen, daß keine Beschädigung der Gehwege und der darunterliegenden Versorgungsleitungen erfolgen kann. Personen, die hierbei eingesetzt sind oder Straßen oder in deren Raum befindliche Anlagen zu beaufsichtigen haben, müssen bei ihrer Arbeit außerhalb von Gehwegen und Absperrungen auffällige Warnkleidung tragen.

Abs. 7 ist eine Fortschreibung der früher allgemein der Post und der Telekom zustehenden Sonderrechte. Seit der Privatisierung der beiden Einrichtungen gelten die Privilegien des Abs. 7 (jederzeitiges Fahren und Halten auf allen Straßen und Straßenteilen, allerdings auch hier nur in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben) nur noch für Messfahrzeuge der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation.
Zitat
(7) Messfahrzeuge der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (§ 66 des Telekommunikationsgesetzes) dürfen auf allen Straßen und Straßenteilen zu allen Zeiten fahren und halten, soweit ihr hoheitlicher Einsatz dies erfordert.

Nochmals ausdrücklich zu erwähnen ist, dass in allen vorgenannten Fällen immer der bereits zitierte Abs. 8 zu beachten ist, also in jedem Fall eine Güterabwägung zu erfolgen hat.
Zitat
(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.


Wegerechte gemäß § 38 StVO

Wegerecht bedeutet, dass die Einrichtungen und Institutionen, die nach § 52 Abs. 3 StVZO mit Blaulicht ausgerüstet sein dürfen (abschließende Aufzählung!), dieses im Straßenverkehr unter den in § 38 Absätze 1 und 2 StVO genannten Bedingungen und nur diesen zum Einsatz bringen dürfen und dass in solch einem Fall andere Verkehrsteilnahmer unverzüglich diesen Fahrzeugen freie Bahn zu schaffen haben. Dabei ist die Verwendung des Blaulichts gemäß Absatz 1 untrennbar an den gleichzeitigen Einsatz des Einsatzhorns gekoppelt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den sog. Sonderwarneinrichtungen.

Die Ausrüstungsvorschrift für das Einsatzhorn ist in § 55 Abs. 3 StVZO zu finden, der ausdrücklich festlegt, dass nur die Fahrzeuge, die auch Blaulicht führen dürfen, mit einem Einsatzhorn ausgerüstet sein dürfen.
Zitat
(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Es ordnet an:
"Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen".
(2) Blaues Blinklicht allein darf nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und nur zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen, bei Einsatzfahrten oder bei der Begleitung von Fahrzeugen oder von geschlossenen Verbänden verwendet werden.


Die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten wird in Einsatzfällen häufig miteinander einhergehen. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass auch nur die Inanspruchnahme von Wegerechten erfolgen kann, ohne dass gleichzeitig auch Sonderrechte in Anspruch genommen werden. Dies kann z.B. bei einem Krankentransport im Stau auf der Autobahn der Fall sein, bei dem der Kranke zwar möglichst schnell in ärztliche Versorgung gehört, bei dem aber der Fahrer aufgrund der erlittenen Verletzungen des Transportierten wie Verletzung der Wirbelsäule o.ä. und unebener Fahrbahn oder Fahrbahnschäden nur langsam fahren darf.

Da sich § 38 StVO mit dem Betrieb von besonderen Lichteinrichtungen zur Warnung vor Gefahren im Straßenverkehr und den sich daraus ergebenden Konsequenzen befasst, wird in Absatz 3 dann auch konsequenterweise die Verwendung von gelbem Blinklicht angesprochen, das sowohl ortsfest als auch an Fahrzeugen zum Einsatz kommen kann.
Zitat
(3) Gelbes Blinklicht warnt vor Gefahren. Es kann ortsfest oder von Fahrzeugen aus verwendet werden. Die Verwendung von Fahrzeugen aus ist nur zulässig, um vor Arbeits- oder Unfallstellen, vor ungewöhnlich langsam fahrenden Fahrzeugen oder vor Fahrzeugen mit ungewöhnlicher Breite oder Länge oder mit ungewöhnlich breiter oder langer Ladung zu warnen.

Gelbes Blinklicht ist ein Gefahrzeichen, das nur von den in § 52 Abs. 4 StVZO aufgeführten Fahrzeugen geführt werden darf. § 38 Abs. 3 StVO nennt die Bedingungen, unter denen gelbes Blinklicht zum Einsatz kommen darf. Es gibt keinerlei Vorrechte. Sein Einsatz ist nur zu den aufgeführten Sonderzwecken erlaubt.

Der Beitrag wurde von Achim bearbeitet: 04.06.2006, 21:13
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Tortenjan
Beitrag 30.07.2004, 11:04
Beitrag #2


Mitglied
*******

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 3577
Beigetreten: 15.09.2003
Wohnort: An der Ostseeküste
Mitglieds-Nr.: 33



Sonderrechte -> Hinweise

Zitat (Peter Lustig @ 30.07.2004, 09:47)
3. Fahrt von Feuerwehr oder Polizei zum Brotzeitholen.
Auch wenn die Stillung von Hunger ein dringendes menschliches Bedürfnis ist, liegt hier weder eine durch § 35 StVO begründete Eilbedürftigkeit vor noch handelt es sich um ein hoheitliches Tätigwerden. Damit ist die Inanspruchnahme von Sonderrechten rechtswidrig; es liegt ein Verstoß gegen die einschlägigen Verkehrsvorschriften vor.

Das gilt natürlich nicht für Einheiten des Verpflegungsdienstes, deren hoheitliche Aufgabe ja gerade in der Versorgung von Einsatzkräften bei Großschadenslagen und Katastrophen mit Getränken und Lebensmitteln besteht.

Zitat (Peter Lustig @ 30.07.2004, 09:47)
Abs. 5a beschreibt, unter welchen Vorausssetzungen Fahrzeuge des Rettungsdienstes von den Vorschriften der StVO entbunden sind.
Zitat
(5a) Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.


Hier muß noch einmal deutlich darauf hingewiesen werden, daß im Gegensatz zur Feuerwehr hier nur die Fahrzeuge des Rettungsdienstes und nicht die Institution Rettungsdienst gemeint sind. Das hat zur Folge, daß Angehörige einer SEG-San oder Bereitschaft im Einsatzfall eben keine Sonderrechte auf dem Weg zur Unterkunft haben, während Feuerwehreuten diese auf dem Weg zum Gerätehaus zustehen. Ganz verrückt wird es, wen die gleiche Einheit auch Teil des Katastrophenschutzes ist, denn dann könnten die Helfer bei Katastrophenalarm wiederum Sonderrechte in Anspruch nehmen. Aber auch hier gibt es wieder eine Ausnahme, Angehörigen des THW ist per Rundverfügung 3/2002 (Hier für THWler im internen Bereich von THW.de nachzulesen) vom Bundesvorstand die Inanspruchnahme von Sonderrechten auf den Weg zur Unterkunft untersagt. Ebenso können übrigens auch bei Feuerwehren Dienstanweisungen existieren, die den Gebrauch von Sonderrechten auf den Weg zum Gerätehaus untersagen.

Eine weitere gute Beschreibung mit Themenschwerpunkt SanD/RD findet man hier auf den Seiten von Thomas Hochstein. Speziell für Feuerwehren gibt es (leider nicht mehr verfügbar) eine Ausarbeitung des DFV der auch einen PDF-Flyer für Verkehrsteilnehmer mit Hinweisen für das Verhalten bei Herannahen eines Blaulichtfahrzeuges bereit hält. Alle aktiven Blaulichtfahrern (und natürlich auch Fahrerinnen) sollten sich auch noch einmal diese Seite zu Herzen nehmen.

Der Beitrag wurde von Tortenjan bearbeitet: 02.09.2010, 15:21
Bearbeitungsgrund: Link aktualisiert


--------------------
errare humanum est
Zitat @mir "In jeder Gruppe gibt es immer so 5% Volltrottel" Zitat @Janus:"§0 StVO: "Man sieht doch, was gemeint ist!""
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Peter Lustig
Beitrag 25.12.2004, 18:55
Beitrag #3


Mitglied
********

Gruppe: Foren-Insider
Beiträge: 26188
Beigetreten: 13.09.2003
Mitglieds-Nr.: 11



Aus der Praxis für die Praxis

Wie verhalten, wenn sich ein Wegerechtsfahrzeug mit Sondersignalen (Blaulicht und Martinshorn) nähert?

Erfahrungen und Tipps einer Fahrerin eines Notfalleinsatzfahrzeugs sowie einige Ergänzungen. Der komplette Thread ist hier zu finden.

Verfasserin coyota
Nachdem es hier ja immer wieder Fragen zum Verhalten bei Fahrzeugen mit Sondersignal (kürze ich im weiteren als SSF ab) gibt, habe ich mal versucht, eine kleine "Gebrauchsanleitung" zu schreiben. Ist aus der praktischen Sicht einer NEF-Fahrerin und unserer RTW/ KTW-Fahrer geschrieben. Ich bin für Anmerkungen, Korrekturen, Ergänzungen und Kommentare natürlich immer dankbar ! Ist allerdings sehr lang geworden – am besten erst Pott Kaffee holen und dann lesen !


1. Stadtverkehr/ Kreuzungen

Wenn ihr ein Martinshorn hört, aber das SSF nicht seht, geht erst mal vom Gas und fahrt möglichst weit rechts. Versucht rauszukriegen, wo das SSF herkommt, bevor ihr irgendwelche Ausweichmanöver macht.

Wenn ihr kurz vor einer Kreuzung/ Einmündung seid, dann haltet davor ganz rechts an, auch wenn ihr Grün oder Vorfahrt habt. Cool bleiben und nicht verunsichern lassen, wenn ihr deshalb vom Hintermann angehupt oder angeblitzt werdet – der hat mit hoher Wahrscheinlichkeit laute Musik an und hört das SSF nicht. Auf keinen Fall in die Kreuzung einfahren, es kann sein, dass das SSF quer kommt und ihr es dann behindert. Ich erlebe leider immer wieder, dass ich langsam in eine Kreuzung einfahre und der vorfahrtsberechtigte Querverkehr, obwohl er mich sieht, immer noch weiterfährt, dann aber direkt vor mir eine Vollbremsung macht und mich blockiert...vor ihm aber alles frei ist.

Wenn ihr steht (z.B. Einmündung/ Ampel/Stau), dann bleibt stehen und schaut, wo das SFF herkommt. Wenn es von hinten kommt, überlegt und guckt, wo es wohl durchfahren könnte. Oft könnt ihr nämlich einfach weiter stehen bleiben und müsst gar nix machen, denn:

an Kreuzungen fahren wir wenn möglich über freie Rechts- oder Linksabbiegerspuren (immer nett, wenn ein Auto zum Ausweichen dann genau da drauf fährt !), wenn das nicht geht, über die Gegenfahrbahn.

Erst wenn diese Fahrspuren alle zu sind, muß durch die Autos eine Spur freigemacht werden, am besten (und schnellsten) ginge das natürlich mit der Spur mit den wenigsten Autos drauf. Dazu dürft ihr auch über rote Ampeln fahren, d.h. langsam und unter Beachtung des Querverkehrs vortasten, wenn mögl. Warnblinkanlage an, am besten dann rechts abbiegen und auch hier dann ganz rechts halten, denn vielleicht biegt das SSF ja auch nach rechts ab. Also wenn irgend möglich nicht quer über die Kreuzung.

Wenn mehr als ein paar Autos an der Kreuzung warten, klappt das zügige Freimachen der leersten Fahrspur erfahrungsgemäß mangels Verständigung und Überblick der Autofahrer nicht. Am schnellsten ist für gewöhnlich die Gegenspur frei, also sollte der Gegenverkehr hier auf keine Fall einfahren.

Wenn das SSF von hinten kommt und nicht durchkommt, dann vergesst nicht, auch Eure Ampel im Auge zu behalten und wenn es grün wird, weiterzufahren, im Zweifel auch Euren Vordermann anhupen und gestikulieren. Wir stehen schon ab und zu hinter Autos, die grün haben und keiner fährt...

Ansonsten gilt auf Straßen mit nur einer Fahrbahn in jede Richtung natürlich das allen Bekannte – möglichst weit rechts ranfahren- natürlich auch der Gegenverkehr- meist reicht dann der freie Streifen in der Mitte für das SSF. Wenn freie Parkstreifen, Einfahrten, Seitenstraßen o.ä. da sind, dann da reinfahren. Wenn es sehr eng ist, wenn möglich auch auf Radweg/ Gehsteig ausweichen – natürlich nicht mit Schmackes über den Bordstein knallen, sondern langsam mit starkem Lenkeinschlag, dann gehen auch die Reifen nicht kaputt. Je mehr Platz ihr uns in der Mitte macht, desto zügiger kommen wir durch !

Wenn der freie Streifen in der Mitte nicht reicht, dann bitte zügig weiterfahren, bis ihr rechts irgendwo wegkönnt. Ist ziemlich blöd, wenn wir in der Mitte durchfahren und dann vor einer Verkehrsinsel stehen bleiben müssen...*grins !
Auf keinen Fall an Engstellen anhalten !!! Passiert leider immer wieder, dass zwei Autos genau gegenüber anhalten, obwohl davor und dahinter alles frei ist und nur einer ein paar Meter weiterfahren müsste...lächel*.

2.Landstraßen/ ausserorts
Prinzipiell würde ich erst mal alle bitten, öfters in den Rückspiegel zu sehen. Das Martinshorn ist bei schnelleren Geschwindigkeiten erst sehr spät zu hören, aber ihr könnt unser Blaulicht schon von weitem sehen, vor allem nachts. Es ist immer wieder erstaunlich, dass wir teilweise 1 oder 2 Minuten mit vollem Christbaum hinter einem Kfz hängen und der bemerkt uns nicht mal ! Meist kann ich dann seine Bässe durch mein Martinshorn noch hören.

Wenn ihr hinter Euch in größerem Abstand ein SSF seht, dann sofort den Blinker rechts setzen, dann wissen wir, dass ihr uns gesehen habt. Keine Vollbremsung, sondern geeignete Ausweichmöglichkeit suchen und möglichst weit rechts ranfahren. Oder auch mal links – das natürlich mit äußerster Vorsicht und Blinker LINKS. Wenn ihr nicht ausweichen könnt und wir nicht überholen, dann fahrt bitte zügig weiter !!! Ich bin mir ziemlich sicher, dass in diesem Falle auch eine Geschwindigkeitsübertretung nicht geahndet würde (was sagen die grünen Freunde dazu ?).
Nichts kostet uns mehr Zeit, als mit dem SSF hinter einem haltenden PKW stehenbleiben zu müssen und zu warten, bis der entgegenkommende Verkehr anhält und ich vorbeikann !
In meinem Einsatzgebiet ist eine Strecke, an der 3 oder 4 Kilometer lang (Leitplanke wegen Torfkanal) überhaupt keine Ausweichmöglichkeit nach rechts ist. Ich bin immer total glücklich, wenn die Fahrer auf meiner Spur mich von weitem bemerken und nach LINKS auf den Grünstreifen mit Radweg ausweichen. Oder zügig bis zur nächsten Ausweiche weiterfahren. Alles ist besser, als stehenzubleiben, wenn ich nicht überholen kann.

Wenn wir von hinten kommen,bitte auch anhalten oder zumindest ganz deutlich verzögern, wenn gerade KEIN Gegenverkehr kommt !!! Diese Situation kann sich nämlich ganz schnell ändern, wenn jemand aus einer Seitenstraße in die Gegenspur einbiegt oder schnell entgegenkommt. Außerdem sind gerade größere Fahrzeuge von Rettungsdienst und Feuerwehr gar nicht so schnell, wie manche denken. Unsere RTW`s fahren (mit gut zureden...schluchz !) 120 km/h. Wenn vor uns einer mit 110 km/h weiterfährt, haben wir ein gefährliches Elefantenrennen.

An unübersichtlichen Stellen (vor Kuppen/ Kurven ect.) bitte nur anhalten, wenn ihr die Fahrbahn ganz freimachen könnt. Sonst zügig weiterfahren und NACH der unübersichtlichen Stelle halten. Warum ? Wir müssen hinter Euch fast bis zum Stand runterbremsen, wenn wir die Straße zum Überholen an diesen Stellen nicht einsehen können. Das kostet – auch wegen der langsamen Beschleunigung der RTW`s und KTW`s- viel mehr Zeit, als wenn wir mit 70 oder 80 hinter Euch herfahren können, bis ihr eine geeignetere Ausweichstelle gefunden habt.

Bitte KEINE Vollbremsung, besonders nicht, wenn wir schon nah oder direkt hinter Euch sind und ihr uns erst dann bemerkt ! Keine Panik, wir wissen, dass wir oft sehr spät bemerkt werden und sind deshalb nicht böse ! Wir halten auch wenn möglich den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand ein, weil es leider sehr viele „Vollbremser“ gibt. Nur müssen wir dann trotzdem scharf bremsen und wenn hinten in einem Rettungswagen Arzt/Sanitäter stehend und ungesichert am Patienten arbeiten, fliegen die einmal durchs Auto !

Und nun die dringende Bitte an den Gegenverkehr ! Ich habe den Eindruck, die meisten fühlen sich gar nicht betroffen, wenn ihnen ein SFF entgegenkommt, sondern fahren einfach so weiter oder verzögern vielleicht ein bißchen. Sehr lobende Ausnahme übrigens die LKW-Fahrer, die uns meist mit frühem Anhalten unheimlich helfen ! Vielen Dank Truckers !!!:hug:

Leute, bitte haltet auch als Gegenverkehr an und weicht wenn möglich nach rechts aus, außer das SFF hat keinen PKW vor sich. Macht die Warnblinkanlage an, daran sehen wir gut, dass ihr uns seht und haltet und der Verkehr hinter Euch, der uns durch verdeckte Sicht vielleicht noch nicht selber sieht, merkt auch, dass was nicht stimmt. Wir kommen am schnellsten (und für Patienten/Personal hinten am schonendsten) voran, wenn wir ungehindert überholen können und nicht dauernd bremsen oder warten müssen, bis der Wagen vor uns eine geeignete Ausweiche gefunden hat. Und der Gegenverkehr kann uns durch Anhalten dieses Überholen ermöglichen. Von mir und unseren RTW`s bekommt ihr dann auch ein freundliches Blinken und Winken zum Dank !

ALLGEMEIN: Bitte immer damit rechnen und genau gucken, ob noch ein zweites oder drittes SSF kommt ! Ich werde als NEF (BMW-Kombi) eh schon schlecht gesehen und habe dazu noch oft die A***karte und viele "Beinahe-Unfälle", weil alle schon wieder losfahren, wenn der RTW vorbei ist. Und was die Polizei, die vielleicht dann noch hinter mir kommt, erlebt, möchte ich gerne wissen !


Ergänzungen von Peter Lustig
Wenn die Verkehrlage es zulässt und ein Ausweichen zur Seite nicht möglich ist, hilft bei einem von hinten kommenden Wegerechtsfahrzeug notfalls auch die Flucht nach vorne bis zu einem geeigneten Ausweichort. Dieses Verhalten jedoch nicht als willkommene Gelegenheit zum schnelleren Vorwärtskommen missbrauchen. Das kann ins Auge gehen.


Autobahnen und autobahnähnliche Kraftfahrstraßen:

Hier gilt der Grundsatz umso mehr, nicht hektisch und unüberlegt zu reagieren. Ruhe bewahren und Überblick verschaffen, wo das Wegerechtsfahrzeug herkommt bzw. wo es ggf. hin will. In keinem Fall eine Vollbremsung machen. Warnblinkanlage einschalten. Lage- und situationsangepasst reagieren!

Unbedingt den Seitenstreifen freihalten und nicht auf diesen ausweichen. Dies gilt auch und besonders im Bereich von Ein-/Ausfahrten. Denn vielleicht will das Wegerechtsfahrzeug genau dorthin oder kommt daher.

Bei zweispurigen Autobahnen und Kraftfahrstraßen und fehlendem oder unbenutzbarem Seitenstreifen links und rechts ranfahren. In der Mitte eine ausreichend große Gasse bilden. Bei drei- und mehrspurigen Fahrbahnen ist die Gasse zwischen dem linken und dem rechts daneben liegenden Fahrstreifen zu bilden (§ 11 Abs. 2 StVO). Dies gilt auch auf anderen mehrspurigen Straßen.

Gerade auf Autobahnen immer auch mit mehreren Wegerechtsfahrzeugen rechnen (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste).

Grundsätzlich gilt immer und überall:

Alle Fahrzeuge, egal, ob sie sich gerade in Bewegung befinden oder halten, müssen bei der Annäherung eines Wegerechtsfahrzeugs beiseite oder rechts heran oder scharf rechts ganz langsam fahren, nötigenfalls - aber nicht immer (siehe o.a. "Flucht nach vorne") - anhalten, bis sie beurteilen können, ob sie das Vorrechtsfahrzeug behindern. Dies gilt auch dann, wenn das Fahrzeug noch gar nicht sichtbar ist. Bleibt die beabsichtigte Fahrtrichtung unklar, ist zu warten. Wer nicht ausmachen kann, woher das Wegerechtsfahrzeug kommt, darf an Ort und Stelle anhalten und sich zunächst orientieren.* Beim Beiseitefahren sind Fahrgeschwindigkeit und Beweglichkeit des Vorrechtsfahrzeugs zu berücksichtigen. Ein Fahrverhalten, das andere Verkehrsteilnehmer dabei schädigen könnte, ist jedoch unbedingt zu vermeiden.


*Ergänzung von cheffe:
Hier sollte man, bevor man wirklich anhält, das Verhalten der anderen VT beobachten und sich ggfs. an ihnen orientieren. Um Situationen zu vermeiden, daß neun VT das Wegerechtsfahrzeug erkennen, feststellen, daß sie keinerlei Behinderung für dieses darstellen, daher normal weiterfahren und der zehnte checkt nix und hält an..... Klassisches Beispiel ist der RTW auf einem Weg parallel zur BAB/Landstraße. Kann zu wirklich unguten Ergebnissen führen.


Ergänzung von Tortenjan
Achtet auch wenn ihr euer Fahrzeug abstellt darauf, daß noch genügend Platz für Einsatzfahrzeuge bleibt. Ersparrt einen i.d.R. auch Parkknöllchen wink.gif


Der Beitrag wurde von Tortenjan bearbeitet: 30.12.2004, 03:43
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Achim
Beitrag 04.06.2006, 21:04
Beitrag #4


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19515
Beigetreten: 14.09.2003
Wohnort: Dresden
Mitglieds-Nr.: 18



Sonderrechte auch für Politessen??
Aus einem Beitrag von Expert hierher kopiert

Hier der gesamte Thread.

Die Inanspruchnahme von Sonderrechten ist immer am Einzelfall festzumachen, bzw. es ist immer anhand einer Einzelfallprüfung zu klären, ob Sonderrechte zu Recht in Anspruch genommen wurden.

1. Wer darf Sonderrechte in Anspruch nehmen?

Die Inanspruchnahme von Sonderrechten im Sinne des § 35 Absatz 1 bezieht sich tatsächlich nur auf Personen bzw. Personengruppen und ist daher nicht Fahrzeuggebunden.

In den Absätzen 5 bis 7 wird dann auf bestimmte Fahrzeuge Bezug genommen.

Nun enthält der Absatz 1 eine abschließende Aufzählung. U. a. ist hier auch die Polizei aufgelistet. Mitarbeiter der Ordnungsämter werden jedoch nicht explizit benannt. Hierzu sind die einschlägigen Kommentierungen (z. B. Bouska, Schurig, Hentschel, Kullik) und die Rechtsprechung (OLG Celle VRS 74, 220) heranzuziehen. Hiernach ist der Begriff der Polizei sehr weit auszulegen.

Entscheidend ist der Begriff der Polizei im materiellen Sinne. Hierzu gehören auch Forstbeamte, Jagdaufseher, Steuerfahnder, der kommunale Vollzugsdienst und die Ordnungsbehörden soweit ihnen polizeiliche Aufgaben zugewiesen worden sind.


2. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Sonderrechte in Anspruch genommen werden?

Jenachdem welche Personengruppe oder welche Institution betroffen ist, liegen der Inanspruchnahme von Sonderrechten auch unterschiedliche Voraussetzungen zu grunde. Für uns ist nur der Absatz 1 von Bedeutung.

Hiernach sind die benannten Personen von den Vorschriften der StVO befreit, soweit dies
  • zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben
  • dringend geboten ist.
Hoheitliche Aufgaben liegen dann vor, wenn Diensthandlungen vorgenommen werden, die unmittelbar der Erfüllung von Aufgaben der genannten Organisationen dienen. Der Bedienstete muss jedoch sachlich und örtlich zur Erfüllung einer hoheitl. Aufgabe zuständig sein.

Dass die Bediensteten der Ordnungsämter bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten hoheitliche Aufgaben wahrnehmen dürfte wohl keiner weiteren Erläuterungen bedürfen.

Nun ist aber die Frage zu beantworten, ob die Inanspruchnahme von Sonderrechten auch dringend geboten ist.

Das ist immer dann der Fall, wenn die sofortige Diensterfüllung wichtiger erscheint als die Beachtung der Verkehrsregeln (OLG Stuttgart (NZV 1992, 123)). Das Bedeutet, dass dem Beamten ein gewisser Beurteilungsspielraum zusteht (OLG Celle in VRS 74, 221).

Einschränkend hat der Senat aber auch gefordert, dass bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten alle Umstände berücksichtigt werden müssen, die die Dringlichkeit der Dienstaufgabe im Verhältnis zu den möglichen Gefahren der Verletzung der Verkehrsvorschriften belegen. Die Verletzung der Verkehrsregeln darf nicht zu einer unangemessenen, unverhältnismäßigen Beeinträchtigung kollidierender Belange führen, etwa zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder gar Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Letzteres wird wiederum in Absatz 8 gefordert.


Fazit:
Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehrs gehört zu den zugewiesenen Aufgaben der Ordnungsämter. Wenn kein ausreichender Parkraum in unmittelbarer Nähe ordnungswidrig abgestellter Fahrzeuge vorhanden ist, dann ist es auch als dringend geboten anzusehen, wenn das Behördenfahrzeug entgegen § 12 StVO abgestellt wird. Hierbei ist der Begriff "dringend" nicht zu eng auszulegen, sondern im Verhältnis zu den dienstlichen Belangen und der Schwere des Abweichens von den Vorschriften der StVO zu setzen.

Da das Abstellen eines Fahrzeugs des Ordnungsamtes in zweiter Reihe oder in sonstiger verkehrswidriger Weise im Regelfall nicht zu einer unangemessenen und unverhältnismäßigen Beeinträchtigung führen dürfte (außer an unübersichtlichen Stellen, engen Kkurven usw.) liegt hier eine rechtmäßige Inanspruchnahme von Sonderrechten vor.

Selbstverständlich kann eine Beurteilung immer nur am Einzelfall vorgenommen werden.


--------------------
Go to the top of the page
 
+Quote Post

Reply to this topicStart new topic
1 Besucher lesen dieses Thema (Gäste: 1 | Anonyme Besucher: 0)
0 Mitglieder:

 



RSS Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 28.03.2024 - 22:13