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> Trunkenheitsfahrt in Polen
martin12341
Beitrag 16.10.2012, 12:43
Beitrag #1


Neuling


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Hallo,
Ich wurde vorletztes Wochenende in Polen von der Polizei
angehalten und musste mit zur Polizeistation. Ich habe
auf der polizeiwache 2 atemproben abgegeben. Die erste mit 0.88
mg/l und die 2. Mit 0,86. Daraufhin habe ich eine Nacht in
Untersuchungshaft auf den nächsten Tag gewartete. Ich habe
dann 250€ Geldstrafe bezahlt und ein 3 jähriges Fahrverbot in
Polen bekommen , den führerschein musste ich dort lassen und
durfte gehen. Meine Frage ist nun , ob schon jemand anders so
einen mist in Polen fabriziert hat und was dies für
Konsequenzen für mich in Deutschland hat. Eine Blutprobe wurde
mir nicht entnommen. MfG
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Uwe W
Beitrag 16.10.2012, 18:45
Beitrag #2


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Sehe ich das richtig, dass Du einen deutschen Führerschein hast und dass Dein ordentlicher Wohnsitz in Deutschland liegt?

Dann müsste Dir der Führerschein von den polnischen Behörden wieder ausgehändigt werden. Das Fahrverbot gilt dann nur in Polen.

Wenn die deutschen Behörden von dem Vorfall erfahren, kann aber u.U. eine MPU angeordnet werden:
Zitat ( § 13 FeV)
Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, daß

... ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn

... ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,

Diese Vorschrift kann nach der mir bekannten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch angewandt werden, wenn die Fahrt im Ausland erfolgt ist.
Allerdings sollte dann sichergestellt sein, dass die Messung nach Standards durchgeführt wurde, die den deutschen Maßstäben genügen.


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"Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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Ichtyos
Beitrag 16.10.2012, 18:52
Beitrag #3


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Da der TE nur zweimal pusten musste und nicht gezapft wurde, wird es an den Standards scheitern - es sei denn, es wäre der Dräger 7110 gewesen. wink.gif


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ilam
Beitrag 16.10.2012, 19:06
Beitrag #4


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Zitat (Ichtyos @ 16.10.2012, 19:52) *
es sei denn, es wäre der Dräger 7110 gewesen. wink.gif


Der gilt in D doch auch nur im OWI-Bereich, den man mit 1,6‰ eindeutig verlassen hat.
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Jens
Beitrag 16.10.2012, 19:14
Beitrag #5


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Zitat
VG München v. 02.03.2005: Eine in Österreich begangene Trunkenheitsfahrt ist eine Grundlage für eine MPU-Anordnung in Deutschland, wenn die Messungen den österreichischen Vorschriften für eine Untersuchung der Atemluft auf Alkohol entsprechen, die Untersuchung des Atemalkohols mit einem In Österreich anerkannten, der Bauart nach auch in Deutschland zugelassenen Alkomaten durchgeführt und dieser nach den österreichischen Vorschriften ordnungsgemäß geeicht war.

Das dürfte analog auch für Polen gelten.


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Ichtyos
Beitrag 16.10.2012, 19:15
Beitrag #6


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Stimmt - das habe ich vergessen. crybaby.gif


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Uwe W
Beitrag 16.10.2012, 19:38
Beitrag #7


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VGH München Beschluss vom 09.06.2010, 11 CS 10.786:
der VGH hält die bisherigen Beweise für eine in der Türkei stattgefundene Trunkenheitsfahrt mit 2,01 Promille zwar nicht für ausreichend, stellt aber die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Fahrerlaubnisentziehung trotzdem nicht wieder her, weil er es für unwahrscheinlich hält, dass sich die türkischen Behörden um den Faktor 4 bei der Messung vertan haben und weil der Antragsteller vorher schon mal in Deutschland mit 1,48 Promille aufgefallen war.


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(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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Gast_Georg_g_*
Beitrag 16.10.2012, 19:43
Beitrag #8





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Zitat (ilam @ 16.10.2012, 20:06) *
Der gilt in D doch auch nur im OWI-Bereich, den man mit 1,6‰ eindeutig verlassen hat.

Da in § 13 FeV auch die AAK genannt ist ("Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr"), reicht auch der Nachweis über den Dräger. Die in § 13 FeV genannten Grenzen sind ja unabhängig vom Nachweis einer Straftat.
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Uwe W
Beitrag 16.10.2012, 19:58
Beitrag #9


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Hier mal ein Auszug aus dem vom VGH München zitierten Beschluss des OVG Greifswald (Beschluss vom 27. 3. 2008 - 1 M 204/07) , welcher sich sogar mit einer Trunkenheitsfahrt in Polen beschäftigt:

Zitat
3. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auszuräumende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehung bestehen jedoch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Aufforderung des Ag. vom 25. 6. 2007 zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Hier stellt sich die ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht zu beantwortende Frage, ob im Falle des Ast. die für die Anforderung des Gutachtens in § FEV § 13 Nr. 2b FeV bestimmte Voraussetzung wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss erfüllt ist. Dies setzte voraus, dass der Ast. am 20. 4. 2007 in Polen eine Zuwiderhandlung i.S. von § FEV § 13 Nr. 2b FeV begangen hat. Dies ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand – anders als das VG in seinem angefochtenen Beschluss meint – nicht hinreichend aufgeklärt.

Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr sind anzunehmen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber mindestens zwei Mal gegen Vorschriften verstoßen hat, wobei Zuwiderhandlungen nicht nur im Falle von Straftaten anzunehmen sind, sondern auch bei Verstößen gegen Ordnungswidrigkeitenbestimmungen i.S. von § STVG § 24a StVG (Hentschel, § 13 FeV Rdnr. 4). Berücksichtigungsfähig ist ein Fehlverhalten in zeitlicher Hinsicht allein nach Maßgabe der gesetzlichen Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen, wobei solche gesetzlich festgelegten Fristen nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz relativiert werden können (BVerwG, NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 3440 = DVBl 2005, DVBL Jahr 2005 Seite 1333; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 22. 3. 2007 – VGHMUENCHEN 22.03.2007 Aktenzeichen 11 CS 6/1634). Danach war die mit am 13. 7. 2000 rechtskräftig gewordenem Strafbefehl u.a. nach § STGB § 316 StGB geahndete, von dem Ast. begangene Tat gem. § STVG § 29 STVG § 29 Absatz I 2 Nr. 3 StVG für die Frage der Gutachtenanordnung verwertbar. Auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des VG wird gem. § VWGO § 122 VWGO § 122 Absatz II 3 VwGO Bezug genommen.

Zuwiderhandlungen i.S. von § FEV § 13 Nr. 2b FeV können grundsätzlich auch Auslandstaten wie eine Trunkenheitsfahrt in Polen sein. § FEV § 13 Nr. 2b FeV schreibt zwingend vor, dass bei wiederholten Alkoholverstößen die Eignung des Betroffenen auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu überprüfen ist (vgl. VGH Mannheim, NZV 2002, NZV Jahr 2002 Seite 149). Die Regelung ist Spezialvorschrift gegenüber dem Punktesystem nach § STVG § 4 StVG (so die Amtl. Begr. zu § 13 FeV, BR-Dr 443/98, S. 260). § FEV § 13 Nr. 2b FeV dient damit ebenso wie § STVG § 4 StVG dem Schutz vor Gefahren, die
von wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßenden Fahrzeugführern ausgehen. Wenn das Gesetz aus der Begehung wiederholter Verkehrsverstöße unter Alkoholeinfluss auf die Gefährlichkeit solcher Verkehrsteilnehmer für die Rechtsgüter der anderen Teilnehmer am Straßenverkehr folgert, schließt das auch Verkehrsverstöße im Ausland ein. Es ist kein Grund ersichtlich, warum nicht Trunkenheitsfahrten im Ausland in gleicher Weise den Schluss auf die Gefährlichkeit des Führerscheininhabers zulassen sollten wie Verstöße im Geltungsbereich des Straßenverkehrsgesetzes, wenn der Verkehrsverstoß im Ausland die Tatbestandsmerkmale einer entsprechenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach deutschem Recht erfüllt. Anderenfalls könnte die Fahrerlaubnisbehörde Tatsachen, die auf eine mögliche Ungeeignetheit des Betroffenen hinweisen, nicht verwerten (vgl. VG München, BayVBl 2005, BAYVBL Jahr 2005 Seite 731 [BAYVBL Jahr 2005 Seite 732]; VG Ansbach, Beschl. v. 7. 8. 2007 – AN 10 S 7/01938; VG Augsburg, Beschl. v. 27. 11. 2001 – Au 3 S 1/1522, Blutalkohol 2003, 264; Hentschel, § 13 FeV Rdnr. 4).

Voraussetzung für eine Verwertbarkeit einer im Ausland begangenen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften unter Alkoholeinfluss ist jedoch, dass diese in gleichem Maße hinreichend nachgewiesen ist, wie dies bei einer entsprechenden Zuwiderhandlung im Inland gefordert werden müsste. Für Messungen von Alkohol in der Atemluft nach § STVG § 24a StVG gilt, dass diese unmittelbar, d.h. ohne weitere Berechnung von Abschlägen, verwertet werden können, wenn sie auf Grund eines Verfahrens gewonnen sind, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Das schließt u.a. eine Bauartzulassung der zur amtlichen Überwachung im Straßenverkehr eingesetzten Atemalkoholmessgeräte durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, deren halbjährliche Eichung sowie die Feststellung des Zeitpunktes der Messung, einer bestimmten Wartezeit, des Atemvolumens, der Atemzeit und der Atemtemperatur ein (grdl. BGHSt 46, BGHST Jahr 46 Seite 358 = NJW 2001, NJW Jahr 2001 Seite 1952 = NZV 2001, NZV Jahr 2001 Seite 267; zu den Anforderungen an das Messgerät und das einzuhaltende Verfahren sowie zur Begründung von § STGB § 24a StGB ausführlich und m. zahlr. Nachw. z.B. Iffland/Hentschel, NZV 1999, NZV Jahr 1999 Seite 489; Iffland, NZV 2004, NZV Jahr 2004 Seite 433). So sind etwa alle Messungen mit einem so genannten Alkohol-Vortestgerät, wie es früher von der Polizei verwendet worden ist, um zu ermitteln, ob eine Blutuntersuchung geboten ist, für die Frage des Vorliegens einer Tat nach § STVG § 24a StVG ungeeignet. Liegt nur eine Messung mit einem solchen Vortestgerät vor, ist das Messergebnis auch dann für forensische Zwecke unverwertbar, wenn die gemessenen Werte weit über den in § STVG § 24a StVG festgelegten Grenzwerten liegen (Iffland/Hentschel, NZV 1999, NZV Jahr 1999 Seite 489 [NZV Jahr 1999 Seite 495]).

Der Senat weist zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hin, dass eine fahrerlaubnisrechtliche Verwertung von im Ausland gewonnenen Atemalkoholmessergebnissen auch dann in Betracht kommen dürfte, wenn die dortigen Messgeräte und das dortige Messverfahren nicht genau den für die deutschen Behörden geltenden Bestimmungen entsprechen sollten. Zur Überzeugung des Senats ist davon auszugehen, dass Alkoholmessungen auch im europäischen Ausland grundsätzlich in aussagekräftiger Weise unter Beachtung bestimmter Verfahrensregeln durchgeführt werden. Wenn ein streitiges Messergebnis demgemäß gewonnen worden ist, so kann ihm nicht von vornherein jegliche Aussagekraft für das Maß der fraglichen Alkoholbeeinflussung im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren abgesprochen werden. Wenn derartige Werte nicht gänzlich entsprechend den in Deutschland geltenden Vorschriften ermittelt worden sein sollten, kann sich etwa die Frage stellen, ob nicht jedenfalls erhebliche Überschreitungen bestimmter Grenzwerte nach einer dem ausländischen Standard entsprechenden Messung als Nachweis für die Zuwiderhandlung ausreichen können. In Betracht kommen könnte auch – sollte das ausländische Messverfahren mit größeren Unsicherheiten als das deutsche behaftet sein – die Anwendung eines Sicherheitsabschlags. Ein solcher könnte dann jedenfalls zum Nachweis erheblicher Alkoholbeeinflussungen geeignet sein.

Vorliegend hat der Ag. den Ast. zur Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens allein auf der Grundlage in polnischer Sprache verfasster Schriftstücke verpflichtet, deren Übersetzung erst auf Veranlassung des Gerichts im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden ist. Damit hat der Ag. unabhängig von der Frage eines ausreichenden Nachweises der Atemalkoholkonzentration zunächst gegen § VWVFG § 23 VWVFG § 23 Absatz I VwVfG verstoßen, wonach die Akten in deutscher Sprache und selbstverständlich vollständig, nachvollziehbar und einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich zu führen sind (s. nur Clausen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 23 Rdnr. 23, § 10 Rdnr. 13).

Nach der nunmehr vorliegenden Übersetzung der Schriftstücke fehlen jedoch auch weiterhin jegliche Angaben über den Vorgang der Messung, die Art des Messgeräts, die Einhaltung von Warte- und Kontrollzeiten oder über die an der Messung beteiligten Polizeibediensteten. Insbesondere ein Messprotokoll fehlt.
Dem Ag. vorgelegt worden sind lediglich die oben unter I genannte staatsanwaltliche Entscheidung über die Einziehung des Führerscheins und ein an das Kraftfahrt-Bundesamt gerichtetes Schreiben der Bezirksstaatsanwaltschaft Szcecin vom 16. 5. 2007. Allein in diesem Schreiben ist – ohne nähere Erläuterung – ein Messwert von 0,60 Milligramm pro Liter Atemluft genannt.

Damit kann dieser Messwert jedenfalls nicht im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BGH (BGHSt 46, BGHST Jahr 46 Seite 358 = NJW 2001, NJW Jahr 2001 Seite 1952) als Nachweis eines Ordnungswidrigkeitentatbestands unmittelbar verwertet werden. Es ist aber auch im Übrigen nicht mit hinreichender Sicherheit aufgeklärt, ob der Ast. tatsächlich am 20. 4. 2007 in Polen ein Kraftfahrzeug mit einer den in § STVG § 24a StVG festgeschriebenen Grenzwert überschreitenden Atemalkoholkonzentration geführt hat. Er ist jedenfalls der Annahme des Ag., dass dies der Fall gewesen sei, mit verschiedenen, nicht ohne Weiteres zu widerlegenden tatsächlichen Behauptungen entgegengetreten. So erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass sich Art, Alter, Zustand und Anwendung des verwendeten Testgerätes auf das Messergebnis in einem für den Ast. ungünstigen Sinne ausgewirkt haben können. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der von den polnischen Behörden mitgeteilte Wert von 0,60 mg/l Atemluft eine ganz erhebliche Überschreitung des in § STVG § 24a StVG für eine Ordnungswidrigkeit bereits ausreichenden Grenzwertes darstellt und der Messwert von den polnischen Behörden offiziell mitgeteilt worden ist. Das reicht jedoch, anders als dies das VG sieht, nicht aus. Da sämtliche Angaben, die nähere Auskunft über die Zuverlässigkeit dieses Wertes, etwa die entsprechende Messpraxis, die eingesetzten Geräte, die Dokumentation der gewonnenen Ergebnisse etc. geben könnten, fehlen, ist die Richtigkeit des Messwertes weder im behördlichen Verfahren überprüfbar gewesen noch nunmehr im gerichtlichen Verfahren überprüfbar. Alleinige Grundlage für die Annahme einer Zuwiderhandlung i.S. von § FEV § 13 Nr. 2b FeV kann er damit nicht sein. Eine Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an die Mitteilung eines durch nichts untersetzten Atemalkoholwertes besteht jedenfalls nicht.

Darauf, dass der Ast. nach eigenen Angaben kurz vor Fahrtantritt jedenfalls anderthalb Flaschen Bier zu sich genommen haben will, kommt es für die Frage der rechtmäßigen Anordnung, das fragliche Gutachten beizubringen, entgegen der Auffassung des VG nicht an. Auch wenn dieses Verhalten wohl zeigt, dass der Ast. zwischen Alkoholgenuss und Führen eines Kraftfahrzeugs nicht trennen kann, obwohl ihm bereits einmal die Fahrerlaubnis wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss entzogen worden ist, reicht das nach § FEV § 13 Nr. 2b FeV, auf den der Ag. die Gutachtenanordnung gestützt hat, nicht aus. Danach ist allein entscheidend die Frage wiederholter Zuwiderhandlungen. Diese kann nach dem oben Gesagten nicht mit hinreichender Sicherheit beantwortet werden. Von einem Alkoholmissbrauch, auf den die Gutachtenanordnung nach § FEV § 13 Nr. 2 FeV ebenfalls gestützt werden kann, dürfte bei dem eingeräumten Bierkonsum jedenfalls noch nicht auszugehen sein (vgl. dazu Hentschel, § 13 FeV Rdnr. 4).

Ist der Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens im vorliegenden Fall hinsichtlich der angesprochenen Geschehnisse am 20. 4. 2007 in Polen damit offen, gelangt der Senat im Rahmen der im Übrigen vorzunehmenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass derzeit das Aussetzungsinteresse des Ast. das öffentliche Vollziehungsinteresse gerade noch überwiegt. Die Gefahren einer Teilnahme des Ast. am Straßenverkehr bis zur abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit der Entziehungsanordnung in einem Hauptsacheverfahren erscheinen im Ergebnis nicht so gewichtig, dass das Interesse des Ast. an einer Ausnutzung seiner Fahrerlaubnis bis zu diesem Zeitpunkt hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse, das auf den Schutz insbesondere der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens anderer Verkehrsteilnehmer und des Ast. selbst ausgerichtet ist, zurückstehen müsste.

Zu Gunsten des Ast. ist zu berücksichtigen, dass er – abgesehen von dem in Rede stehenden Vorfall – nach Aktenlage seit Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis im Dezember 2001 bzw. März 2002, mithin seit etwa fünf Jahren im Straßenverkehr wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss nicht mehr negativ in Erscheinung getreten ist. Dem Ag.bzw. der Widerspruchsbehörde ist es zudem möglich, die Einschätzung, der Ast. habe mit seiner Trunkenheitsfahrt in Polen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § STVG § 24a STVG § 24A Absatz I StVG erfüllt, umgehend durch nähere Aufklärung bei den zuständigen polnischen Stellen hinreichend zu untermauern. Der Senat hat schon in anderen vergleichbaren Fällen (Beschl. v. 19. 12. 2006 – 19.12.2006 Aktenzeichen 1 M 142/06) darauf hingewiesen, dass das behördliche Aufklärungsinstrumentarium dadurch ergänzt wird, dass der Ag. im Ergebnis seiner Aufklärungsmaßnahmen bei Erfüllung der dortigen Voraussetzungen einen Abänderungsantrag gem. § VWGO § 80 VWGO § 80 Absatz VII VwGO stellen kann.

Der Senat weist darüber hinaus darauf hin, dass eine auf Grund etwaiger weiterer Verstöße des Ast. gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, insbesondere solcher unter alkoholischer Beeinflussung, neuerlich vorzunehmende Interessenabwägung durchaus zu Lasten des Ast. ausfallen könnte. Es kann nicht darüber hinweggesehen werden, dass der Ast. entgegen den verschiedenen gutachterlichen Prognosen über sein Verhalten im Straßenverkehr auch nach Erteilung seiner Fahrerlaubnis im Jahre 2001/2002 wiederholt Zuwiderhandlungen, insbesondere wegen zu schnellen Fahrens, begangen und dadurch auch einen Unfall verursacht hat. Er hat sich zudem durch seinen eingestandenen Alkoholkonsum in Polen in Widerspruch zu der von ihm im Rahmen seiner Exploration zum Gutachten des TÜV vom 7. 11. 2001 behaupteten Verhaltsänderung gesetzt, die maßgeblich war für die seinerzeitige positive Prognose des Gutachtens. Der Ast. hat in dieser Exploration eine abstinente Lebensweise behauptet; die Beibehaltung dieser „strikt alkoholfreien Lebensweise” haben die Gutachter dem Ast. auch empfohlen. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob der Ast. sein früheres Verhalten, das immerhin zu einer Kfz-Fahrt mit einem Blutalkoholgehalt von 2,14‰ geführt hat, tatsächlich geändert hat. Diese Frage könnte bei einer neuerlichen Interessenabwägung durchaus zu Lasten des Ast. zu verneinen sein.
Quelle

Das Problem scheint also zu sein, dass die deutschen Behörden tätig werden, bevor sie die Einhaltung der in Deutschland geltenden Standards durch Nachfragen bei den Behörden des Tatortstaats geprüft haben.


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(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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martin12341
Beitrag 16.10.2012, 20:08
Beitrag #10


Neuling


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Danke für eure antworten .
Ich habe einen deutschen Führerschein und einen Wohnsitz in Deutschland.

Wie sehen die Standards denn aus?
Ist bei solch einem Wert die Messung des alkoholgehalts im Blut mittels blutabnahme nicht zwingend notwendig ?

Ich bin zuvor bis auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung nicht negativ im Straßenverkehr aufgefallen.
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Uwe W
Beitrag 16.10.2012, 20:13
Beitrag #11


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Um in Deutschland strafrechtlich verurteilt zu werden, wäre in der Tat eine Blutalkoholmessung mehr oder weniger zwingend vorgeschrieben.

Es geht hier aber um die Frage, ob der Vorfall in Polen Anlass für eine MPU in Deutschland sein kann.
Das ist grundsätzlich möglich, da ja auch nach deutschem Recht ein Wert über 0,8 mg/l ausreicht (siehe Posting von @Georg_g und von mir=@Uwe W).

Bevor überhaupt geprüft werden kann, welche Standards die durchgeführte Messung erfüllt, müssen erst einmal einige Informationen vorliegen:
Zitat
Nach der nunmehr vorliegenden Übersetzung der Schriftstücke fehlen jedoch auch weiterhin jegliche Angaben über den Vorgang der Messung, die Art des Messgeräts, die Einhaltung von Warte- und Kontrollzeiten oder über die an der Messung beteiligten Polizeibediensteten. Insbesondere ein Messprotokoll fehlt.

Weißt Du denn näheres darüber, welches Gerät in Deinem Fall verwendet wurde?
Hast Du ein Messprotokoll bekommen?


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martin12341
Beitrag 16.10.2012, 20:23
Beitrag #12


Neuling


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nein, ich weis nicht welches messgerät verwendet wurde.
Ein Messprotokoll habe ich nicht bekommen

Was würde mich im ungünstigsten Falle erwarten?
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Jens
Beitrag 16.10.2012, 20:25
Beitrag #13


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Die Anordnung einer MPU, was dann u.U. zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt.


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martin12341
Beitrag 16.10.2012, 20:33
Beitrag #14


Neuling


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Wie lange dauert es denn in der Regel bis man bescheid bekommt?
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Uwe W
Beitrag 16.10.2012, 20:50
Beitrag #15


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Im Fall des OVG Greifswald ging das relativ schnell: Verstoß in Polen am 20.04.2007, MPU-Aufforderung am 25.6.2007, also gut 2 Monate später.

Allerdings war das ja ein verfrühter Schnellschuss der Behörde, die einerseits nicht mal die Schriftstücke hat ins Deutsche übersetzen lassen und andererseits über das angewandte Messverfahren auch nichts in Erfahrung gebracht hatte.

Um eine MPU mit kontrolliertem Trinken bestehen zu können, sollten zwischen Tat und MPU-Termin übrigens mehr als 6 Monate liegen, damit man sein geändertes Alkoholtrinkverhalten hinreichend lange einüben konnte.
Für die MPU wird üblicherweise eine Frist von 2 bis 3 Monaten gesetzt.

Bei Werten knapp über 1,6 Promille (bzw. 0,8 mg/l Atemluft) ist es prinzipiell möglich, eine MPU mit kontrolliertem Trinken zu bestehen.


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martin12341
Beitrag 16.10.2012, 23:09
Beitrag #16


Neuling


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Also ist die Atemalkoholmessung in Polen, Grundlage genug für eine MPU, wenn ich jedoch in Deutschland betrunken am steuer sitze ,nur mit Blutuntersuchung machbar ist?
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Mitleser
Beitrag 17.10.2012, 15:04
Beitrag #17


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Auch in Deutschland reicht für die Gefahrenabwehrmaßnahme MPU eine Atemalkoholkontrolle. Nur für den Nachweis der Straftat wird auf die sicherere Blutkontrolle bestanden.
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Kai R.
Beitrag 17.10.2012, 15:18
Beitrag #18


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Zitat (Uwe W @ 16.10.2012, 19:45) *
Dann müsste Dir der Führerschein von den polnischen Behörden wieder ausgehändigt werden. Das Fahrverbot gilt dann nur in Polen.

schicken die nicht den FS zur deutschen FSSt? Die dadurch dann auch gleich von der Tat erfährt?

Grüße

Kai


--------------------
Grüße

Kai

--- sorry, keine Privatkonsultationen per PN ---
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Uwe W
Beitrag 17.10.2012, 15:44
Beitrag #19


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Zur deutschen Führerscheinstelle schicken die Polen den Führerschein nicht direkt. Wenn sie den Führerschein nicht dem Inhaber aushändigen, können sie den Führerschein (samt Kurzinfo über das Alkoholdelikt) aber ans KBA in Flensburg schicken, welches dann die örtlich zuständige Führerscheinstelle informiert und den Führerschein wohl auch dorthin weiterleitet.

Im Fall des OVG Greifswald ging zumindest der Informationsweg über das KBA. Die Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten auf dem Gebiet des Führerscheinwesens gehört zu den gesetzlichen Aufgaben des KBA.

Insofern hat Kai R. nicht ganz Unrecht, aber durch die Zwischenstation KBA kann sich das Verfahren natürlich verzögern.
Auch wenn die Führerscheinstelle wegen des Alkoholdelikts noch weitere Fragen hat, kommt die Antwort nicht so schnell, weil sowohl auf dem Hin- wie auf dem Rückweg jeweils Flensburg eingeschaltet wird.

Insofern gehe ich mal davon aus, dass es noch einige Monate dauert, bis die Führerscheinbehörde eine MPU anordnen kann, die einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde.

Diese Zeit sollte @martin nutzen, um sich auf die MPU vorzubereiten und seinen Alkoholkonsum mal kritisch zu überdenken und zu reduzieren.


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RSS Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 12.05.2025 - 08:19