... Forum Straßenverkehr - der Verkehrstalk im Web


Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )

 
Reply to this topicStart new topic
> Alkoholkonzentration mit der Widmarkformel, Erklärung der Formel von @ Wanderer
Wanderer
Beitrag 22.05.2007, 18:28
Beitrag #1


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2177
Beigetreten: 29.11.2006
Wohnort: Niedersachsen
Mitglieds-Nr.: 25926



    
 
Hallo, wavey.gif

da ich hier im Forum schon öfter, Texte wie "mit der Widmarkformel komme ich nicht klar"; "Ich bin doch kein Mathematiker" gelesen habe, versuche ich einmal das Thema für diese Personen einwenig aufzubereiten. Eigendlich ist es ganz einfach. wink.gif

Neben den Erläuterungen werde ich nebenbei folgendes Beispiel (Alles was zum Beispiel gehört ist immer zwischen den Strichen) berechnen:
____________________

Eine mänliche Person (85 kg) hat folgendes getrunken:
4 Bier a 0,5l mit 5,2% Vol Alkohol
2 doppelter Schnaps mit 0,04l ind 32% Vol Alkohol

Er ist angefangen zu Trinken um 20:00 und hat um 22:00 den letzten Schluck getrunken.
Kontrolle der Blutalkoholkonzentration (BAK) um 23:00

Also ein nicht ganz ungewöhlicher Fall.

____________________

Um die Alkoholkonzentration im Blut nach der Widmarkformel überschlägig ermitteln zu können benötigt man die aufgenommene / getrunkene Menge an reinem Alkohol. Diese bildet die Basis für die weitere Berechnung mit der Widmarkformel.

Die Menge an reinem Alkohol in einem Getränk errechnet man nach folgender vereinfachter Formel. (Wer wissen will wo die her kommt muß bis zum Schluß lesen)

A=V*e*8

Was ist damit gemeint ?

A ist das was wir errechnen wollen, die Alkoholmenge in Gramm welche im Getränk enthalten ist.
V ist das Volumen des Getränks in Liter
e ist der Alkoholvolumenanteil im Getränk. (Wen es nicht interessiert, nicht drüber nachdenken, steht als % Vol auf der Flasche)

weiter mit unserem Beispiel:
____________________

Wieviel Alkohol (A) ist in einer Flasche von dem Bier?

A=0,5l*5,2%*8

A=20,8 g Alkohol je Bier

Wieviel Alkohol (A) ist in einem doppelten Schnaps?

A=00,04l*32%*8

A=10,24 g Alkohol je doppeltem Schnaps

Er hat 4 Bier und 2 doppelte schnaps getrunken, das ergibt wenn man es zusammenrechnet:

4*20,8 g für das Bier macht 83,2 g
2*10,24 g für die Schnäpse macht 20,48 g

Insgesamt hat der Mann 103,68 g reinen Alkohol konsumiert.

____________________

Nachdem wir errechnet haben wie viel Alkohol die Person zu sich genommen hat kann man mit der eigendlichen Widmarkformel errechnen welche maximale Alkoholkonzentration man mit dieser Trinkmenge erreichen kann. Diese errechnete Maximalkonzentration wird man aber mit der angenommenen Menge normalerweise nie erreichen.

c=A*0,9/(m*r)

c steht für die maximal mögliche Alkoholkonzentration im Blut
A ist ddie Alkoholmenge in Gramm welche man vorher ermittelt hat
m steht für das Körpergewicht in kg
r ist der Resorptionsfaktor (0,7 für Männer, 0,6 für Frauen und Jugendliche)

Wer wissen will woher die 0,9 kommen und warum der Resorptionsfaktor wichtig ist weiter unten nachlesen.

zurück zu unserem Beispiel:
____________________

welche maximal mögliche Alkoholkonzentration im Blut könnte der Mann erreichen

c=103,68g*0,9/(85kg*0,7)

c=1,568 Promille

Für diejenigen, welche mit der Formelschreibweise nicht viel anfangen können, noch einmal in kleinen Schritten:

Erst den ersten Teil der Formel: 103,68g*0,9=93,312

Dann den zweiten Teil aus den Klammern: 85kg*0,7=59,5

Zum Schluß teilt man das Ergebnis des ersten durch den zweitwn Teil: 93,312/59,5=1,568 Promille

____________________

Jetzt kommt der Teil bei dem das Ganze sehr ungenau wird. Der errechnete Promillewert wird durch die Aufnahem des Alkohols über einen längeren Zeitraum (Trinkzeit) über den Alkoholabbau wieder reduziert. Der Körper beginnt mit dem Abbau sobald Alkohol vom Blut aufgenommen wurde.
Vollständig aufgenommen ist der Alkohol nach etwas 1-2 Stunden (Resoptionszeit) Da aber der erste Alkohol relativ schnell im Blut sein kann sollte man bei seiner Rechnung berücksichtigen daß etwa eine Stunde nach Trinkbeginn bereits Alkohol abgebaut wird. Der Gerücht, das ein deftiges Essen die Akloholaufnahme reduziert stimmt nicht. Der Übergang in das Blut wird nur verlangsamt und der Alkoholabbau beginnt später.
Wenn man den Alkohol sehr Schnell (umgangssprachlich auf Ex, anderweitig auch Sturztrunk genannt) konsumiert kann man recht nahe an die errechnete Maximalkonzentration herankommen. Dies macht den Sturztrunk auch besonders gefährlich, da durch die schnelle Alkoholaufnahme in das Blut alle Warnsignale (Trunkenheitsgefühl, Übelkeit usw.) umgangen werden. blink.gif

Pro Stunde baut der menschliche Körper zwischen 0,1 und 0,2 Promille ab. Es soll auch Fälle geben wo der Alkoholabbau noch darüber liegt. : whistling.gif


Hierbei gelten folgende Regeln:

je trinkgewohnter der Körper ist je besser baut es auch Alkohol ab

Frauen und Jugendliche bauen den Alkohol langsammer ab als Männer

Erkrankungen können den Alkoholabbau reduzieren

was bedeutet das für unser Beispiel: think.gif
____________________

Trinkbeginn um 20:00 Uhr
Beginn des Alkoholabbaus eine Stunde später, also 21:00 Uhr
Die Bluprobe wurde gegen 23:00 Uhr entnommen

Es wurde also 2 Stunden lang Alkohol abgebaut.

Nehmen wir mal den durchschnittlichen Wert von 0,15 Promille je Stunde an, dann hat der Mann 0,3 Promille bis zur Brobenentnahme wieder abgebaut.

Diese müssen wir nun von der errechneten maximal möglichen Alkoholkonzentration abziehen.

1,568-0,3=1,268 Promille

Es ist also davon auszugehen, daß das Labor einen Wert zwischen 1,15 und 1,35 Promille ermitteln wird.

____________________

Die ganze Rechnerei ist also wie man sieht kein Hexenwerk laugh.gif aber auch recht ungenau unsure.gif , da man so einige Schätzungen und Annahmen treffen muß. Daher kann ein nach der Widmarkformel errechneter Wert immer nur eine Orientierung sein. think.gif

Diejenigen, die einfach nur mal für sich nachrechnen wollen, können an dieser Stelle aufhören und ich wünsche viel Spaß. Für die, die mehr ins Detail wollen ist das nächste Posting.

Ich hoffe das war allgemein verständlich unsure.gif und ich habe mich auf die Schnelle nicht verrechnet whistling.gif

Wer Tippfehler findet darf diese natürlich behalten wink.gif


--------------------
Gruss
Wanderer
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Wanderer
Beitrag 22.05.2007, 19:45
Beitrag #2


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2177
Beigetreten: 29.11.2006
Wohnort: Niedersachsen
Mitglieds-Nr.: 25926



Hallo, wavey.gif

wie versprochen noch ein paar Ergänzungen zum ersten Posting. Wer das Ganze bei Wikipedia nachlesen möchte findet hier den Link.


Berechnung der Alkoholmenge


Die Menge an reinem Alkohol in einem Getränk kannt man nach folgender vereinfachter Formel errechnen.

A=V*e*8

Wie kommt diese, bereits im vorherigen Post angewandte Formel, zustande ? think.gif

A ist das was wir errechnen wollen, die Alkoholmenge in Gramm welche im Getränk enthalten ist.

V ist das Volumen des Getränks in Liter [l] also ein Volumenmaß Kubikdezimeter [dm^3]

e ist der Alkoholvolumenanteil im Getränk.

Die Korrekte Formel zur Berrechnung lautet:

A=V*e*p

p steht hier für die Dichte des Stoffes Alkohol (Ethanol Chemisch: C3H5OH)

Die Dichte von Ethanol liegt bei 0,8 kg/dm^3



V dm^3 * e * 0,8 kg * 1000 g

A = ------------------------------------------
100 * dm^3 * kg



vereinfacht:

A = V * e * 0,8 * 10 g


Die Widmarkformel


A

c = -----------
m * r




c steht für die maximal mögliche Alkoholkonzentration im Blut

A ist ddie Alkoholmenge in Gramm [g]

m steht für das Körpergewicht [kg]

r ist der Resorptionsfaktor


A g * kg

c = -------------------------
m kg * r * 1000 g



vereinfacht:

A

c = -------------entspricht Promille
m * r


Der Resorptionsfaktor

Der Faktor r liegt allgemein für Männern bei 0,7 und für Frauen bei 0,6. Es besteht jedoch auch eine Abhängigkeit von der Statur und dem Alter. Dies ist darin begründet, daß Alkohol (Ethanmol) sich nur in dem wasserhaltigen Körperanteil verteilen kann, nicht jedoch im Fettgewebe und den Knochen. Da Männer einen größeren Wasseranteil im Körper haben als Frauen verteilt sich der Alkohol im mänlichen Körper besser.
Insgesamt können folgende Bandbreiten für den Faktor "r" angenommen werden:

* Männer: 0,68 ... 0,70
* Frauen / Jugendliche: 0,55 - 0,60
* Säuglinge / Kleinkinder: 0,75 - 0,80



Das Resorptionsdefizit

Es wird nicht der gesamte konsumierte Alkohol im Blut aufgenommen. Daher ist noch zusätzlich das Resorptionsdefizit (mindestens 10 %, maximal 30 %) bei der Berechnung zu berücksichtigen.

Wenn wir dem Resorptionsdefizit das Formelzeichen d geben und dieses in die Widmarkformel einsetzen sieht das Ganze wie folgt aus:


A * d

c = -------------Promille [‰]
m * r



Der Alkohol der nicht in das Blut geht wird über die Lunge (ca. 3%), Über die Nieren (ca.2%) und auch über die Haut ausgeschieden. Eine kleine Menge gelangt auch durch den Darm aus dem Körper hinaus.


Berechnungsgrundlagen

Forensische Berechnung:
10 % Resorptionsdefizit werden angenommen, der zeitliche Abbau (ab Trinkbeginn!) wird mit 0,1 ‰/h berücksichtigt.

Physiologische Berechnung:
20 % Resorptionsdefizit werden angenommen, der zeitliche Abbau wird mit 0,15 ‰/h angesetzt.

Eine genauere Berechnung kann durch die Watson-Formel erfolgen. Watson ermittelte empirisch die Abhängigkeit des Verteilungsfaktors r von Geschlecht, Körpermasse m (kg), Körpergröße h (cm) und Alter t (in Jahren).

Die höchstmögliche Blutalkoholkonzentration errechnet man mit einem Resorptionsdefizit von 10 % und einem Abbau je Stunde 0,1‰

Niederstmögliche Blutalkoholkonzentration errechnet man mit einem Resorptionsdefizit von 30 % und einem Abbau je Stunde 0,2‰

Die Wahrheit wird in der Regel dazwischen liegen.

Ich hoffe ich konnte mit dieser Ergänzung auch die etwas Wißbegierigeren zufriedenstellen.


--------------------
Gruss
Wanderer
Go to the top of the page
 
+Quote Post
GSX-R
Beitrag 24.05.2007, 15:13
Beitrag #3


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 15361
Beigetreten: 24.08.2004
Wohnort: Mainz-Gonsenheim
Mitglieds-Nr.: 5157



Vielen Dank an Wanderer für die viele Arbeit und Mühe smile.gif wavey.gif


--------------------


Lieber einen Moment lang feige - als ein Leben lang tot
Wer zuletzt lacht, hat es nicht eher begriffen.
Go to the top of the page
 
+Quote Post

Reply to this topicStart new topic
1 Besucher lesen dieses Thema (Gäste: 1 | Anonyme Besucher: 0)
0 Mitglieder:

 



RSS Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 29.03.2024 - 15:28