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> Das Krad als Selbsttötungsmaschine?, Verschuldenshaftung ohne Verschulden?
Lexus
Beitrag 19.04.2007, 08:37
Beitrag #1


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In einem neuen Urteil meint das

Zitat
Landgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 30.03.2007 - 2-20 O 88/06) unter anderem:

"... Selbst wenn man auf Seiten des Klägers" (des Kradfahrers) "lediglich die Betriebsgefahr gewichtete, überwiegt diese gegenüber einer möglicherweise stattgefundenen Fehleinschätzung der Situation seitens des Beklagten doch derart, dass eine auch nur teilweise Haftung des Beklagten nicht in Betracht kommt (zur Betriebsgefahr von Motorrädern vgl. ausführlich Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 17 StVG, Rn. 7 f.).

In diesem Zusammenhang sei noch auf eine einschlägige Veröffentlichung von Meewes/Maier in „Zeitschrift für Verkehrssicherheit", Heft 46 (2000), Seite 70 ff. verwiesen.

Danach lässt sich die Betriebsgefahr der Motorradfahrer grundsätzlich als Verschulden gegen sich selbst begreifen, so dass die Unfallfolgen schon deshalb als bewusst in Kauf genommen ganz überwiegend nicht auf einen Unfallgegner abgewälzt werden können.

In dieser Abhandlung mit viel statistischem Material finden sich folgende Zahlen: Das Risiko, auf dem Motorrad getötet zu werden ist siebenmal höher als das der übrigen Verkehrsteilnehmer. Je Milliarde Kilometer sterben 92 Motorradfahrer aber nur 13 Autofahrer. Die Kosten für Unfälle bei Motorradfahrern liegen bei DM 255,- pro gefahrener 1.000 Kilometern, die der Autofahrer bei DM 36,- pro 1.000 Kilometer. Der volkswirtschaftliche Schaden durch Motorradunfälle belief sich 1997 auf 2,7 Milliarden DM. Davon entfallen 61 % auf Unfälle auf Landstraßen. 61 % aller Motorradunfälle sind selbst verschuldet. Bei selbstverschuldeten Unfällen auf Landstraßen starben 53 von 1.000 verunglückten Motorradfahrern. Auf Autobahnen sind es 45, innerorts 13.

In einer Verkehrsuntersuchung der Firma Uni Royal (1998 von Ellinghaus/Steinbrecher) findet sich eine Statistik (Seite 86), wonach im Mittel jeder Motorradfahrer in drei Jahren zweimal stürzt. Interessant ist vielleicht noch, dass bei einer Umfrage 73 % der Motorradfahrer angaben, das Kraftrad ausschließlich zum Spaß zu fahren. Der Anteil völlig zweckfreier Fahrten wurde auf 90 % geschätzt (Seite 166). Es heißt dort erklärend: „Emotionale Einflüsse gewinnen auf das Fahrverhalten die Oberhand..." „Subjektive Kontrollüberzeugung verhindert eine adäquate Beurteilung real existierender Gefahren."

Das Gericht geht sicherlich nicht fehl in der Annahme, dass diese Dinge auch vorliegend eine Rolle gespielt haben: Ein Sonntag, schönes Wetter, eine beliebte Motorradstrecke - die jährlich ihrer Gefahren wegen Todesopfer fordert -, eine Maschine, die in 7,4 Sekunden auf 200 km/h beschleunigt. Dies alles begünstigt eine Stimmung, die jeder Autofahrer an jedem schönen Wochenende bei zahllosen Motorradfahrern beobachten kann. Hier beherrscht häufig die Technik den Menschen und nicht umgekehrt, zumal die streitgegenständliche Maschine 251 kg wiegt.

Hier liegen die Gefahren so eindeutig auf Seiten der Motorradfahrer - jedenfalls als Verschulden gegen sich selbst gewertet - dass eine Mithaftung auf Ursache und Schadensumfang nur bei groben Verkehrsverstößen anderer Teilnehmer zu bejahen ist. Einen derartig groben Verkehrsverstoß des Beklagten aber hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. ..."


Verräterisch sind natürlich die Worte: "Das Gericht geht sicherlich nicht fehl in der Annahme ..."


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AMenge
Beitrag 19.04.2007, 08:39
Beitrag #2


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Ich meine, dieses Urteil haben wir hier schon irgendwo mal diskutiert... think.gif
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steveluke
Beitrag 19.04.2007, 08:47
Beitrag #3


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Jap, nämlich hier.


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Lexus
Beitrag 19.04.2007, 08:48
Beitrag #4


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Konnte ich mir eigentlich kaum vorstellen, es ist noch keine drei Wochen alt und wenn überhaupt, dann höchstens auf Grund einer dpa-Pressemitteilung vom 30.03.2007. Das volle Urteil ist meiner Meinung nach bisher unveröffentlicht. Und so gibt es hier wenigstens den Link zum Urteilstext.


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svenrd03
Beitrag 19.04.2007, 08:59
Beitrag #5


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Stimmt der Urteilstext war bisher nicht zu finden. Bei der Dürftigkeit der Sachverhaltsermittlung (Kein Wort über Vorfahrtverletzung ja/Nein; Behinderung/Gefährdung etc.) nebst dem unsäglichen Proletengeschwafel

Dies alles begünstigt eine Stimmung, die jeder Autofahrer an jedem schönen Wochenende bei zahllosen Motorradfahrern beobachten kann. Hier beherrscht häufig die Technik den Menschen und nicht umgekehrt, zumal die streitgegenständliche Maschine 251 kg wiegt.

Hier liegen die Gefahren so eindeutig auf Seiten der Motorradfahrer - jedenfalls als Verschulden gegen sich selbst gewertet - dass eine Mithaftung auf Ursache und Schadensumfang nur bei groben Verkehrsverstößen anderer Teilnehmer zu bejahen ist."

kein Wunder. Ich hoffe dieser Schwachsinn geht in die Revision und wird zerfetzt... wavey.gif

Die Farbe blau ist der Moderation vorbehalten, deshalb geändert.

Der Beitrag wurde von frankenstein bearbeitet: 19.04.2007, 12:02
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Bonsai-Brummi
Beitrag 19.04.2007, 09:09
Beitrag #6


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Da hat wohl jemand seinen Vorurteilen freien Lauf gelassen... mad.gif
Wenn das Schule macht, was ist dann noch zu erwarten?
Tiefergelegt -> schuld?
Kleintransporter -> schuld?
Radfahrer -> schuld?
Man weiß ja schließlich, daß solche Gestalten immer ... ranting.gif

lg
c.s.
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Schorsch
Beitrag 19.04.2007, 11:47
Beitrag #7


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Jemand klettert leichtsinnig auf einem Dach herum. Unten nießt jemand, dadurch erschrickt sich der Kletterer und fällt vom Dach. Muß der Nießer ihm dehalb Schmerrzensgeld zahlen?
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Nerari
Beitrag 19.04.2007, 12:14
Beitrag #8


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Zitat (Bonsai-Brummi @ 19.04.2007, 10:09) *
Da hat wohl jemand seinen Vorurteilen freien Lauf gelassen... mad.gif
Wenn das Schule macht, was ist dann noch zu erwarten?


Hm, naja, ganz so einfach ist das doch nicht.

Immerhin war es im beschriebenen Fall einem anderen Motorradfahrer ohne weiteres möglich, anzuhalten. Es gibt also durchaus auch Anhaltspunkte dafür, dass der Sturz nicht vom Radfahrer verursacht war. Wie heißt es im Urteil so schön: Die zulässigen 100 sind eine Maximalgeschwindigkeit. Wieso sollte hier also der Beklagte dafür verantwortlich sein, wenn sich der Motorradfahrer erschreckt, unnötig scharf bremst und stürzt?

Ich hatte einen, vielleicht ähnlichen Fall selbst, vor langer Zeit, mal als Radfahrer: Ich fahre im winter auf einem eisigen Radweg, als aus einer ziemlich engen Ausfahrt ein Auto gefahren kommt. Davon ausgehend, dass dieser meine Vorfahrt missachtet, habe ich relativ scharf gebremst und bin gestürzt. Allerdings hat der Autofahrer rechtzeitig angehalten, so dass mein Bremsmanöver und damit auch mein Sturz völlig unnötig waren.
Hier wäre ich nie auf die Idee gekommen, meinen Schaden (zerrissene Hose wink.gif ) dem Autofahrer anzulasten. Ich war für dieses Ereignis einfach selbst verantwortlich.

Gruß

Nerari
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Bonsai-Brummi
Beitrag 19.04.2007, 12:24
Beitrag #9


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Zitat (Nerari @ 19.04.2007, 13:14) *
Immerhin war es im beschriebenen Fall ...

Mag sein, Nerari,
mir sind eher Sätze wie dieser ins Auge gestochen:
Zitat
Ein Sonntag, schönes Wetter, eine beliebte Motorradstrecke - die jährlich ihrer Gefahren wegen Todesopfer fordert -, eine Maschine, die in 7,4 Sekunden auf 200 km/h beschleunigt. Dies alles begünstigt eine Stimmung, die jeder Autofahrer an jedem schönen Wochenende bei zahllosen Motorradfahrern beobachten kann.

Solche Ausführungen in einem Gerichtsurteil klingen imho halt arg nach Vorurteil... sad.gif

lg
c.s.
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Nerari
Beitrag 19.04.2007, 12:40
Beitrag #10


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Zitat (Bonsai-Brummi @ 19.04.2007, 13:24) *
Solche Ausführungen in einem Gerichtsurteil klingen imho halt arg nach Vorurteil... sad.gif

Mag sein, BB, und ich will auch gar nicht behaupten, dass der Radfahrer in diesem Fall vielleicht eine Mitschuld hat. Allerdings gilt im Recht der Grundsatz: In dubio pro reo, und der Beklagte war hier der Radfahrer, der angeblich zu schnell aus dem Waldweg kam.

Gruß
Nerari
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ts1
Beitrag 19.04.2007, 12:41
Beitrag #11


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Man kann aus dem Urteilstext schon Vorurteile herauslesen.

Aber was ist denn wirklich passiert?
Es handelte sich um eine Zivilklage, die Klägerseite ist in der Beweispflicht.

Motorradfahrer haben wegen eines Radfahrers gebremst und sind zu Fall gekommen. Es gab keine Kollision.
Ein unabhängiger Zeuge - selbst Motorradfahrer! - entlastet den Radfahrer. Die Vollbremsung und Sturz waren dem Zeugen zufolge unnötig.

Dem Motorradfahren ist halt eine Gefahr zu Eigen. Soll man die nun einem Radfahrer anlasten, der unabhängigen Zeugen zufolge für die Überreaktion nichts konnte? think.gif
Wenn auf einmal eine B747 in 20m Höhe einschwebt, dann greif ich wohl auch vor Schreck unkontrolliert in die Bremsen und mag Sekundenbruchteile später auf der Nase liegen.
Aber der Vergleich der Betriebsgefahren geht zugunsten des Radlers aus, dem ein Fehlverhalten nicht nachgewiesen werden konnte.


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MfG Thomas
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cheffe
Beitrag 19.04.2007, 12:45
Beitrag #12


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Zitat (svenrd03 @ 19.04.2007, 09:59) *
Dies alles begünstigt eine Stimmung, die jeder Autofahrer an jedem schönen Wochenende bei zahllosen Motorradfahrern beobachten kann. Hier beherrscht häufig die Technik den Menschen und nicht umgekehrt, zumal die streitgegenständliche Maschine 251 kg wiegt.

Um Gottes Willen, was für ein Müll. wallbash.gif

Ich kann als beliebiger Verkehrsteilnehmer (Auto, Motorrad, Fahrrad, Blades, zu Fuß, ...) an beliebigen Tagen eher bei zahllosen Autofahrern beobachten, wie die Technik den Menschen beherrscht. Auf gut Deutsch: Es fahren wesentlich mehr unfähige Autofahrer als unfähige Motorradfahrer herum. wink.gif

Alleine schon aus Selbstschutz kennen die meisten Motorradfahrer sehr gut ihre Grenzen.


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Leben und leben lassen....

Ich weiß, daß ich nichts weiß. (Sokrates)
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blue0711
Beitrag 19.04.2007, 12:52
Beitrag #13


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Zitat (Nerari @ 19.04.2007, 13:14) *
Immerhin war es im beschriebenen Fall einem anderen Motorradfahrer ohne weiteres möglich, anzuhalten. Es gibt also durchaus auch Anhaltspunkte dafür, dass der Sturz nicht vom Radfahrer verursacht war. Wie heißt es im Urteil so schön: Die zulässigen 100 sind eine Maximalgeschwindigkeit. Wieso sollte hier also der Beklagte dafür verantwortlich sein, wenn sich der Motorradfahrer erschreckt, unnötig scharf bremst und stürzt?
Mag sein, aber das ist nicht die brisante Problematik dieses Urteils, dass, oh Schreck, oh Grauss, schon als Grundsatzurteil gehandelt wird.

Hier wird Betriebsgefahr in einen dermassen weiten Begriff verwandelt, dass alleine der Umstand, das Motorrad in Bewegung zu setzen, bereits jeglichen Anspruch auf Schadenersatz oder gar Schmerzensgeld negiert, sofern der Unfallgegner nicht mit aussergewöhnlich hohem Verschulden beteiligt war.
DAS macht Motorradfahrer aber zum Freiwild.

Betriebsgefahr auf Grundlage von allgemeinen Unfallstatistiken zu definieren ist hanebüchen, da diese nicht nur die Gefahr des Inbetriebsetzens, sondern eben auch schuldhafte Handlungen anderer VT enthalten. Letztere sind aber eben gerade nicht Bestandteil der Betriebshaftung.

Und bei solchen Sätzen
Zitat
Das Gericht geht sicherlich nicht fehl in der Annahme, dass diese Dinge auch vorliegend eine Rolle gespielt haben: Ein Sonntag, schönes Wetter, eine beliebte Motorradstrecke - die jährlich ihrer Gefahren wegen Todesopfer fordert -, eine Maschine, die in 7,4 Sekunden auf 200 km/h beschleunigt. Dies alles begünstigt eine Stimmung, die jeder Autofahrer an jedem schönen Wochenende bei zahllosen Motorradfahrern beobachten kann. Hier beherrscht häufig die Technik den Menschen und nicht umgekehrt, zumal die streitgegenständliche Maschine 251 kg wiegt.
krieg ich Wutanfälle.
Nach dieser Argumentation sind (wohlgemerkt gerichtsfest) alleine durch die Benutzung des jeweiligen Fahrzeugs:
- Geländewagenfahrer = Kindermörder. Jeder Unfall mit Kind und SUV müsste ohne Prüfung als billigend in Kauf genommene schwere Körperverletzung verfolgt werden.
- Sportwagenfahrer = dasselbe wie Motorradfahrer, erst mal schuld, wenn der andere es nicht masslos übertrieben hat.
- tbc.
Stammtischparolen im Landgericht? blink.gif ranting.gif

Ich würde vorschlagen, eine erkleckliche Menge an Motorradfahrern zusammenzubringen, die den Taunus zwei Tage lang mit der aus diesem Urteil resultierenden notwendigen Geschwindigkeit befährt: max. 20 km/h. Die Tour sollte vielleicht noch einen Abstecher am Landgericht vorbei machen, mit Hupkonzert (natürlich nur, um vor der schröcklichen Gefahr der Existenz eines Motorradfahrers zu warnen)
Jeder sollte dabei mehrere Kopien des Urteilstextes mit den hervorgehobenen Passagen für interessierte Passanten sowie die Polizei bereithalten.

Vor kurzem wurde eine Richterin wegen IMHO wesentlich weniger fragwürdigem Argumentieren suspendiert.

Gruss
kai


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Gruß Kai
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Bonsai-Brummi
Beitrag 19.04.2007, 12:53
Beitrag #14


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Zitat (cheffe @ 19.04.2007, 13:45) *
Alleine schon aus Selbstschutz kennen die meisten Motorradfahrer sehr gut ihre Grenzen.

Glaub' ich unbesehen, cheffe, einzelnen (!) Vorkommnissen zum Trotz;
und:
Diese Grenzen sind wohl, ähnlich wie bei anderen "engagierten" VT aller Couleur, oft höher gesteckt als Otto Normalfahrer glauben mag...
Imho das gleiche Phänomen wie bei Sprinter & Co.:
Da ist jemand unterwegs, der sein Fahrzeug gut beherrscht (und nicht dieses ihn!) und aufgrunddessen manches Manöver vollführt, bei dem einem unbedarften Beobachter schon mal Hören und Sehen vergeht... biggrin.gif

lg
c.s.
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ts1
Beitrag 19.04.2007, 13:03
Beitrag #15


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Zitat (blue0711 @ 19.04.2007, 13:52) *
Und bei solchen Sätzen
Zitat
...Hier beherrscht häufig die Technik den Menschen und nicht umgekehrt, zumal die streitgegenständliche Maschine 251 kg wiegt.
krieg ich Wutanfälle.
Das Gericht hat doch Recht. Wer lag denn auf der Fresse, hat die Technik nicht beherrscht?
251kg bei 80km/h sind halt eine andere kin.Energie als die (realistisch) 20km/h bei (realistisch) 15kg Fahrrad.

Ob das Gericht auch noch zu Ungunsten des Moppedfahrers urteilt, wenn ein Brummifahrer seelenruhig ohne zu schauen mit seinem Kieslaster auf die Hauptstraße einbiegt und die Moppedfahrer sich lieber der Gefahr aussetzen, bei einer Notbremsung auf dem verstreuten Kies auszurutschen, statt in den Aufbau des Lkws hineinzuknallen, bleibt abzuwarten.


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blue0711
Beitrag 19.04.2007, 13:13
Beitrag #16


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@ts1: Gruselig ist an dem Satz, dass hier alleine die Tatsache der hohen Leistung der Maschine bereits als Quasi-Beweis angesehen wird, dass der Fahrer das nicht beherrscht.

Dem LKW-Fahrer gegenüber dürfte in dieser Logik sicher ein anderes Urteil entgegenstehen, denn die grosse Masse dieses Fahrzeugs ist ja unmöglich zu beherrschen.

Was mich aufregt, ist nicht die Einzelfallentscheidung, die, wie ich schon sagte, aus den Umständen heraus durchaus als gerechtfertigt erscheint. Mich gehen die Grundsatzaussagen an, die über diesen Einzelfall hinaus Gültigkeit beanspruchen und scheinbar auch schon erfahren.

Hätte die Begründung dem Sinne nach schlicht gesagt, dass die Vollbremsung selbst aus Unaufmerksamkeit nötig war und das geringe Fehlverhalten des Radfahrers alleine eine solche Reaktion bei aufmerksamer Fahrweise nicht nötig gemacht hätte, so hätte ich keinen Pieps gesagt.

Die vorliegende Argumentation macht jedoch auch jeden anderen Motorradfahrer per Definition zu einem Unfähigen bzg. der Beherrschung seines Fahrzeugs, unerheblich, ob er es konkret beherrscht hat oder nicht.

Die alte Stammtischleier: Wer auf die Schnauze fliegt, ist schuld, egal was war.
DAS kann aber so nicht perse sein.

gruss
kai


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Uwe W
Beitrag 19.04.2007, 13:13
Beitrag #17


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Die Argumentation des Gerichts ist in der Tat völlig hanebüchen: hier liegt ja wohl eindeutig eine Vorfahrtverletzung des Radfahrers vor, der aus einem Waldweg kam. Auch wenn ein aufmerksamer Motorradfahrer den Sturz hätte vermeiden können (ABS hätte es wohl auch!), liegt damit ein Mitverschulden des Radfahrers vor: eine Vorfahrtmissachtung liegt ja bereits vor, wenn der Vorfahrtberechtigte wesentlich behindert wird. Hier musste aber anscheinend bereits der dritte Fahrer der Gruppe auf 0 abbremsen, um eine Kollision zu vermeiden.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Hat dieser nur deshalb auf 0 runtergebremst, um nicht über die gestürzten Motorradfahrer zu fahren?


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"Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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blue0711
Beitrag 19.04.2007, 13:17
Beitrag #18


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Nö, er hat ja nach gerichtlich anerkannter Aussage als erster gebremst.

Gruss
kai


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Uwe W
Beitrag 20.04.2007, 14:35
Beitrag #19


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In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist meines Wissens geklärt, dass eine Vorfahrtverletzung bereits dann vorliegt, wenn der Vorfahrtberechtigte bremsen muss, um einen Unfall zu vermeiden.
Ist er nur gezwungen, als PkW-Fahrer den Fuss vom Gas zu nehmen, so soll es sich demgegenüber um eine unwesentliche Behinderung handeln, die der Wartepflichtige verursachen darf.

Da die Motorbremse bei Motorrädern wegen ihres geringeren Gewichts besser wirkt als bei PkW's, ist in jedem Fall von einer mehr als unwesentlichen Behinderung auszugehen, wenn ein vorfahrtberechtigter Motorradfahrer nicht nur das Gas zumachen, sondern auch bremsen muss.

Muss dieses auch ein Motorradfahrer in der dritten Position einer Gruppe, so liegt in solchen Fällen gegenüber dem Fahrer an der Spitze in jedem Fall eine ganz erhebliche Vorfahrtverletzung vor.

Insofern ist es für mich völlig unverständlich, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wurde.

Es kann doch nicht sein, dass die Vorfahrtverletzung eines Radfahrers gegenüber der Betriebsgefahr einer Hayabusa keine Rolle mehr spielt.

Vollen Schadensersatz werden die Motorradfahrer aber nicht bekommen, da sie
- erstens zu spät gebremst haben
- zweitens überbremst haben: ein Sturz ist zum Verzögern eines Motorrads grundsätzlich weniger geeignet als eine kontrollierte Vollbremsung
- drittens die Betriebsgefahr (vielleicht?) eine Rolle spielt.

Zwar spielt die Betriebsgefahr gegenüber Vorfahrtverletzungen keine Rolle, wenn man sich auf einer Vorfahrtstraße bewegt. Hier würde ich sie aber insofern berücksichtigen, als der Sturz objektiv nicht nötig war und bei einem Möppi mit ABS zu vermeiden gewesen wäre. D.h. wenn man das Überbremsen als schuldlose Schreckreaktion ansieht, sollte man einen Motorradsturz infolge Überbremsen im Rahmen der Betriebsgefahr berücksichtigen.

Wenn der neutrale Zeuge auf seinem Möppi nur 15 Meter hinter der Hayabusa fuhr, sollte es aber überhaupt keine Rolle spielen, dass man mit dem Falken in weniger als 8 Sekunden von 0 auf 200 kommt.
Ebenso sollte es keine Rolle spielen, dass Motorräder vorwiegend als Freizeitgeräte benutzt werden: der Radfahrer war ja am Sonntag im Hochtaunus wohl auch nicht auf dem Weg zur Arbeit.

Ich denke jedenfalls, dass der Motorradfahrer vorliegend 50% Schadensersatz beanspruchen könnte.


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"Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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Coyota
Beitrag 20.04.2007, 15:55
Beitrag #20


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Zitat (Uwe W @ 20.04.2007, 14:35) *
Ebenso sollte es keine Rolle spielen, dass Motorräder vorwiegend als Freizeitgeräte benutzt werden: der Radfahrer war ja am Sonntag im Hochtaunus wohl auch nicht auf dem Weg zur Arbeit.


clapping.gif

Ich suche immer Parallelen bezüglich der Betriebsgefahr mit anderen Fahrzeugen. So finde ich Neraris Fahrradbeispiel schon recht passend. Wenn man den Fall so konstruiert, daß ein Auto aus einer Einfahrt den Radweg quert und ein Rennradler auf Trainingsfahrt zu stark bremst und stürzt. Ein Mountainbiker hinter diesem kann noch ohne Sturz oder Kollision zum Stehen kommen. Der Radler geht bezüglich seines Schadens und seiner Verletzungen leer aus, da er ja

1. aus Freizeitvergnügen unterwegs war
2. ein zweiter (vielleicht im Alltag optimal trainierter) Radler noch sturzfrei bremsen konnte.
3. der Rennradfahrer durch Leichtbau, Sitzposition, damit erreichbare Höchst-Geschwindigkeit und schmale Reifen viel leichter stürzt, als der Mountainbiker (obwohl er beim Unfall nicht schneller war, als der Mountainbiker, es reicht, daß er es prinzipiell könnte).

Das fände ich ebensowenig gerecht, wie den Fall des Motorradfahrers oben.

Einen weiteren Fall kann man konstruieren mit einem Oldtimer. Ein Alfa GTV 6 2.5 Bj.1980, 200 Spitze, Beschleunigung dürfte auch nicht von schlechten Eltern sein, Saisonkennzeichen, wird nur für Oldtimertreffen bewegt. Der fährt jetzt von so einem Treffen kommend statt des Motorrades durch den Wald und muß wegen des querenden Radlers bremsen. Ohne ABS, EPS und mit den eher schlechten Bremsen der damaligen "Epoche" kommt er ins Schleudern und knallt gegen einen Baum. Der Mercedes A-Klasse dahinter schafft es mit einer Vollbremsung noch zum Stehen zu kommen.

Der Oldtimerfahrer sieht für seinen Schaden und seine Verletzungen keinen Pfennig, weil er

1. aus Freizeitvergnügen unterwegs war
2. der moderne KA ja ohne Unfall zum Stehen kam
3. der Alfa hochmotorisiert und als "Rennwagen" ausgelegt ist.

Wenn man dieses Urteil mal weiterdenkt auf andere Straßenbenutzer, dann sehe ich sehr sehr schwarz!!! Vermutlich ist es dann irgendwann doch das kleinere Übel, keine Vollbremsung mit Sturzgefahr hinzulegen, sondern mit dem Risiko den Radler noch zu erwischen lieber etwas vorsichtiger zu bremsen.

Gruß von COYOTA thread.gif


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Gast_K1200S_*
Beitrag 13.06.2007, 07:21
Beitrag #21





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Inzwischen wurde das Urteil in der Berufungsverhandlung kassiert.
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Gast_BAB3_*
Beitrag 13.06.2007, 08:01
Beitrag #22





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Zitat (K1200S @ 13.06.2007, 08:21) *
Inzwischen wurde das Urteil in der Berufungsverhandlung kassiert.

Zu dem Urteil des OLG kann man nur clapping.gif
Und wie das ganze von statten ging zeugt davon, dass man offensichtlich in den höheren Etagen der deutschen Gerichtsbarkeit etwas mehr Menschenverstand besitzt (ich sag nur Scheidungsurteil AG Frankfurt)
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herr b
Beitrag 16.06.2007, 20:02
Beitrag #23


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ich musste lachen als ich alles gelesen habe. da kann man doch sehen das die deutsche rechtsprechung ein am brett hat!!!
solche idioten die so etwas von sich geben sind auch noch richter... für mich gehören die auf den marktplatz öffentlich ge****
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