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> Klagen über Knöllchendienst, "Knöllchen"-Firma Securitas erneut in der Kritik
cowgirl
Beitrag 07.10.2006, 08:55
Beitrag #1


Neuling
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"Strafzettel: Autohalter kritisieren übereifriges Vorgehen der Privatkräfte der Firma „Securitas“ – Stadt hat Vertrag mit Hilfspolizisten verlängert – Zahl der Verwarnungen hat zugenommen" (...) (Echo Online, 04.10.06)

http://www.echo-online.de/suedhessen/templ....php3?id=402540




Zur Erinnerung:

Der Magistrat von Frankfurt a.M. beschloß im Sep. 1999, den Vertrag mit Securitas nicht zu verlängern und wieder auf städtische Beamte zurückzugreifen. So war in der Frankfurter Rundschau vom 30.09.1999 folgendes zu lesen:

„Die Grundlage der Entscheidung war ein Gutachten, daß der Arbeit der privaten Hilfspolizei ein vernichtendes Zeugnis ausstellt.“ (...) „Für 1998 wurde eine Wirtschaftlichkeits-Untersuchung angestellt“. (...) Danach erzielte die Hilfspolizei in diesem Zeitraum Einnahmen von 12,873 Millionen Mark. Dem standen aber Ausgaben gegenüber, die um 104227 Mark höher waren. Allein die Personalkosten für die Leiharbeitnehmer betrugen 6,653 Millionen Mark.“ (...) Die Expertise rügt, daß die privaten Hilfspolizisten weder die Ausbildung noch die Erfahrung besäßen, um sich „bürgerfreundlich“ zu verhalten und bei den Bürgern „verkehrserzieherische Erfolge“ zu erreichen. Außerdem gebe es andere „qualitative Schwächen“ der privaten Hilfspolizisten. Es komme zu „fehlerhaft aufgenommenen Anzeigen“ durch falsch abgelesene Autokennzeichen und Eingabefehler in das mobile Datenerfassungsgerät, daß jeder Hilfspolizist bei sich trägt. Auch hätten die privaten Einsatzkräfte Verkehrsschilder fehlinterpretiert, Parkscheine und Ausnahmegenehmigungen seien nicht sorgfältig genug überprüft worden."




Hessische Gerichtsurteile/-entscheidungen zum Thema:

„Die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten ist eine typische Hoheitsaufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns.“ (OLG Frankfurt a.M., Az.: 2Ss OWi 388/02, veröffentlicht in Hessisch Niedersächsische Allgemeinen, 07.11.03)


(...) "Das „Knöllchen“-Urteil

Vor dem Frankfurter Amtsgericht hatte der Nachtbar eines selbst ernannten Hilfspolizisten geklagt, weil dieser ihn wegen „falsch parken“ angezeigt hatte und damit Bußgeld fällig wurde. Die Klage hatte Erfolg.
In der Urteilsbegründung heißt es hierzu: „Ein Privater, der nicht nur in Einzelfällen als gewöhnlicher Zeuge Ordnungswidrigkeiten zur Anzeige bringt, sondern die zuständigen Behörden in einer Regelmäßigkeit wie im vorliegenden Fall zur Einleitung von Bußgeldverfahren veranlasst, nimmt eine Stellung ein, die der eines Verwaltungshelfers ähnelt.“ (...) „Eine Übertragung dieser Tätigkeit auf Private sieht das Gesetz nicht vor.“, so die Rechtsspechung des Amtsgerichts (Az.: 973 OWi 213 Js-OWi 2377/03-2022, veröffentlicht in Frankfurter Rundschau, 15.11.03) (...)



Und noch ein Urteil aus Berlin hierzu:

Beschluß des Kammergerichts Berlin zur Parkraumbewirtschaftung durch Private:

"Die Aufnahme eines Sachverhaltes durch private Unternehmen im Rahmen der Überwachung des ruhenden Verkehrs unterliegt hinsichtlich der Verwertbarkeit in einem anschließend durchgeführten Verfahren der Ordnungsbehörde einem Beweiserhebungs- und daraus folgend einem Beweisverwertungsverbot."
(Quelle: Kammergericht, Beschluß v. 23.10.1996 - 2 Ss 171/96 3 Ws (B) 406/96 304 a OWi 467/96)



Fazit: In Hessen läuft in Hinblick auf private Parkraumbewirtschaftung genau das, was in Berlin bereits vor zehn Jahren gerichtlich unterbunden wurde. Securitas, ein Fall für hessische Gerichte?! rofl1.gif
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kolkus
Beitrag 07.10.2006, 16:25
Beitrag #2


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Die aktuelle Firma, die in grauen Uniformen in Frankfurt unterwegs ist, ist zur Zeit aber nicht die Securitas, sondern eine andere Firma.


Das dürfte den "Erwischten" jedoch herzlich egal sein.


In Darmstadt ist anscheinend die Securitas unterwegs. die erfahrungen dürften sicherlich die gleichen sein...
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cowgirl
Beitrag 07.10.2006, 20:11
Beitrag #3


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Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich selbst bin keine - von diesen Berufsdenunzianten - betroffene Bürgerin. Ich beobachte die Entwicklungen in diesem Bereich, die Privatisierung öffentlicher Überwachungs- und Kontrollaufgaben, die damit verbundenen Angriffe auf das staatliche Gewaltmonopol, seit geraumer Zeit und mit großer Sorge. Vorbehalte scheinen sich diesbezüglich zu bestätigen.

Auch in Dreieich, Langen und Neu-Isenburg (alle Südhessen) soll die Firma Securitas im Auftrag der Stadtverwaltungen Knöllchen verteilen, so wird berichtet.
In Frankfurt a.M. und Taunusstein gehen die Stadtverwaltungen wegen “Rechtsbedenken“ gegenüber dem “Securitas-Modell“ nun neue Wege: Angestellte von Sicherheitsfirmen werden als Leiharbeitnehmer zu Hilfspolizisten bestellt und sind fortan “beliehene Amtsträger“ dieser Stadtverwaltungen, mit den dazugehörigen Befugnissen und städtischen Uniformen. Frankfurt a.M. hat nun einen Vertrag mit der Sicherheitsfirma WISAG.
In der Zeitung war zu lesen: „Ob eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses erfolgen wird, hänge von der Bewährung des Systems und von der Anzahl der festgestellten Ordnungswidrigkeiten im Stadtbereich von Taunusstein ab. Der Magistrat habe sich für eine Verstärkung im Ordnungsamt auf dieser Basis ausgesprochen, weil keine Personalbeschaffungs-, Ausbildungs-, Lohnfortzahlungskosten im Urlaub und im Krankheitsfall sowie Bekleidungskosten entstehen. Mit der Leiharbeitnehmer-Firma werde die zusätzliche Kraft auf Stundenbasis abgerechnet und der Einsatz in blau-grauer Uniform mit Wappen der Stadt Taunusstein erfolgen (Wiesbadener Kurier, 30.12.04).

Ich gehe davon aus, dass eine Klage gegen das “rein private“ Securitas-Modell Erfolg haben wird – es wäre nicht das erste mal, dass eine Einzelklage in diesem Bereich von Erfolg gekrönt ist. Zur Erinnerung: In Nord- und Südhessen mussten deswegen bereits „private Geschwindigkeitsmessungen“ eingestellt werden.
Ob ein vom Securitas-Modell betroffener Autofahrer “Kapazitäten“ frei hat wird sich herausstellen. Ich denke, der Echo-Artikel könnte diesem Ansinnen Vorschub geleistet haben!

Vor einiger Zeit hatte ich diesbezüglich Anfragen an ADAC und AvD gerichtet. Wie stehen die Verbände zur Diskrepanz zwischen Rechtssprechung und Praxis??? Leider habe ich nie eine Antwort erhalten.

Übrigens: Kürzlich wurde Securitas - i.V.m. einem öffentlichen Auftrag - in Schweinfurth “aus dem Verkehr gezogen“. Hieran wird deutlich, dass sich der Branchenprimus der Sicherheitswirtschaft und Bürgermeisterämter nicht alles erlauben können; Geld sparen bzw. Geld verdienen auf kosten der Bürgerinnen und Bürger werden Grenzen gesetzt!

http://www.sw-express.de/swex/news/detail....;kategorie=news



Viele Grüße

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cowgirl
Beitrag 09.10.2006, 08:38
Beitrag #4


Neuling
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Aktuell: Private Knöllchenschreiber im "rechtlichem Niemandsland"/Buchtipp und Buchrezension zum Thema

In der neuen Ausgabe der Verbandszeitung des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsdienste (BDWS), dem auch Securitas Deutschland angehört, ist eine Buchrezension erschienen.


Der Sicherheitsdienst (DSD, Heft 2-3 2006):

Reinhard Rupprecht*: Der Kommentar zum Buch von Inga Mohrdieck "Privatisierung im Bereich öffentlicher Verkehrräume - Verkehrsüberwachung und Sicherung des öffentlichen Raumes durch private Sicherheitsdienste" action-smiley-036.gif

http://www.bdws.de/cms/DSD/2-3-06/20.pdf



*Reinhard Rupprecht ist Ministerialdirektor (MinDir) a.D. und Berater von Securitas Deutschland
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