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> Neueste Meldung!, Urteil im A5-Prozess ("Turbo-Rolf")
Gast_Neuling_*
Beitrag 15.03.2004, 21:24
Beitrag #121





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Durchrütteln eventuell, aber nicht von der Straße pusten.

Mir ist es auch einmal passiert, dass ich den halben Grünstreifen mitnehmen musste.

Das warum ist eine andere Geschichte. Ich sage nur soviel: Manche Leute haben weder Rückspiegel noch Blinker.

Grüße
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Jack Daniels
Beitrag 15.03.2004, 21:45
Beitrag #122


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Zitat (Arne @ 15.03.2004, 16:17)
in irgendeinem Pressebericht stand mal, daß der Überholer versucht hätte den Kia halb auf dem Grünstreifen zu überholen (inwieweit das stimmt sei mal dahingestellt).

Das war eine Zeugenaussage,vermutlich die Entscheidende.Dieses über den Grünstreifen ziehen könnte auch bedeuten das er im letzten Moment einen Zusammenstoss vermeiden konnte und nach links ausgewichen ist weil er schlicht zu spät bremste.Stellt sich die Frage warum nicht rechst vorbei?Wäre doch sicherer gewesen,wenn die rechte Spur frei ist.
think.gif Warum musste ich in ca 20 Jahren noch nie über den Grünstreifen weil vor mir einer raus ist?Vermutlich weil ich bei merkwürdigen Situationen nicht bis zum letzten Moment das Bodenblech verbeule sonder auch mal vom Gas gehe und mich der Sache vorsichtig nähere.
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Commodore25E
Beitrag 15.03.2004, 21:55
Beitrag #123


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Zitat (Jack Daniels)
Warum musste ich in ca 20 Jahren noch nie über den Grünstreifen weil vor mir einer raus ist?Vermutlich weil ich bei merkwürdigen Situationen nicht bis zum letzten Moment das Bodenblech verbeule sonder auch mal vom Gas gehe und mich der Sache vorsichtig nähere.


Heute sieht man doch auf der linken Spur der Autobahn doch nur noch Gas/Bremse.
Ist auf der linken Spur jemand langsamer, wird mit unverminderter Geschwindigkeit "draufgehalten", um dann wenige Wagenlängen hinter dem langsameren VT "in die Eisen zu steigen", satt vorher das Gas wegzunehmen.
Es könnte sich ja noch einer dazwischenquetschen!!!
Kann man jeden Tag vielfach erleben.


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Gast_Uwe K._*
Beitrag 15.03.2004, 22:07
Beitrag #124





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Zitat (Jack Daniels @ 15.03.2004, 21:45)
Warum musste ich in ca 20 Jahren noch nie über den Grünstreifen weil vor mir einer raus ist?Vermutlich weil ich bei merkwürdigen Situationen nicht bis zum letzten Moment das Bodenblech verbeule sonder auch mal vom Gas gehe und mich der Sache vorsichtig nähere.

Das frage ich mich, wenn ich manche Beiträge hier lese, auch. Fahre ich vielleicht seit 1979 wie ein alter Greis und merke es einfach nicht..... think.gif laugh.gif laugh.gif whistling.gif
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Commodore25E
Beitrag 15.03.2004, 22:12
Beitrag #125


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Zitat (Uwe Kusnezow)
Fahre ich vielleicht seit 1979 wie ein alter Greis und merke es einfach nicht.....  think.gif  laugh.gif  laugh.gif  whistling.gif   


Achtung, nicht zu sehr outen, sonst biste Oppa Hut und wirst aus'm Verkehr geschubst!! laugh.gif

Aber Recht haste...


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manfredTW
Beitrag 03.11.2004, 13:24
Beitrag #126


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Aus der "Thüringer Allgemeine":


Revision zurückgezogen


KARLSRUHE. Die Bewährungsstrafe gegen den als Raser
und Drängler verurteilten Versuchsingenieur von
DaimlerChrysler ist rechtskräftig. Der Angeklagte habe seine
Revision gegen die Verurteilung zurückgenommen, teilte das
Landgericht Karlsruhe gestern mit. Das Gericht hatte die zur
Bewährung ausgesetzte Haftstrafe wegen fahrlässiger
Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger
Tötung in zwei Fällen in zweiter Instanz auf ein Jahr
abgemildert. Der Führerschein wurde ihm für ein Jahr
entzogen.

Das Amtsgericht Karlsruhe hatte den Mann noch zu 18
Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Mercedes-Testfahrer
war im Juli 2003 auf der A 5 so dicht auf den Pkw einer Frau
(21) aufgefahren, dass sie das Steuer verriss und gegen
einen Baum prallte. Sie und ihre zweijährige Tochter waren
sofort tot.

02.11.2004
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GM_
Beitrag 21.10.2005, 23:57
Beitrag #127


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Hat jemand einen Link zur Urteilsbegründung ? LG Karlsruhe, Urt. v. 29.07.2004 – 11 Ns 40 Js 26274/03

Oder wie kommt man da am einfachsten dran ?

Habt ihr den ARD-Beitrag gesehen, der in letzter Zeit öfter kam: "Der Tag als ich zum Todesraser wurde." ?

Was haltet ihr heute davon: War es korrekt, dass Rolf Fischer verurteilt wurde ?
Reichen die Beweise für die Feststellung, dass er der Unfallfahrer war ?


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RA XDiver
Beitrag 22.10.2005, 00:02
Beitrag #128


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Zitat
Was haltet ihr heute davon: War es korrekt, dass Rolf Fischer verurteilt wurde ?
Reichen die Beweise, dass er der Unfallfahrer war ?


Bitte nicht wieder diese Debatte. Die wurde hier bereits seitenlang geführt (z.B. hier) und muss m.E. nicht wieder aufgewärmt werden.

Das Urteil ist leider nicht online aufzutreiben (außer vielleicht kostenpflichtig bei Juris).


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GM_
Beitrag 22.10.2005, 00:10
Beitrag #129


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Zitat (RA XDiver @ 22.10.2005, 01:02)
Bitte nicht wieder diese Debatte. Die wurde hier bereits seitenlang geführt und muss m.E. nicht wieder aufgewärmt werden.

Das Urteil ist leider nicht online aufzutreiben (außer vielleicht kostenpflichtig bei Juris).

Mein aktueller Anlaß, mich damit nochmals zu beschäftigen, war diese neue ARD-Doku. Damals wurde auch bei uns im rf viel diskutiert, wie wir heute wissen allerdings vielfach auf Basis falscher Presseberichte. Aber wir müssen das natürlich nicht aufwärmen.

Werde mal bei juris versuchen, was zu bekommen, danke.


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RA XDiver
Beitrag 22.10.2005, 00:12
Beitrag #130


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Ich habe die Doku auch gesehen und fand sie mal recht objektiv. Na gut, ich gehörte damals schon nicht zur "hängt ihn auf-Fraktion". tongue.gif


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Lexus
Beitrag 22.10.2005, 00:33
Beitrag #131


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Zitat (RA XDiver @ 22.10.2005, 01:02)
Das Urteil ist leider nicht online aufzutreiben (außer vielleicht kostenpflichtig bei Juris).

Ja, bei Juris ist das Urteil, es ist aber ellenlang und daher wahrscheinlich schlecht nach hierhin kopierbar. Ich hab keine Lust, es zu bearbeiten; soooo wichtig ist es nicht.

Es ist im übrigen abgedruckt in NJW 2005, 915 und NZV 2005, 274.


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Lexus
Beitrag 22.10.2005, 01:23
Beitrag #132


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Zitat
Berufungsurteil des LG Karlsruhe vom 29. Juli 2004, Az: 11 Ns 40 Js 26274/03 (Autobahnraser)


Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 16.02.2004 in der Rechtsfolge dahin

abgeändert, dass der Angeklagte zu einer

Freiheitsstrafe von einem Jahr

verurteilt wird.

Die verhängte Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein wird eingezogen.

Vor Ablauf von 12 Monaten darf die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens, jedoch wird die Gerichtsgebühr um 1/3 herabgesetzt. Er trägt seine

notwendigen Auslagen zu 2/3, zu 1/3 fallen sie der Staatskasse zur Last.

Ebenso trägt der Angeklagte die notwendigen Auslagen der Nebenkläger.


Gründe
 
I.

Der Angeklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 16.02.2004 - 2 Ls 40 Js 26274/03 - wegen fahrlässiger

Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und

6 Monaten verurteilt.


Im Übrigen - wegen des Vorwurfes der Unfallflucht - wurde der Angeklagte freigesprochen.

Dem Angeklagten wurde die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein wurde eingezogen. Die Verwaltungsbehörde

wurde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von 18 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20.02.2004, eingegangen beim Amtsgericht

Karlsruhe am selben Tag, Rechtsmittel eingelegt.

Die Nebenkläger ... haben mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 24.02.2004, eingegangen beim Amtsgericht Karlsruhe am

25.02.2004, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 04.05.2004 zurückgenommen.

Das Rechtsmittel des Angeklagten war nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist als Berufung zu behandeln.

Die Berufung hatte zum Teil Erfolg.


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Lexus
Beitrag 22.10.2005, 01:25
Beitrag #133


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Zitat
II.

Der zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung 35-jährige ledige Angeklagte wurde in M. geboren. Nach der Mittleren Reife

verpflichtete er sich für 8 Jahre zur Bundeswehr und erwarb im letzten Jahr dieser Zeit die Fachhochschulreife. Von 1994

bis 1999 studierte er an der Fachhochschule in Ulm mit dem Schwerpunkt Konstruktion. Die Diplomarbeit erarbeitete er bei

Daimler-Chrysler und erhielt anschließend dort eine Arbeitsstelle.

Er war tätig als Versuchsingenieur im Bereich der Fahrwerksabstimmung der S-Klasse, der aktiven Federung. Weiter im

Bereich der Abstands- und Sicherheitssysteme.

Dem Angeklagten ist von seinem Arbeitgeber unter Bezugnahme auf das Urteil erster Instanz zunächst gekündigt worden

und sodann ist auf dieser Grundlage ein Aufhebungsvertrag zum Ende Juli 2004 abgeschlossen worden, der eine

Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt vorsieht, es sei denn, dass der Angeklagte freigesprochen wird.

Der Angeklagte verdiente zuletzt monatlich 2.400 Euro netto.

Eine Anschlussarbeitsstelle hat der Angeklagte bisher nicht.

Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder. Er ist schuldenfrei.

Der Angeklagte ist seit 16 Jahren im Besitz des Führerscheins der Klasse 3. Er fuhr zuletzt etwa 40.000 bis 60.000 km

jährlich im öffentlichen Straßenverkehr und zusätzlich etwa 10.000 km jährlich auf Testgeländen.

Im Bundeszentralregister ist keine Eintragung enthalten.

Im Verkehrszentralregister ist folgende Eintragung enthalten:

Bußgeldbescheid der Bußgeldbehörde Kreis Reutlingen vom 14.05.2002, Datum der Rechtskraft: 30.09.2002, wegen

Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h bei zulässiger

Geschwindigkeit 100 km/h: 50 Euro Geldbuße. Tatzeit 18.04.2002.

Der Führerschein des Angeklagten befindet sich seit dem 02.09.2003 in amtlicher Verwahrung auf Grund des Beschlusses

des Amtsgerichtes Karlsruhe vom 25.08.2003 -7 AR 11/02 - gem. § 111 a StPO, mit dem die Fahrerlaubnis entzogen

wurde.


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Lexus
Beitrag 22.10.2005, 01:27
Beitrag #134


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Zitat
III.

In der Berufungsverhandlung hat die Kammer folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Angeklagte ... befuhr, mit eingeschaltetem Fahrlicht, am Montag, den 14.07.2003 gegen 6.00 Uhr als Fahrer des PKW

Daimler-Chrysler CL 600 Typ 215, Bi-Turbo-Coupé, ein Fahrzeug der S-Klasse, Leistung 350 (476) kw (PS), amtliches

Kennzeichen BB- ..., Farbe tansanitblau Metalliclack, mit einer Geschwindigkeit von etwa 200 bis 250 km/h die mit drei

Fahrspuren und einer Standspur versehene BAB 5 Karlsruhe Richtung Frankfurt in nördlicher Richtung.

Er war am Morgen von H. zum Betriebsgelände von Daimler-Chrysler in S. gefahren und nun auf dem Wege zur

Teststrecke von Daimler-Chrysler in Papenburg, die er am späten Vormittag erreichen wollte.

Nachdem er kurze Zeit auf der linken Spur fahrend hinter dem mit einem BMW 730 und mit etwa 200 bis 225 km/h

fahrenden Zeugen ... hinterher gefahren war, wechselte dieser bei gleichbleibender Geschwindigkeit auf die mittlere

Fahrspur und der Angeklagte beschleunigte und überholte ihn zügig.

Im Anschluss daran überholte der Angeklagte den auf der mittleren Fahrspur mit seinem Volvo V 70 mit etwa 200 km/h

fahrenden Zeugen ... Dieser war beim Herannahen des Daimler-Chrysler von der linken Fahrspur auf die mittlere Fahrspur

gewechselt.

Vor dem Zeugen ... fuhr auf der mittleren Fahrspur der mit den Zeugen ... und ... besetzte Ford Transit mit einer

Geschwindigkeit von etwa 120 km/h, der kurz zuvor einen auf der rechten Fahrspur fahrenden LKW überholt hatte.

Der Ford Transit war wiederum kurz zuvor von dem PKW Kia-Sephia, amtliches Kennzeichen KA-X … mit etwa 130 bis

150 km/h überholt worden.

Im Fahrzeug Kia befanden sich die 21-jährige Fahrerin ... ... und - auf dem Rücksitz angeschnallt - ihre 2 Jahre alte Tochter

...


Der Angeklagte, der auch das auf der linken Fahrspur fahrende Fahrzeug der ... ... überholen wollte, näherte sich etwa bei

km 615 in der Gemarkung W. von hinten dem PKW Kia und verzögerte dabei seine Geschwindigkeit, kurz auch mit einem

Bremsmanöver, von etwa 220 km/h auf etwa 184 km/h. Der Pkw Kia fuhr zu diesem Zeitpunkt mit 131 bis 154 km/h.

Der Abstand zwischen den Fahrzeugen hatte sich auf 22 m - bei einer Differenzgeschwindigkeit von 53 km/h - bis 13 m -

bei einer Differenzgeschwindigkeit von 30 km/h - verringert und reduzierte sich geschwindigkeitsbezogen laufend weiter.

Ein Aufprall des Daimler-Chrysler auf den vorausfahrenden Kia drohte bei gleichbleibenden Geschwindigkeiten nach etwa

1,5 Sekunden.

Dem Angeklagten war bewusst, dass er den erforderlichen Sicherheitsabstand bei weitem unterschritt. Wie er bei

gehöriger Sorgfalt auch ohne weiteres hätte erkennen können und müssen, verstieß er mit diesem Fahrverhalten in

besonders hohem Maße gegen geltende Verkehrsvorschriften. Er wollte die Zeugin ... zwingen, die linke Fahrspur

umgehend zu räumen und ihm so das Überholen zu ermöglichen. Ihm ging es hierbei ausschließlich um sein eigenes

schnelleres Vorwärtskommen; über die ihm in der konkreten Verkehrssituation obliegenden Pflichten als

Kraftfahrzeugführer und die Sicherheitsinteressen der anderen Verkehrsteilnehmer - insbesondere der Insassen den Pkw

Kia - machte er sich aus Gleichgültigkeit keine näheren Gedanken; Bedenken gegen seine aggressive Fahrweise ließ er in

sich von vornherein nicht aufkommen. Er fuhr unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflos.

Dadurch wurde - wie der Angeklagte bei gehöriger Sorgfalt ohne weiteres hätte erkennen können und müssen - Leib und

Leben der Insassen des vorausfahrenden PKW in hohem Maße konkret gefährdet. Die geringste eigene Fehlreaktion oder

die geringste Fehlreaktion der Fahrerin des Kia - etwa ein panikartiges Brems- oder Ausweichmanöver - oder auch ein

technischer Defekt des Kia mit einer daraus resultierenden Geschwindigkeitsverzögerung konnte zu einem

folgenschweren Unfall führen. Der Ablauf der Ereignisse wäre dann für den Angeklagten nicht mehr beherrschbar

gewesen.

Das Fahrmanöver des Angeklagten hatte auch tatsächlich zur Folge, dass die Fahrerin des PKW Kia ... ... ihren Pkw

ruckartig nach rechts lenkte, in Bestürzung und Schrecken wegen des sich ihr mit erheblicher Differenzgeschwindigkeit

nähernden Daimler-Chrysler und des geringen restlichen Abstandes zwischen den Fahrzeugen von 22 bis 13 m und der

sich daraus ergebenden Furcht vor einem Aufprall in nächster Sekunde auf ihren PKW.

Dieses geschwindigkeitsunangepasste Fahrmanöver und die sich daraus ergebende - jedenfalls subjektiv empfundene -

Instabilität des Fahrzeuges veranlasste die Fahrerin zu einer unmittelbaren, unkontrollierten, direkten Gegenlenkung nach

links, die wiederum dazu führte, dass das Fahrzeug außer Kontrolle geriet und mit einer Spurenzeichnung von ca. 105 m

nach rechts über die mittlere, rechte und Standspur in das angrenzende Waldgelände schleuderte, wo es bei km 615,664

gegen einen Baum prallte.


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Beitrag 22.10.2005, 01:28
Beitrag #135


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Zitat
Durch den Aufprall wurden sowohl ... ... als auch ihre 2-jährige Tochter ... so schwer verletzt, dass beide am Unfallort

starben.

Während des vorausgegangenen Schlenkers des Kia nach rechts und vor der Gegenbewegung nach links überholte der

Angeklagte mit seinem Fahrzeug stark beschleunigend und den linken 75 cm breiten Seitenstreifen zum Mittelstreifen hin

ausnutzend mit sehr geringem Seitenabstand den Kia und fuhr davon.

Die Pflichtwidrigkeit des Angeklagten war kausal für den tödlichen Unfall.

Die Reaktion der ... ... und die Folgen dieser Reaktion und ebenso die Folgen des Unfalles waren für den Angeklagten bei

Aufwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar.


IV.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen eigenen Angaben und auf den

Auszügen aus dem Bundeszentralregister und dem Verkehrszentralregister, die verlesen wurden.

Der Angeklagte hat sich in der Berufungsinstanz zur Sache wie folgt eingelassen:

Er habe den Unfall auf der BAB A5 bei W. nicht verursacht.

Er sei am Morgen des 14.07.2003 gegen 4.00 Uhr in H. in der Wohnung seiner Freundin, bei der er übernachtet habe,

aufgestanden und habe die Wohnung gegen 4.25 Uhr/4.30 Uhr verlassen. Er sei mit dem Daimler-Chrysler BB- ... nach S.

ins Daimler-Chrysler-Werk gefahren, um das Fahrzeug für die Fahrt nach Papenburg - zur Teststrecke von

Daimler-Chrysler - zu betanken. Gegen 5.20 Uhr sei er in das Werk gefahren, habe dort getankt, habe Front und

Seitenscheiben gereinigt und den Fahrersitz gesaugt.

Er habe dann das Werk verlassen und habe am Ausgang kurz wegen Gegenverkehr warten müssen.

Aus seinem Privatauto in einem Parkhaus auf der gegenüberliegenden Seite habe er eine CD aus dem Handschuhfach

holen wollen, sie sei aber nicht drin gewesen.

Er sei dann etwa um 5.30 Uhr/5.35 Uhr beim Parkhaus abgefahren.

Anschließend sei er bei der Anschlussstelle Sindelfingen-Ost auf die BAB A81 gefahren Richtung Leonberger Dreieck und

dann auf der A8 Richtung Karlsruhe.

Er sei etwa immer 20 km/h schneller gefahren als erlaubt gewesen sei. Soweit keine Geschwindigkeitsbegrenzung

vorhanden gewesen sei, sei er etwa 200 bis 220 km/h gefahren.

Beim Karlsruher Dreieck sei das Verkehrsaufkommen hoch gewesen. Er sei jeweils 20 km/h schneller gefahren als

erlaubt. Nach der Begrenzung auf 120 km/h sei er auf der A5 wegen des zähflüssigen Verkehrs mit maximal 160 km/h

gefahren.

Etwa 10 bis 15 km nach dem Karlsruher Dreieck habe er ein Fahrzeug mit Blaulicht vor sich gesehen. Als er näher

gekommen sei, habe er gesehen, dass es auf dem Standstreifen gefahren sei. Er selbst sei auf der linken Spur gefahren.

Auf der rechten Spur seien LKW hintereinander gefahren „wie eine Absperrwand“. Auf der Gegenfahrbahn sei ein massiver

Stau gewesen.

Weitere Feststellungen habe er nicht getroffen. Er habe keinen Unfall verursacht, eine entsprechende Situation habe es

nicht gegeben. Er müsse aber etwa „in dem Dreh“ dort gewesen sein.

In der Raststätte Siegerland habe er getankt und dort die Kollegen ... und ... getroffen. Wahrscheinlich sei ihm zu diesem

Zeitpunkt von dem schweren Unfall bei Karlsruhe erzählt worden. Es habe ihn aber nicht interessiert, da Unfälle öfters

passieren würden.

Gegen 12.00 Uhr sei er schließlich auf dem Testgelände in Papenburg angekommen. Am Nachmittag auf dem Testgelände

sei ihm während einer Fahrt schlecht geworden, wohl wegen einer starken Erkältung und weil er nichts gegessen habe. Es

sei richtig, dass kurz zuvor die Meldung gekommen sei, dass im Zusammenhang mit dem Unfall bei Karlsruhe auch ein

Fahrzeug der S-Klasse gesucht werde.

Der Unfall habe ihn dann in der Folgezeit viel beschäftigt, weil er eben „in dem Dreh“ dort gewesen sei.

Er habe sich auch mit ... im Büro eingeschlossen, um zu bereden, wie man sich verhalten solle, und er habe auch mit

einem Rechtsanwaltsbüro telefoniert.

Der Kollege ... habe gegen die Tür geschlagen, das sei nicht am Montag, sondern am Mittwoch gewesen.

Den Spitznamen „Turbo-Rolf“ habe er nicht wegen seiner Fahrweise, sondern deswegen, weil er hauptsächlich

Turbo-Fahrzeuge fahre.

Auf Vorhalt hinsichtlich seiner zeitlich sehr exakten Angaben bei der Polizei am 19.07.2003 - Tanken, Reinigen: 17 Minuten;

Ausfahrt gegen 5.37 Uhr; Abfahrt 5.40 Uhr/5.45 Uhr; Bereich Karlsruher Dreieck 6.25 Uhr „jetzt bin ich schon über zwei

Stunden wach“ - und den gegensätzlichen Angaben in der polizeilichen Vernehmung vom 22.07.2003 - Tanken, Scheiben

reinigen, Auto ruckzuck ausgesaugt (1 Minute) - hat der Angeklagte eingeräumt, dass seine ursprünglichen Angaben vom

19.07.2003 unwahr gewesen seien. Auch habe sich sein Zeitgefühl geändert.

Auf Vorhalt seiner Aussage vom 19.07.2003, nach der er die CD habe aus dem Kofferraum holen wollen, dieser aber zu

voll gewesen sei, gab er an, er habe im Handschuhfach die Schachtel der Kassette gesucht.

Auf Vorhalt seiner Angaben bei der Polizei am 22.07.2003, er sei zweimal an Ampeln in S. angehalten worden, gab er an,

das wisse er nicht mehr.

Auf Vorhalt hinsichtlich der unwahren Angaben zum zeitlichen Ablauf gegenüber den Kollegen in Papenburg, gab der

Angeklagte an, er habe die Fahrt zeitlich abschätzen wollen; auch die heutigen Angaben seien Schätzungen.

Der Angeklagte wiederholte mit seiner - oben dargestellten - Aussage weitgehend und nahezu wörtlich - was ihm

vorgehalten wurde - seine Angaben gemäß Protokoll der Hauptverhandlung erster Instanz vom 02.02.2004.


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Beitrag 22.10.2005, 01:29
Beitrag #136


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Zitat
V.

Die Kammer ist aufgrund der Beweisaufnahme der Berufungsinstanz überzeugt davon, dass der Angeklagte mit dem von

ihm gefahrenen Daimler-Chrysler BB- ... den oben dargestellten Unfall verursacht hat.

1. Zum Ablauf des Unfalles hat die Beweisaufnahme folgendes ergeben:

a) Der Zeuge ..., Betreiber eines Limousinen-Services, hat - unbeeidigt - bekundet, er habe am Morgen des 14.07.2003 von

Baden-Baden kommend und zum Flughafen Frankfurt/Main fahrend im Bereich der Anschlussstelle Karlsruhe-Durlach in

einer Baustelle einen schwarzen oder dunklen Daimler-Chrysler mit Kennzeichen BB überholt, bei dem ihm die beiden

rechts und links angeordneten Auspuffrohre aufgefallen seien, und er habe noch gedacht „so ein Auto und so langsam“.

Die Geschwindigkeitsbeschränkung sei anschließend aufgehoben worden und er habe auf der linken Spur fahrend Vollgas

gegeben. Sein Fahrzeug, ein BMW 730, habe eine Spitzengeschwindigkeit von etwa 225 km/h. Es habe sehr geringes

Verkehrsaufkommen geherrscht.

Hinter ihm sei der Mercedes - in gleicher Geschwindigkeit - gefolgt und er habe wegen der Fahrzeuge in der Mitte links

bleiben müssen.

Der Mercedes sei nicht aufgefahren und habe nicht geblinkt. Dann sei er in eine Lücke in der Mitte gewechselt und der

Daimler-Chrysler habe ihn überholt und er habe noch gedacht „da ist er ja, der Schwabe“. Er sei sich sicher, dass es sich

um dasselbe Fahrzeug gehandelt habe wie zuvor. Auch hinsichtlich des Kennzeichens sei er sich absolut sicher.

Er selbst sei über 200 km/h gefahren. Sein Tacho sei geeicht.

Der Daimler-Chrysler habe bei dieser Geschwindigkeit noch beschleunigt und ihn sehr zügig und flott überholt.

Weiter vor ihm etwa 250 bis 300 m entfernt sei, auch auf der mittleren Spur, ein Fahrzeug gefahren.

Vor ihm habe sich dann auf der linken Spur der Unfall ereignet. Er habe allerdings direkt den Unfallhergang nicht gesehen.

Der Mercedes sei jedoch genau in dem Augenblick in den Bereich hineingefahren, in dem der Kia in einer Entfernung von

500 bis 600 m voraus ausgebrochen sei. Das vorausfahrende Fahrzeug sei zeitgleich zur Annäherung des Mercedes nach

rechts „weggebrochen“, habe sofort einen Schlenker wieder nach links gemacht und sei dann nach rechts über die

Böschung in den Wald geschleudert und ein Baum sei auf die Fahrbahn gefallen. Ein drittes Fahrzeug sei dort nicht

gefahren.

Für ihn sei klar gewesen, dass das Fahrzeug übersteuert worden sei.

Er habe dann mit einer Vollbremsung auf ca. 20 km/h verzögert und habe sich dann entschlossen, dem Böblinger

nachzufahren, habe diesen jedoch nicht mehr erreicht.

Am Parkplatz des Flughafens Frankfurt habe er im Radio eine Meldung zum Unfall gehört und dass eine schwarze

E-Klasse gesucht werde. Er sei sich jedoch absolut sicher gewesen, dass es sich nicht um eine E-Klasse gehandelt habe.

Er habe E-Klasse-Fahrzeuge in seinem Fuhrpark, es sei ganz sicher keine E-Klasse gewesen. Es sei ein Fahrzeug der

S-Klasse gewesen.

Er habe hinsichtlich des BB-Kennzeichens und der beiden Auspuffrohre keine Zweifel.

Deswegen habe er bei der Polizei angerufen und die entsprechenden Mitteilungen gemacht.

Auch habe er sich eine handschriftliche Notiz gemacht. Er habe kurz zuvor an einem Sicherheitstraining teilgenommen und

dabei habe man ihm dies empfohlen.

Diese Notiz, die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen und verlesen wurde (Anl. IV z. Prot. v. 13.07.04), hat -

u.a. - folgenden Wortlaut:

„...S-Klasse, schwarz, BB-Kennzeichen, Auspuffrohre - und daneben sind zwei ovale Kringel gezeichnet - ich über 220 km,

überholt zügig, nicht aufgefahren, Unfallfahrzeug ruckartig nach rechts, sofort links und scharf nach rechts abgeschmiert

(übersteuert) in den Wald. Baum umgestürzt. LKW angehalten, 1 PKW, Kombi + ... PKW, wollte verfolgen, keine Chance.“

Kurze Zeit später, nach der Weiterfahrt vom Frankfurter Flughafen, habe er auf der BAB ein identisches Fahrzeug, einen

Daimler-Chrysler der S-Klasse vor sich fahren sehen mit BB-Kennzeichen und identischen Auspuffrohren.

Er habe das Kennzeichen in einem zweiten Telefongespräch der Polizei durchgegeben. Es habe sich um ein

entsprechendes Fahrzeug wie das Unfallfahrzeug gehandelt.

Auf Vorhalt seiner polizeilichen Aussage vom 14.07.2003, wonach er gesagt habe, die Auspuffrohre seien mit Sicherheit

nicht serienmäßig, er tippe eher auf einen Tuner oder Veredelung, gab der Zeuge an, ihm seien derartige Auspuffrohre

vorher nicht aufgefallen, deswegen habe er sie so bezeichnet.

Der von ihm telefonisch mitgeteilte, entsprechen aussehende Daimler-Chrysler habe aber exakt den gleichen Auspuff

gehabt.

Der Zeuge fertigte in der Hauptverhandlung eine Skizze (AS. 2355), die in Augenschein genommen wurde. Diese zeigt drei

ovale Kringel, etwa 3,5 x 1,5 cm. Der mit Ziff. 2 bezeichnete Kringel ist etwas weniger oval und mehr eckig mit

abgerundeten Kanten.

Der Zeuge erklärte dazu, die Rohre hätten eher wie bei Ziff. 2 ausgesehen. Er könne sich aber inzwischen daran nicht

mehr konkret erinnern. Ihm seien von der Polizei viele Modelle mit diversen Auspuffrohren auf Fotos gezeigt worden und er

habe dazu Erklärungen abgegeben.

Das Unfallfahrzeug habe jedenfalls die gleiche Auspuffanlage gehabt wie der von ihm telefonisch der Polizei gemeldete

Daimler-Chrysler.

Die Fotos des vom Zeugen benannten Vergleichsfahrzeuges BB- ... (AS. A 525) wurden in Augenschein genommen. Es

handelt sich um einen Daimler-Chrysler, S-Klasse, Coupé, mit jeweils einem serienmäßigen Auspuffendrohr rechts und

links.

Ebenso wurden in Augenschein genommen eine Seite des Fahrtenbuches des Zeugen ... (Anl. III z. Prot. v. 13.07.04) und

verlesen der Eintrag vom 14.07.2003, bei dem als Fahrtbeginn 5.15 Uhr eingetragen ist.


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Beitrag 22.10.2005, 01:30
Beitrag #137


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Zitat
Der Zeuge ... hat dazu in dem - im Einverständnis der Verfahrensbeteiligten verlesenen - Schreiben vom 12.07.2004 (AS

2383) erklärt, dass sich aus dem Fahrtenbuch mit 5.15 Uhr die tatsächliche Abfahrt von Baden-Baden ergebe.

Im Auftragsformular der BASF für diesen Tag sei zwar als Abfahrtszeit 05.30 Uhr angegeben, das ergebe sich aber daraus,

dass er die Fahrt gegenüber BASF so abrechnen müsse, als sei sie von Ludwigshafen erfolgt.

b) Hinsichtlich der Anrufe bei der Polizei hat der Zeuge PHK ... - unbeeidigt - bekundet, es sei bezüglich des Unfalles ein

Zeugenaufruf über Radio erfolgt.

Um 7.25 Uhr habe sich der Zeuge ... gemeldet und mitgeteilt, er sei Unfallzeuge. Ein Daimler-Benz, S-Klasse, schwarz,

Kennzeichen BB... mit auffälliger Auspuffanlage je ein ovales Auspuffrohr rechts und links sei Unfallverursacher. Er sei bei

selbst gefahrenen ca. 230 km/h schnell überholt worden. Der Unfall selbst sei für ihn nicht genau zu erkennen gewesen.

20 Minuten später habe sich der Zeuge noch einmal telefonisch gemeldet und mitgeteilt, vor ihm fahre ein Daimler-Benz

BB- ... . Es handele sich um exakt den gleichen Typ wie den Unfallverursacher.

Die Überprüfung habe ergeben, dass es sich dabei um einen Daimler-Chrysler, Kennzeichen BB- ..., S-Klasse, Typ CL

215 (Coupé) handelte.

c) Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei an dem Morgen von Weisenbach bei Baden-Baden losgefahren mit

Fahrtziel Hanau.

Im Bereich nach dem Dreieck Karlsruhe sei das Verkehrsaufkommen gering gewesen. Rechts seien einige Laster

gefahren.

Er sei mit seinem Volvo V 70 - der eine Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h habe - auf der linken Spur mit 200 km/h

gefahren. Von hinten habe sich auf der linken Spur schnell ein Fahrzeug genähert, das ihm schon früh aufgefallen sei, es

sei mit Licht gefahren. Er sei dann zur Mitte gewechselt.

Das Fahrzeug sei vorher nicht dicht aufgefahren. Auf Vorhalt seiner Aussage bei der Polizei am 14.07.2003 bezüglich einer

Annäherung auf 50 m bekundete der Zeuge, das sei so nicht richtig gewesen. Es seien sicher 200 m oder mehr gewesen.

Beim Näherkommen habe er festgestellt, dass es sich um einen Daimler-Chrysler wohl der E-Klasse gehandelt habe,

denn er habe beidseitig in der Frontpartie jeweils zwei ovale getrennte Scheinwerfer erkannt. Diese Art der Scheinwerfer

habe er der E-Klasse zugeordnet.

Vor ihm auf der linken Fahrspur sei der Kia mit etwa 120 bis 140 km/h, vielleicht auch schneller gefahren. Zum Zeitpunkt

des Überholmanövers des Daimler-Chrysler sei sein Abstand zu diesem Fahrzeug etwa 400 bis 500 m gewesen.

Er hätte sich diesem Fahrzeug während der Folgezeit bis zur Unfallsituation auf etwa 200 bis 300 m angenähert. Die

mittlere Spur vor ihm sei frei gewesen. Der Transporter sei auf der rechten Spur gefahren. Etwas näher am Kia als an ihm

selbst.

Der Daimler-Chrysler sei leicht nach links versetzt so dicht auf das vorausfahrende Fahrzeug Kia aufgefahren, dass er

gedacht habe, die berühren sich. Er habe sofort seine Geschwindigkeit verlangsamt, weil er befürchtet habe, es passiert

etwas.

Der Kia sei dann ruckartig nach rechts ausgeschert und direkt wieder nach links und dann endgültig nach rechts. Das

Ausschwenken nach rechts sei nicht kontrolliert erfolgt, es habe nach einer Schreckreaktion ausgesehen.

Während des Schlenkers des Kia nach rechts, bevor dieser nach links zurückgeschert sei, sei der Daimler-Chrysler links

am Fahrzeug vorbei gefahren, äußerst links fahrend und dabei vom Mittelstreifen eine Staubwolke aufwirbelnd. Die beiden

seien so dicht beieinander gefahren, dass er gedacht habe, die stoßen zusammen. Es habe nicht viel dazwischen

gepasst. Bremslichter des Daimler-Chrysler habe er nicht gesehen.

An die jeweils zwei separaten Scheinwerfer habe er eine ganz sichere Erinnerung. Das sei für ihn die E-Klasse gewesen,

aber ihm sei inzwischen klar, dass auch die S-Klasse derartige Scheinwerfer habe.

Der Daimler-Chrysler habe eine dunkle Farbe gehabt.

Er könne nicht ausschließen, dass auf der mittleren Spur 100 bis 200 m voraus ein Fahrzeug vor dem Kia gefahren sei.

Er habe dann stark gebremst und etwa 100 m vor der Einfahrt zum Parkplatz hinter der Unfallstelle angehalten. Er sei zum

verunfallten PWK zurückgelaufen und habe festgestellt, dass beide Insassen tot gewesen seien. Er könne das beurteilen,

da er früher Krankenpfleger gewesen sei.

Der Vorfall habe sich nach seiner Erinnerung kurz vor 6.00 Uhr ereignet. Er habe gerade Nachrichten oder

Verkehrsnachrichten gehört. In der Regel höre er Antenne 1 und da würden diese vor der vollen Stunde gesendet.

Er sei ausgestiegen, habe sein Handy in der Hand gehabt und sei zur Unfallstelle gelaufen und habe gleichzeitig einen

Notruf abgegeben. Das sei etwa 2 Minuten nach dem Unfall gewesen.

Auf Vorhalt, dass sein Notruf um 06.06 Uhr bei der Leitstelle eingegangen sei, gab der Zeuge an, dann habe er evtl. etwas

länger gebraucht.

d) Aus dem mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten verlesenen Schreiben des PHK ... vom 20.07.2004 (Anl. 9 z. Prot.

v. 23.07.04) ergibt sich, dass laut Auskunft des Herrn ... von Radio Antenne 1 am 14.07.2003 der Beginn der Nachrichten

zwischen 05.54 Uhr und 05.57 Uhr bei einer Länge von ca. 1 Minute und 30 Sekunden gelegen habe und anschließend die

Verkehrsnachrichten verlesen worden seien. Näheres sei nicht mehr aufklärbar.

Aus dem mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten verlesenen Schreiben des PHK ... vom 20.07.2004 (Anl. 8 z. Prot. v.

23.07.04) ergibt sich, dass laut Auskunft des Herrn ... dieser am 14.07.2003 die 6.00 Uhr-Nachrichten gesprochen habe. Er

könne sich aber an weitere Einzelheiten dazu nicht mehr erinnern.


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Beitrag 22.10.2005, 01:31
Beitrag #138


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e) Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei - bei relativ freier Straße - von Pforzheim kommend als Fahrer eines

Ford-Transit auf der BAB A5 Richtung Norden gefahren mit etwa 120 km/h. Er sei auf der mittleren Spur gefahren und habe

einen LKW überholt und habe wieder die Spur nach rechts wechseln wollen.

Er wiederum sei von dem PKW Kia überholt worden, der später den Unfall gehabt hätte. Dieser sei etwa 20 km/h schneller

gefahren als er selber. Das Fahrverhalten sei nicht auffällig gewesen.

Dann sei sehr schnell ein dunkler Mercedes an ihm vorbei gefahren auf der linken Fahrspur. Der Mercedes sei sicher

deutlich über 200 km/h gefahren. Den Typ könne er nicht sagen, es sei kein Kombi gewesen, sondern ein Fahrzeug mit

einer Karosserie schräg nach hinten, mit Fließheck.

Dieser sei leicht links versetzt so dicht auf den nach wie vor auf der linken Spur vorausfahrenden Kia aufgefahren, dass

keine Bildzeitung mehr dazwischen gepasst hätte. Er habe noch gedacht, normal müsse der schon drauf sein.

In einer Schreckreaktion sei der Kia kurz nach rechts versetzt worden, dann ins Schleudern geraten und in den Wald

gefahren.

Als der Kia geschlingert habe, habe er gebremst und mit dem Baustellenhandy im Fahrzeug habe sein Beifahrer ... noch

vor dem Anhalten den Notruf abgesetzt. Er habe sofort reagiert.

Er habe sein Fahrzeug zunächst noch nach der Einfahrt zum Parkplatz auf der Standspur angehalten.

Über aufleuchtende Bremslichter am Mercedes könne er nichts sagen.

Auf Vorhalt seiner Aussage bei der Polizei am 16.07.2003, nach der er das Aufleuchten von Bremslichtern des

Daimler-Chrysler unmittelbar vor Erreichen des Kia berichtet habe, sagte der Zeuge, er wisse es nicht mehr, damals habe

er aber versucht, exakte Angaben zu machen.

Zum Abstand seines Fahrzeuges zur Unfallsituation gab der Zeuge zunächst eine Entfernung von 300 bis 400 m an und auf

Vorhalt seiner früheren Angaben am 16.07.2003 mit 100 bis 200 m und am 25.07.2003 mit 100 m und in der

Hauptverhandlung vom 09.02.2004 mit 200 m - er könne schlecht schätzen. Er habe aber schräg auf die Fahrzeuge sehen

können.

Mit dem Zeugen wurde eine vom Sachverständigen Dr. ... gefertigte Fotoserie zum Abstand der Fahrzeuge in Augenschein

genommen und erörtert.

Hinsichtlich dieser Fotos hat der Sachverständige ausgeführt, dass er auf einer Messstrecke eine Fotoserie erstellt habe,

wobei er das Beobachtungsfahrzeug seitlich versetzt so zu den vorausgesetzten Fahrzeugen - entsprechen

Daimler-Chrysler und Kia - gestellt habe, wie es der Fahrbahnbreite auf der BAB entspreche. Die Position des

Beobachtenden sei entsprechend dem Ford Transit leicht erhöht gewesen.

Es seien Aufnahmen gefertigt worden mit Abstand 200 m und 100 m zu den voraus aufgestellten beiden Fahrzeugen und

diese Fahrzeuge seien voll versetzt und halb überdeckt aufgestellt worden und dann jeweils in den Abständen 1 m, 5 m, 10

m, 20 m und 30 m zueinander.

Die entsprechende Fotoserie wurde in Augenschein genommen (Anl. 5 z. Prot. v. 06.07.04)

Der Zeuge ... bekundete dazu die Fotos 7 und 17 würden die Entfernung und die Situation kurz vor dem Unfall zeigen und

zwar eher das Foto Nr. 17. Die Fahrzeuge seien aber nicht ganz so versetzt gefahren wie auf den Fotos. Die Fahrzeuge

seien so nah beieinander gewesen.

Der Sachverständige Dr. ... erläuterte anhand der Abstandstabelle, dass die Fotos Entfernungen von 200 m, bei halber

Überdeckung und einem Abstand von 1 m (Foto 7) und Entfernung 100 m, halbe Überdeckung und Abstand 1 m (Foto 17)

zeigen würden.

f) Der Zeuge ..., der Beifahrer des Zeugen ..., hat - unbeeidigt - ausgesagt, sie seien mit 120 km/h auf der mittleren Spur

gefahren und hätten einen LKW überholt. Das Verkehrsaufkommen sei gering gewesen.

Sie seien dann von dem PKW Kia überholt worden, der sei etwa 20 bis 30 km/h schneller gefahren.

Ein dunkler Mercedes sei dann an ihnen vorbeigeschossen und sei kurze Zeit später am Kleinwagen dran gewesen. Dieser

habe einen Schlenker rechts/links gemacht und sei dann in den Wald geschleudert.

Der Abstand sei kurz vorher ziemlich dicht gewesen, er schätze weniger als 1 m. Die Entfernung zum Kia von ihnen aus

habe ungefähr 3 Fahrzeuglängen mit zwei Sicherheitsabständen dazwischen betragen.

Auf Vorhalt hinsichtlich seiner Aussage bei der Polizei am 25.07.2003, „ich dachte der spinnt und sagte, so ein Arschloch“,

bekundete der Zeuge, das habe er gesagt, weil der Daimler-Chrysler so schnell gewesen sei und auch wegen des dichten

Auffahrens.

... habe mit seinem Fahrzeug eine mittlere Bremsung durchgeführt und er - der Zeuge - habe sofort das Handy genommen

und den Notruf abgesetzt, als sie gerade an der Unfallstelle vorbeigefahren seien, an der Stelle also, an der der Kia in den

Wald gefahren sei.

Mit dem Zeugen ... wurde die vom Sachverständigen Dr. ... gefertigte Fotoserie zum Abstand der Fahrzeuge ebenfalls in

Augenschein genommen und erörtert.

Der Zeuge bekundete dazu, das Foto Nr. 6 zeige die Situation kurz vor dem Unfall zutreffend. Allerdings seien die

Fahrzeuge nicht so versetzt gefahren. So seien die Entfernung und der Abstand gewesen.

Der Sachverständige Dr. ... erläuterte dazu anhand der Abstandstabelle, dass das Foto Nr. 6 eine Entfernung von 200 m

bei halber Überdeckung und einen Abstand von 5 m zeige.


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Beitrag 22.10.2005, 01:32
Beitrag #139


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g) Der Zeuge PHK ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei als erster mit seinem Kollegen an der Unfallstelle gewesen. Nach

Eingang der Unfallmeldung gegen 06.03 Uhr beim Autobahnpolizeirevier Karlsruhe sei er unverzüglich gestartet und mit

Höchstgeschwindigkeit - 200 bis 210 km/h - zur Unfallstelle gefahren. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen, weil die

Autobahn sehr frei gewesen sei. Er sei etwa 3 bis 4 Minuten nach Eingang der Meldung beim Autobahnpolizeirevier an der

Unfallstelle gewesen.

Er habe dann erkannt, dass kurz vor der Ausfahrt zum Parkplatz die Krone eines Baumes auf dem Standstreifen gelegen

habe und einige Personen und Fahrzeuge hätten an der Seite gestanden.

Er hätte dann erste Informationen eingeholt und ein Volvo-Fahrer habe ihm Hinweise auf einen Mercedes der E- oder

S-Klasse gegeben. Das habe er an die Medien weitergegeben.

Das Verkehrsaufkommen sei zu diesem Zeitpunkt noch sehr gering gewesen, bezüglich des Verkehrs auf der

Gegenfahrbahn könne er keine Angaben machen.

Als dann die Feuerwehr gekommen sei, sei die rechte Fahrspur abgesperrt worden.

Der Zeuge PHM ... hat - unbeeidigt - bekundet, dass um 6.00 Uhr morgens die Meldung auf der Funkleitzentrale

eingegangen sei und nachdem diese an das Autobahnpolizeirevier weitergegeben worden sei, sei er mit seinem Kollegen

zur Unfallstelle gefahren. Er sei dort etwa um 6.09 Uhr eingetroffen. Die Fahrt dorthin sei problemlos gewesen, er sei mit

200 km/h gefahren, es sei sehr wenig Verkehr gewesen. Die Unfallstelle sei daran erkennbar gewesen, dass dort ein

Streifenwagen und zwei oder drei weitere Fahrzeuge gestanden hätten. Ein Stau habe nicht vorgelegen, auch auf der

Gegenfahrbahn sei kein Stau oder stockender Verkehr gewesen.

Er habe dann mit seinem Kollegen den Verzögerungsstreifen zur Ausfahrt des Parkplatzes mit roten Hütchen gesperrt.

Die Feuerwehr sei anschließend gekommen.

Der Zeuge PHM ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei um 6.35 Uhr an der Unfallstelle eingetroffen.

Die erste Unfallmeldung vom Handy ... sei um 06.00 Uhr bei der Funkleitzentrale eingetroffen. Von dort aus sei das

Autobahnpolizeirevier und die weiteren Einsatzkräfte informiert worden.

Als er zur Unfallstelle gefahren sei, sei das Verkehrsaufkommen gering gewesen. Zwei Funkstreifen seien bereits dort

gewesen, ebenso zwei bis drei Rettungsfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes und der Notarzt.

Die Überprüfung der Einsatzprotokolle hätte anschließend ergeben, dass am Unfallort bis 06.30 Uhr von der

Berufsfeuerwehr um 6.21 Uhr ein PKW Kombi, um 6.25 Uhr und 6.26 Uhr jeweils ein Löschfahrzeug eingetroffen seien und

von der Freiwilligen Feuerwehr um 6.23 Uhr ein PKW und ein Löschfahrzeug.

Vom Rettungsdienst erreichten um 6.14 Uhr ein Rettungswagen und das Notarztfahrzeug und um 6.15 Uhr ein weiterer

Rettungswagen die Unfallstelle und ebenso in diesem zeitlichen Bereich der Einsatzleiter mit einem PWK.

Der rechte Fahrstreifen sei durch die Feuerwehr gesperrt worden, ein Teil der Krone eines Baumes habe ganz geringfügig

in diesen rechten Fahrstreifen hineingeragt.

Die Unfallstelle habe gelegen bei km 615.664. Beide Unfallopfer im Fahrzeug seien infolge des Aufpralles des Fahrzeuges

auf den Baum tot gewesen. Dies habe der Notarzt bestätigt.

Als er angefahren sei, habe es eine Staubildung von etwa 500 bis 1000 m vor der Unfallstelle gegeben.

h) Der Verkehrssachverständige Dr. Ing. ... hat in seinem mündlich in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten

ausgeführt, er sei gegen 07.30 Uhr an der Unfallstelle eingetroffen. Die linke Fahrspur sei bereits wieder freigegeben

worden, so dass er die auf der linken Fahrbahn vorhandenen Spuren von der Parallelspur aus und auf den Lichtbildern

bzw. der Unfallskizze habe sehen und beurteilen können. Der PKW Kia befand sich noch in der unfallbedingten Endposition

an dem Baum. Die getöteten Insassen waren jedoch bereits geborgen worden.

Den Kia habe er zunächst nicht näher untersucht, erst als dann der Daimler-Chrysler festgestellt worden sei und sich bei

diesem Beschädigungen vorne rechts ergeben hätten, sei auch später der Kia untersucht worden. Spuren, die auf die

Berührung mit einem anderen Fahrzeug hätten schließen lassen, habe er aber nicht festgestellt. Wegen der allgemeinen

Deformation, sei dies jedoch auch nicht auszuschließen gewesen.

Nach seinen Untersuchungen habe sich ergeben, dass der PKW Kia bei dem Aufprall an dem Baum noch eine

Geschwindigkeit von 80 bis 100 km/h hatte. Bei einer mittleren Verzögerung über die Spurzeichnungsstrecke von ca. 105

m mit 4 bis 5 m/s² ergebe sich damit eine Ausgangsgeschwindigkeit bei Spurzeichnungsbeginn von 131,4 km/h bis 153,7

km/h. Die Zeit für die Zurücklegung der Wegstrecke vom Spurbeginn bis zum Anprall an dem Baum des PKW Kia ergebe

sich mit 3,6 s bis 3 s.

Ausgehend von den Zeugenaussagen war dieser Phase, in der die Spur gezeichnet wurde, ein rechts-links-Schlenker des

Kia direkt vorausgegangen.

Dieser Schlenker sei nach seiner Beurteilung aufgrund von zahlreichen Beobachtungen derartiger Fahrvorgänge mit ca. 3

s anzusetzen.

Insgesamt sei somit von einer Gesamtzeit ab Beginn des Schleudervorgang nach rechts des PKW Kia bis zum Aufprall

auf den Baum von 6,0 bis 6,6 s (3 s zuzüglich 3,0 s bzw. 3,6 s) und von 4,5 bis 5,1 s ab dem Vorbeifahren des

Daimler-Chrysler (1,5 s zuzüglich 3,0 bzw. 3,6 s) auszugehen.

Hinsichtlich des Fahrverhaltens des Daimler-Chrysler werde von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 220 km/h aufgrund

der Zeugenaussagen und eines etwas niedrigeren Ansatzes wegen der Probleme in der Abschätzung und einer gewissen

Tachovoreilung ausgegangen.


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Beitrag 22.10.2005, 01:34
Beitrag #140


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Als Reaktion des Fahrers auf das vorausfahrende Fahrzeug Kia werde von einer mittleren Verzögerung über 5 s von 2 m/s²

einschließlich eines kurzzeitigen Anbremsens ausgegangen und damit von einer Geschwindigkeit von 184 km/h bei

Annäherung an den PKW Kia. Ein derartiges Fahrverhalten erscheine nach der Verkehrssituation plausibel und lasse sich

mit den Zeugenaussagen gut in Übereinstimmung bringen.

Daraus ergebe sich eine Differenzgeschwindigkeit von etwa 30 bis 53 km/h zum PKW Kia.

Falls von der Aussage des Zeugen ... auszugehen sei, dass der Daimler-Chrysler während des Schlenkers des PKW Kia

an diesem vorbeigefahren sei, habe der Daimler-Chrysler in der Zeit von 1,5 s die Strecke bis zum Kia zurückzulegen

gehabt.

Bei einer Überschussgeschwindigkeit von 30 bis 53 km/h ergebe sich in dieser Zeit für den PKW Daimler-Chrysler bei

einer Geschwindigkeit von 184 km/h gegenüber dem PKW Kia eine zusätzliche Wegstrecke von 12,6 m - bei einer

Geschwindigkeitsdifferenz von 30 km/h - und von 21,9 m - bei einer Geschwindigkeitsdifferenz von 53 km/h -.

Daraus ergebe sich, dass der Abstand bei einer Differenzgeschwindigkeit von 30 km/h noch 12,6 m und bei einer

Differenzgeschwindigkeit von 53 km/h noch 22m betragen habe, als die Fahrerin des Kia reagiert habe.

Es habe sich um eine sehr gefährliche Situation gehandelt. Bei gleichbleibender Geschwindigkeit wäre der Aufprall nach

1,5 s erfolgt.

Ein seitliches Ausweichen des Daimler-Chrysler auf den Seitenstreifen, der eine Breite von 75 cm habe, sei gut denkbar,

die vom Zeugen ... bekundete Aufwirbelung des Staubes könne dafür sprechen. Ein Ausweichen in den Grünstreifen sei

nach seiner Beurteilung bei dieser Geschwindigkeit auszuschließen.

Zur Annäherung in der Verzögerungsphase des Daimler-Chrysler sei auszuführen, dass der Daimler-Chrysler in diesen 5

s, die oben angenommen worden seien, 281 m und der PKW Kia 182 bzw. 213 m zurückgelegt habe. Daraus ergibt sich

eine Differenz von etwa 70 bis 100 m zuzüglich des Abstandes von etwa 22 m bis 12,6 m der schließlich zum

Reaktionszeitpunkt bestand.

Auf dieser Grundlage sei nach seiner Beurteilung die Gefahr, die hohe Differenzgeschwindigkeit, für die Kia-Fahrerin,

erkennbar gewesen, etwa auf die Entfernung von 100 m, d.h. etwa 5 s vor Eintreten der kritischen Situation.

Falls die Differenzgeschwindigkeit eines weiter zurückliegenden Fahrzeuges registriert werde, werde ein vorausfahrender

Fahrer ohne weiteres davon ausgehen können, dass eine Anpassung der Geschwindigkeit erfolgen werde. Die Situation

wird nicht als Gefahr realisiert.

Zur Zeitberechnung hinsichtlich des Schlenkers sei ergänzend auszuführen, dass derartige Untersuchungen durchgeführt

worden seien und es seien zeitlich nur ganz geringe Abweichungen festgestellt worden.

Die polizeiliche Unfallskizze (AS 163) und die Unfallskizze des Sachverständigen (G 23) wurden in Augenschein

genommen. Diese geben die vom Sachverständigen angeführten Abmessungen der Spurenzeichnungen wieder.

Insgesamt seien die Zeugenaussagen in Übereinklang zu bringen mit dem oben dargestellten Ablauf.


i) Der Verkehrssachverständige Dipl.-Ing. ... hat - unbeeidigt - ausgeführt, dass er mit den Berechnungen des

Sachverständigen ... zur Ausgangsgeschwindigkeit des PKW Kia und der Geschwindigkeitsberechnung des

Daimler-Chrysler übereinstimme. Ebenso hat der Sachverständige ... die zeitliche Beurteilung des Schlenkers des PKW

Kia bestätigt.

Ergänzend hat der Sachverständige ... ausgeführt, dass nach seiner Beurteilung es dem Fahrer des Daimler-Chrysler

innerhalb der auch von ihm errechneten Zeitdifferenz von 1,5 s möglich gewesen wäre, vor einer Kollision auf den PKW Kia

abzubremsen, wenn dieser die Spur nicht gewechselt hätte.

Bei einer Differenzgeschwindigkeit von 30 km/h - 184 zu 154 km/h - schließe der Daimler-Chrysler in 1,5 s - dem Zeitraum

des Schlenkers des Kia nach rechts - um 12,5 m auf. Ausgegangen werde daher für die Berechnung von einem derartigen

Abstand zwischen den Fahrzeugen. Es sei eine Verzögerung von 184 km/h auf 154 km/h erforderlich.

Bei einer Verzögerung von 6 m/s² - einer starken Bremsung, aber keiner Vollbremsung - benötige der Daimler-Chrysler 1,4

s und 65 m. Während dieser Zeit fahre der Kia 59 m, d.h. der Daimler-Chrysler schließe bis auf etwa 6 m auf.

Bei einer Geschwindigkeitsdifferenz von 53 km/h - 184 zu 131 km/h - schließe er in 1,5 s um 22 m auf. Es benötige der

Daimler-Chrysler für eine Reduzierung auf 131 km/h 107 m bzw. 2,4 s, der Kia fahre in der entsprechenden Zeit 89 m, so

dass bei einem Abstand von zunächst 22 m ein geringer Restabstand von 4 m noch zur Verfügung stehe.

Allerdings müsse hinsichtlich dieser Berechnungen angemerkt werden, dass dabei eine Reaktionszeit nicht angesetzt

worden sei, also direkt hätte reagiert werden müssen.

Ergänzend sei hinzuzufügen, dass ein Ausweichen nach rechts, um am Kia vorbei zu fahren, in dieser Zeitspanne auch

möglich gewesen wäre, allerdings nur, wenn dieser dann auch in seiner Spur verblieben wäre.

Insgesamt haben beide Gutachter betont, dass es sich um eine äußerst kritische Situation gehandelt habe.

2. Auf dieser Grundlage hat die Kammer keine Zweifel, dass ein dunkler Daimler-Chrysler mit BB-Kennzeichen, je zwei

getrennten ovalen Scheinwerfern vorn, mit je einem ovalen Auspuffrohr rechts und links und mit einem starken

Beschleunigungsvermögen oberhalb von 200 km/h den Unfall verursacht hat.

a) Die Sichtverhältnisse waren zum Unfallzeitpunkt gut.

Die mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten verlesenen Sonnenstandstabelle für den 14.07.2003 (AS. 2313) und die

meteorologische Auskunft des Deutschen Wetterdienstes vom 16.07.2004 (AS 2509) ergaben nach einem Sonnenaufgang

um 05.37 Uhr bei wolkenlosem Wetter ohne Niederschlag eine Sichtweite von 40 km.

b) Der Zeuge ... ist glaubwürdig.

Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Zeuge ... das Kennzeichen BB richtig abgelesen und in Erinnerung hatte und

die beiden Auspuffrohre rechts und links eindeutig registriert hat.

Die Feststellung zum Kennzeichen war bei ihm eingebunden in einen umgebenen Sachverhalt, eben der Einschätzung als

„Schwabe“. Auch im Übrigen hat der Zeuge den Ablauf der Ereignisse - wie oben ausgeführt - nachvollziehbar und

plastisch und ohne besondere Belastungstendenz wiedergegeben.

Seine Einschätzung des Fahrzeuges als kein Typ der E-Klasse ist auf der Grundlage seiner Tätigkeit als Inhaber eines

Limousinenservices gut nachvollziehbar. Die E-Klasse war ihm dadurch gut bekannt.

Für die Kammer steht dies nicht im Widerspruch zu den Angaben des Zeugen ..., dass für ihn die Art der Auspuffrohre

zunächst ungewöhnlich erschienen seien. Dies hat der Zeuge glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt. Er hat klargestellt,

dass jedenfalls die Auspuffanlage an dem von ihm wenig später mitgeteilten Vergleichsfahrzeug eine entsprechende

gewesen sei. Dieses Fahrzeug sei für ihn identisch zum Unfallfahrzeug gewesen. Dieses Fahrzeug hat einen

serienmäßigen Auspuff.

Die Angaben des Zeugen werden bestätigt durch die von ihm kurze Zeit nach dem Vorfall gefertigte Notiz - einschließlich

einer Zeichnung zweier ovaler Endrohre - und dem Hinweis darauf, dass es sich um die S-Klasse gehandelt habe.

Die Angaben des Zeugen ... hinsichtlich der Telefonate und des Vergleichsfahrzeuges wurden glaubhaft bestätigt durch die

Angaben des -- unbeeidigt - vernommenen Zeugen PHK ...

c) Auch der Zeuge ... war für die Kammer glaubhaft.

Er war sichtlich bestrebt exakte Angaben zu machen und war sich der besonderen Bedeutung seiner Aussage -

insbesondere bezüglich der jeweils zwei ovalen Scheinwerfer rechts und links - bewusst. Er hat diese Angaben schon im

polizeilichen Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung erster Instanz gemacht. Er hat diese Feststellungen nicht

als singuläre Beobachtung berichtet, sondern für ihn waren das Scheinwerfer, wie sie bei der E-Klasse verwendet werden.

Er war auch, wie er berichtete, auf das von hinten kommende Fahrzeug früh aufmerksam geworden und hatte es dann

beobachtet.

Die Kammer hat auch keine Zweifel, dass es dem Zeugen ... möglich war, im Rückspiegel festzustellen, dass der

herannahende Daimler-Chrysler jeweils rechts und links zwei getrennte ovale Frontscheinwerfer aufwies und nicht jeweils

zwei Lichtquellen unter einer Glasabdeckung oder zwei Scheinwerfer die baulich ineinander übergehen.

Dies ergibt sich für die Kammer zweifelsfrei aus dem in Augenschein genommenen Video „Scheinwerferlicht“ (Anlage V.

zur Hauptverhandlung vom 23.07.2004).

Das von der Polizei im Auftrag des Gerichte erstellte Video zeigt über die Innen- und Außenspiegel eines Volvo V 70 gefilmt

die Annäherung eines Daimler-Chrysler, CL 600, Typ 215, Coupé und einer Limousine S 600 von hinten jeweils mit

Fahrscheinwerfer und mit einer Annäherungsgeschwindigkeit von 30 km/h bei Tageslicht.

Die separaten jeweils zwei ovalen Scheinwerfer des CL 600 waren sicher trotz eingeschaltetem Fahrlicht zu erkennen.

Die Limousine Mercedes S 600 weist - aber unter einer geschlossenen Verglasung - rechts und links jeweils pro Seite

auch zwei Scheinwerfer auf. Es wurden insoweit weiter in Augenschein genommen die Fotos AS. G 221 und 237, aus

denen sich entsprechendes ergibt. Es wurde mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten verlesen das Schreiben des ...,

eines Mitarbeiters von Daimler-Chrysler, vom 20.07.2004 Absatz „Scheinwerfer“ (Anlage 10 zur Hauptverhandlung vom

23.07.2004) und in Augenschein die Anlage zu diesem Anschreiben. In diesem Schreiben wird ausgeführt, dass der S 600

jeweils hinter einer Verglasung rechts und links zwei unterschiedliche Lichtquellen hat während der CL 600 jeweils zwei

durch die Karosserie völlig getrennte Scheinwerfer hat. Die Anlage zeigt die entsprechenden Fotos.

Ebenso ist sich die Kammer bewusst, dass die Baureihe 230 (Mercedes SL) zwei ineinander übergehende Scheinwerfer

besitzt und über ein entsprechendes Beschleunigungsvermögen verfügt.

Die Fotos (Anlage 1 bis 3 zur Hauptverhandlung vom 26.07.2004 und Anlage 4 bis 9 zur Hauptverhandlung vom

29.07.2004) wurden in Augenschein genommen und mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten die Leistungsangaben

aus dem Schreiben Daimler-Chrysler vom 28.07.2004 (Anlage 10 zur Hauptverhandlung vom 29.07.2004) verlesen, aus

dem sich jeweils entsprechendes ergibt.

Entscheidend ist nach der glaubhaften und detaillierten Aussage des Zeugen ..., dass es sich jeweils um zwei getrennte

ovale Scheinwerfer handelt. Das ist bei diesen o.g. Modellen nicht der Fall. Diese Trennung der Scheinwerfer ist auch bei

der Fahrt mit eingeschaltetem Fahrlicht deutlich zu erkennen.

Die Feststellung wird auch nicht in Frage gestellt durch die Aussage des Zeugen ... Dieser, ein Redakteur der Zeitschrift

„Auto, Motor, Sport“ hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei am Tage des Urteils erster Instanz von Karlsruhe nach Stuttgart

gefahren und hinter ihm sei ein Mercedes der S-Klasse mit Licht gekommen. Er habe versucht, die Art der Scheinwerfer im

Rückspiegel zu erkennen. Er habe erst gedacht es sei ein Coupé, es habe sich aber um eine Limousine gehandelt. Auf

etwa 100 m Entfernung habe er den Unterschied noch nicht erkennen können. Erst kurz vor dem Überholen habe er die Art

der Scheinwerfer zutreffend erkennen können. Möglicherweise im Seitenspiegel.

Auch nach der Aussage dieses Zeugen ist die Unterscheidung der Bauweise der Scheinwerfer daher möglich.

Auch die weiteren Angaben des Zeugen ... hinsichtlich des Vorbeifahrens am Kia während des Schlenkers sind für die

Kammer glaubwürdig und nachvollziehbar.

Die Aussage des Zeugen ... wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach dessen Aussage die mittlere Fahrspur

voraus frei gewesen sei, während die Zeugen ... und ... bekundeten, sie seien in der Mitte gefahren.

Der Zeuge ... hatte kurz zuvor einen Lkw überholt und war - wie er bekundete - kurz davor, die Spur nach rechts zu

wechseln. Direkt anschließend tat er dies auch und hielt an.

Bei einer derartigen Situation erscheint ein Irrtum des Zeugen ... insoweit durchaus denkbar. Jedenfalls stellt es seine

Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit im Übrigen nach der Beurteilung der Kammer nicht in Frage.

d) Auch die Zeugen ... und ... sind für die Kammer glaubwürdig.

Sie waren jeweils bemüht glaubhafte Angaben zu machen und haben betont, dass der Zeitablauf ihnen dies erschwere.

Besondere Belastungstendenzen waren auch hier nicht erkennbar.

Ihre Abstandsschätzungen auf der Grundlage der Fotoserie lassen sich in Übereinstimmung bringen zu ihrer drastischen

Beschreibung des kurzen Zwischenraumes zwischen den Fahrzeugen. Gleichzeitig ergibt sich aus der Fotoserie zur

Überzeugung der Kammer, dass auch auf eine Entfernung von 200 m eine Zwischenraumschätzung annähernd möglich

ist.


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Beitrag 22.10.2005, 01:35
Beitrag #141


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Zitat
e) Auf der Grundlage dieser Aussagen und der Sachverständigenbegutachtungen ergibt sich, dass der dunkle Mercedes

entsprechend den obigen Feststellungen bis auf einen restlichen Abstand zwischen etwa 22 m und 13 m aufgefahren ist,

wobei im ersteren Fall die Differenzgeschwindigkeit noch 53 km/h, im letzteren 30 km/h betrug. Diese Feststellungen

ergeben sich - u.a. - als Folge der Berechnung der Sachverständigen zur Vorbeifahrt des Daimler-Chrysler während des

Schlenkers des Kia nach rechts. Die Kammer folgt den Gutachten nach eigener Überprüfung.

Die Reaktion der Fahrerin des PKW Kia, Frau ... ..., erfolgte nicht kontrolliert, sondern - wie am Bewegungsablauf

erkennbar ist - in Schrecken und Furcht überstürzt. Für sie musste das schon nahe hinter ihr fahrende und sich bedrohlich

weiter nähernde massive Fahrzeug ausgesprochen erschreckend erscheinen. Aus ihrer Sicht musste es jeden Augenblick

zu einem schrecklichen Unfall kommen. Diese Sicht der Dinge war auch -- wie ausgeführt - nicht unrealistisch. Nur mit

unverzüglicher Reaktion und einem kräftigen Bremsmanöver des Daimler-Chrysler war ein Auffahrunfall noch zu

verhindern.

Die Folge war ein plötzliches und ruckartiges Ausweichen des Fahrzeuges nach rechts und damit verbunden als natürliche

Folge eine - jedenfalls subjektiv so empfundene - Instabilität des Fahrzeuges, was zu einer panik- und reflexartigen, nicht

willkürlich gelenkten und ebenfalls ruckartigen Gegenreaktion in Form des Gegenlenkens führte, wobei diese Instabilität des

Fahrzeuges sich für die Insassin als zusätzliche überraschende Gefahrensituation darstellte, die geeignet war, ihre

Bestürzung und Panik zu vergrößern.

Dies wiederum führte dazu, dass das Fahrzeug außer Kontrolle geriet und es zum tödlichen Unfall kam.

Die Kammer hat keine vernünftigen Zweifel daran, dass der unkontrollierte Bewegungsablauf links/rechts und sofort wieder

rechts/links verursacht wurde durch den heranfahrenden Daimler-Chrysler und die dadurch verursachte Schreckreaktion.

Aufgrund der Zeugenaussagen ergibt sich der absolut unmittelbare zeitliche und örtliche Zusammenhang, ebenso aber

auch mit dem ruckartigen Lenkmanöver die Fluchtreaktion zur rechten Fahrspur und als nachvollziehbare Folge der sich

daraus ergebenden Unsicherheit im Fahrverhalten die sofortige unkontrollierte Gegenbewegung - alles dies zuzuordnen der

Fahrweise des Daimler-Chrysler.

Eine andere Ursache, aus dem Inneren des Fahrzeuges Kia, ist nach der Art des Bewegungsablaufes, wie er oben

dargestellt ist, nach der Überzeugung der Kammer auszuschließen. Die Kammer hat keine Zweifel, dass eine derartig

massive Schreckreaktion durch einer Ablenkung etwa durch das Kleinkind oder das plötzliche Klingeln oder die Betätigung

des Handy auszuschließen ist.

Hinsichtlich des Handy hat der Zeuge KOK ... im übrigen - unbeeidigt - glaubhaft bekundet, eine Überprüfung der mit

Beschluss vom 16.07.2003 bei T-Mobile erhobenen Verbindungsdaten im fraglichen Zeitraum habe ergeben, dass auf das

Handy der Geschädigten weder ein Anruf erfolgte, noch die Geschädigte selbst angerufen habe. Auch entsprechende

Anwählversuche auf das Handy der Geschädigten habe es nicht gegeben. Entsprechende Daten würden laut Auskunft von

T-Mobile gespeichert.

Der Sachverständige ... hat insoweit zum Bewegungsablauf und zur unmittelbaren Reaktion auf die ruckartige Bewegung

nach rechts nachvollziehbar ausgeführt, dass eine derartige Gegenbewegung zwar fahrtechnisch in der Regel nicht

geboten sei, aber sehr häufig als Reaktion erfolge und dass sich daraus dann das endgültige Ausbrechen des Fahrzeuges

ergebe. Es handele sich insgesamt um einen durchaus typischen Bewegungsablauf in derartigen Fällen.

Die Kammer folgt den Beurteilungen der Sachverständigen jeweils nach eigener Überprüfung.

Eine alkoholische oder chemisch-toxikologische Beeinträchtigung der ... ... lag nicht vor. Die entsprechenden Gutachten

des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg wurden verlesen.

3. Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Angeklagte mit dem Fahrzeug Daimler-Chrysler BB- ... den Unfall verursacht

hat.

a) Der Zeuge PHK ..., Leiter des Autobahnpolizeireviers Karlsruhe, hat - unbeeidigt - bekundet, dass im Hinblick auf den

sich abzeichnenden Umfang des Verfahrens eine Sonderkommission eingerichtet worden sei.

Auf der Grundlage der Aussagen der Unfallzeugen sei zunächst vorausgegangen eine Funkfahndung, eine

Öffentlichkeitsfahndung und ein Zeugenaufruf. In diesem Zusammenhang habe sich auch der Zeuge ... gemeldet.

Anschließend erfolgte eine erste Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt mit folgenden Parametern: Kennzeichen BB, Typen CL

215 und 220 auch AMG-Version, schwarze Farbe.

Diese Anfrage ergab 53 Fahrzeuge und mit der Überprüfung der Fahrzeuge wurde sofort begonnen.

Am 16.07. erfolgte dann eine zweite Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt und am 17.07.2003 die dritte erweiterte Anfrage mit

folgenden Parametern:

Kennzeichen BB,

Fahrzeugtyp 211 - d.h. E-Klasse neues Modell = E 500, E 400, CDI, E 55 AMG; Fahrzeugtyp 220 - d.h. S-Klasse Limousine

= S 600, S 500, S 430, S 55 AMG und S 400 CDI -; Fahrzeugtyp 215 - d.h. S-Klasse Coupe = CL 600, CL 500 und CL 55

AMG -.

Angefragt wurden leistungsstarke Fahrzeuge mit mindestens 3900 cm³ und in allen Farben.

Diese dritte Anfrage ergab 707 Fahrzeuge, wobei die Fahrzeuge der ersten und zweiten Anfrage komplett darin enthalten

waren.

Diese Liste wurde anhand der Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer durch die Firma Daimler-Chrysler mit folgenden

Informationen ergänzt:

Fahrzeugtyp im Klartext, Auspuff 2-flutig (J/N), Lack-Code, Lackbezeichnung im Klartext und Bemerkungen.

Diese Gesamtdaten wurden in einer Datenbank erfasst mit insgesamt also 707 Datensätzen = Fahrzeugen.

Aus dieser Liste wurden alle dunkel erscheinenden Farben sehr großzügig herausgefiltert. Das Resultat ergab 340 in Frage

kommende Fahrzeuge. Von diesen 340 Fahrzeugen waren bereits 80 aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung und

der ersten Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt in der Spurendatenbank vorhanden.

Die Überprüfung bei Daimler-Chrysler ergab, dass eine Veränderung der Auspuffanlage an Werksfahrzeugen

auszuschließen war. Werksfahrzeuge werden nicht getunt oder veredelt. An Privatfahrzeugen wurden alle Fahrzeuge

überprüft, unabhängig von der werksseitig gelieferten Auspuffanlage.

Nachdem zunächst zwei einzelne Scheinwerfer rechts und links nicht absolut sicher waren, wurden die Überprüfung der

Werksfahrzeuge und Privatfahrzeuge begonnen unabhängig von der Scheinwerferkonstellation. Nachdem sich durch die

Nachvernehmung des Zeugen ... dies als sicher herausstellte, wurden die Fahrzeuge nur noch mit der entsprechenden

Einschränkung überprüft, bzw. Nachermittlungen nicht mehr durchgeführt.

Es wurden also überprüft vom Typ S 600 zunächst noch die Werksfahrzeuge, obwohl keine Doppelscheinwerfer

vorhanden, und auch die Privatfahrzeuge. Es wurden weiter überprüft die Werksfahrzeuge und Privatfahrzeuge der Typen

CL 600, CL 500, E 500, S und E 55 AMG und CL 55 AMG. Von den Typen S 500, S 430, S 400 CDI, E 400 CDI - jeweils ab

Werk Auspuff nicht sichtbar - wurden nur die Privatfahrzeuge überprüft, um vorgenommene technische Änderungen

auszuschließen.

Am 11.11.2003 erfolgte ein Hinweis darauf, dass ein Daimler-Chrysler Typ 208 (CLK alt) auch umgerüstet werden könne

auf eine zweiflutige Auspuffanlage. Eine Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt bezüglich dieses Typs und aller Farben ergab

zunächst 233 Fahrzeuge, von denen 14 aufgrund des erstellten Fahndungsrasters nachträglich überprüft wurden.

Schließlich ging am 12.01.2004 ein Schreiben des Rechtsanwalts ... ein, in dem dieser auf ein Fahrzeug Typ CL 500,

Kennzeichen BB-…, Farbe azuritblau hinwies.

Die Überprüfung ergab, dass Daimler-Chrysler diese Farbe nicht mitgeteilt hatte, weil der Farbname geändert worden war

in tansanitblau.

Eine Überprüfung der dritten Liste des Kraftfahrtbundesamtes ergab 38 weitere Fahrzeuge, von denen 15 dem

Fahndungsraster entsprachen und überprüft wurden.

369 Fahrzeuge wurden schließlich ermittelt, die dem oben dargelegten Fahndungsraster entsprachen.

Die Ermittlungen wurden in der Weise durchgeführt, dass jedes einzelne Fahrzeug einem Ermittlungstrupp zugewiesen

wurde. Jedes einzelne Fahrzeug wurde einer Sichtprüfung unterzogen. Vom Ermittlungstrupp wurde das Ergebnis der

Besichtigung beschrieben. Falls das Fahrzeug danach nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnte und sich ein

weiterer Ermittlungsbedarf ergab, wurden die verantwortlichen Fahrzeughalter und Fahrer hinsichtlich ihres Alibis überprüft

und dieses schriftlich festgehalten. Dieses Alibi wurde wiederum abgesichert durch ergänzende Zeugenaussagen,

Fahrzeugunterlagen, Fahrtenbücher, Terminskalender etc. Anschließend wurde dann das Ergebnis der Ermittlungstrupps,

die gesamten erarbeiteten Unterlagen sorgfältig überprüft nach dem 4-Augen-Prinzip.

Ergab sich ein weiterer Ermittlungsbedarf, wurden die Ermittlungen fortgesetzt und dieses Ergebnis wiederum erneut

überprüft.

Ergänzend wurden in entsprechender Weise zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung abgearbeitet.

Die Überprüfung der einzelnen Ermittlungsergebnisse erfolgte akribisch und unabhängig davon, dass zu diesem Zeitpunkt

bereits ein Verdacht gegen den Angeklagten entstanden war.

Als Ergebnis dieser umfangreichen Ermittlungen stellte sich eindeutig heraus, dass lediglich die Spur 90 als Tatfahrzeug in

Betracht kam, die Spur 90 betrifft das Fahrzeug BB- ..., das zum Unfallzeitpunkt vom Angeklagten gefahren wurde. Alle

anderen in Frage kommenden Fahrzeuge konnten mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Von allen dunklen

Daimler-Chrysler mit BB-Kennzeichen, mit Doppelauspuff, Doppelscheinwerfer und einer entsprechenden Leistung war

nur das Fahrzeug des Angeklagten am 14.07.2003 gegen 06.00 Uhr auf der BAB im Bereich der Unfallstelle unterwegs.

b) Der Zeuge PHK ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei, als die Sonderkommission eingerichtet worden war, zum Leiter der

Ermittlungen bestellt worden. Es seien einzelne Ermittlungstrupps gebildet worden und jedem Trupp seien einzelne

Fahrzeuge der Datenbank zugewiesen worden. Es sei ein Überprüfungsbogen erarbeitet worden, der gewährleistet habe,

dass das Fahrzeug besichtigt, zutreffend erfasst und der Aufenthaltsort des Fahrzeuges zum Unfallzeitpunkt in sicherer

Weise abgeklärt wurde. Insbesondere wurde jeweils erfasst, ob die Auspuffanlage der Beschreibung entsprach, was für

eine Farbe das Fahrzeug hatte, und das Ergebnis der Feststellungen zum Standort ggf. zum Fahrer des Fahrzeuges zur

Tatzeit. Es sei jeweils schlüssig und detailliert der gesamte Hintergrund ermittelt und festgehalten worden. Etwaigen

Zweifelsfragen sei nachgegangen worden.

Die Fahrzeuge seien jeweils angesehen und das Ergebnis der Besichtigung festgehalten worden.

Er selbst habe die entsprechenden Aktenvermerke überprüft und evtl. Nachermittlungen angeordnet. Es sei von den

Fahndungstrupps äußerst sorgfältig gearbeitet worden und entsprechendes gelte auch für die Arbeit der Überprüfung

dieser Ermittlungsberichte. Soweit Fehler festgestellt worden seien, seien diese nachgearbeitet worden.

Die Arbeit sei unabhängig von einem Verdacht gegen den Angeklagten ... sorgfältig weiter fortgesetzt worden.

Letztlich habe sich aufgrund dieser umfassenden und aus seiner Sicht sehr akribischen Arbeit nur noch die Spur 90 als

einzige Tätermöglichkeit ergeben, alle anderen Fahrzeuge konnten sicher ausgeschlossen werden.


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Beitrag 22.10.2005, 01:36
Beitrag #142


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Zitat
c) Der Zeuge PHK ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei bei der Sonderkommission als Unfallsachbearbeiter eingesetzt

worden. Bereits am 14.07.2003 sei er beauftragt worden.

Er habe innerhalb der Sonderkommission Hinweise entgegengenommen und habe Fahrzeugüberprüfungen durchgeführt.

Bei den Fahrzeugüberprüfungen seien sämtliche Fahrzeuge persönlich auf alle Kriterien durchgesehen worden. Falls diese

zutrafen, wurde der Benutzer festgestellt und dann wurde eine sorgfältige Alibi-Überprüfung vorgenommen. Er habe auch

diverse Nachermittlungen durchgeführt, z.B. wenn der Halter zunächst nicht angetroffen worden war.

Sämtliche Fahrzeuge waren numerisch erfasst und die einzelnen Trupps hatten dann die Fahrzeuge, die ihnen zugeteilt

worden waren, abzuklären, nach Aussehen, Typ, Nutzen, Standort und Alibi der Nutzer.

Die Fahrzeugbenutzung sei jeweils untermauert worden durch weitere Zeugenvernehmungen. Schriftliche Unterlagen und

Terminkalender seien in Augenschein genommen, überprüft und abgelichtet worden.

Diese Ermittlungsergebnisse seien dann auf Plausibilität erneut im 4-Augen-Prinzip überprüft worden und abgezeichnet

worden vom Soko-Leiter V. und von ihm selbst oder durch PHK ... gegengezeichnet worden nach sorgfältiger Prüfung.

Die umfassende und exakte, Überprüfung habe ergeben, dass lediglich die Spur 90 letztlich als Täterfahrzeug in Frage

gekommen sei.

d) Der Zeuge POM ... hat - unbeeidigt - bekundet, er habe in Abstimmung mit Daimler-Chrysler eine Liste der Fahrzeuge

erarbeitet, die nach der Beschleunigung und Endgeschwindigkeit als Täterfahrzeug in Frage gekommen seien. Auf dieser

Grundlage sei dann vom Kraftfahrtbundesamt die Liste der Fahrzeuge übermittelt worden, die der Fahndung zugrunde

gelegt worden sei.

Hinsichtlich der Farben habe er mit einer Kollegin bei Daimler-Chrysler alle möglichen Lacke im Original in Augenschein

genommen und zwar jeweils auf einer 15 x 15 cm großen Metallplatte. Jeder Lack wurde unter verschiedenen

Lichtverhältnissen betrachtet und alle nur im Entferntesten als dunkel erscheinenden Lacke wurden in die Liste

aufgenommen.

Im Zusammenhang mit der Feststellung, dass der Lack-Code 366 - azuritblau-metallic - ab dem Jahre 2000 als Lack-Code

000 - Sonderlackierung - geführt wurde, wurde eine erneute Überprüfung vorgenommen und um das Farbraster wirklich

vollständig zu erhalten, wurden sämtliche in der „Gesamtliste - KBA“ vorkommenden Farben mit dem Farbenraster

abgeglichen. Auch hier wurden die Farben anhand von lackierten Metalltafeln überprüft. Daraus ergab sich eine Liste der

Farben, die im Zusammenhang mit den erfassten Fahrzeugen in Frage kamen. Der Zeuge betonte, dass insgesamt bei der

Beurteilung der Farbe sehr großzügig verfahren worden sei.

e) Der Zeuge KOK ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei bei der Sonderkommission in erster Linie für die DV-Ermittlungen

zuständig gewesen.

Er habe die Daten des Kraftfahrtbundesamtes umgesetzt in die Listen, diese strukturiert und damit gearbeitet und die

erforderlichen Tabellen hergestellt.

Außerdem sei er dafür verantwortlich gewesen, dass die Ergebnisse der Abfragen der Funkzellen erfasst worden seien.

f) Der Zeuge PHK ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er habe bei der Rasterermittlung ebenfalls mitgearbeitet und auch

Überprüfungen vorgenommen. Die Beteiligung eines anderen Fahrzeuges konnte jedoch ausgeschlossen werden.

Die Kammer hat keine Zweifel, dass die Zeugen zuverlässige und zutreffende Angaben gemacht haben. Sie sind ersichtlich

mit großem Einsatz und besonderer Sorgfalt bei Ermittlungsarbeit vorgegangen.

Die Kammer ist auf Grund dieser umfangreichen Ermittlungen der Überzeugung, dass lediglich die Spur 90 als Tatfahrzeug

in Betracht kommt.

Die Spur 90 betrifft das Fahrzeug BB- ..., das zum Unfallzeitpunkt vom Angeklagten gefahren wurde. Alle anderen in Frage

kommenden Fahrzeuge konnten mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Von allen dunklen Daimler-Chrysler mit

BB-Kennzeichen, mit Doppelauspuff, Doppelscheinwerfer und einer entsprechenden Leistung war nur das Fahrzeug des

Angeklagten am 14.07.2003 gegen 06.00 Uhr auf der BAB im Bereich der Unfallstelle unterwegs.

g) Ergänzend hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

aa) Fahrzeuge Daimler-Chrysler der Typen S 600 (Limousine) und CL 600 (Coupe) sowie der E-Klasse wurden im Jahre

2003 auch in den Farben gemäß Beweisantrag Nr. 1 der Verteidigung vom 19.07.2004 produziert, nämlich in den Farben

Designo alanitgrün (Farbcode 008), Designo varicolor (Farbcode 017), Designo LCP (Farbcode 021), Designo

braunschwarz (Farbcode 022),Designo varicolor 3 (Farbcode 034), Perligrau (Farbcode 747), Designo purpur (Farbcode

015) und Labradoritgrün (Farbcode 298).

Hinsichtlich der Erfassung dieser Fahrzeuge hat der Zeuge KHK ..., der dies bestätigt hat, glaubhaft ausgeführt, dass alle in

Frage kommenden Fahrzeuge überprüft worden seien und dass darunter keines gewesen sei mit den aufgeführten Farben

und BB-Zulassung und den Auswahlkriterien im übrigen

bb) Hinsichtlich des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen BB- ... oder BB- ... ... (Beweisantrag Nr. 2), insoweit fand

nach der Behauptung der Verteidigung keine Überprüfung des Fahrzeuges statt, hat der Zeuge ... bekundet, dass eine

Anfrage beim Landratsamt Böblingen ergeben habe, dass mit dem Kennzeichen BB- ... ... am 14.07.2003 kein Bestand

vorgelegen habe. Dieses Kennzeichen habe zuvor ein Audi gehabt.

Mit dem Kennzeichen BB- ... war im Juli 2003 ein alter SL, Typ 129 zugelassen - Herstellungszeitraum 1991 bis 2001.

Die vom Zeugen in der Hauptverhandlung vom 23.07.2004 vorgelegten und in Augenschein genommenen zwei Fotos

ergaben - neben einer ganz von den modernen Daimler-Chrysler abweichenden Karosserieformen - zwei geschlossene

Scheinwerferbereiche rechts und links.

Die Kammer hat keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Angaben. Das Fahrzeug kommt als Täterfahrzeug aus den

o.g. Gründen nicht in Betracht.

cc) Die Verteidigung weist zutreffend darauf hin (Beweisantrag Nr. 3) dass bei Daimler-Chrysler in Sindelfingen lediglich

ein- und ausfahrende Fahrzeuge registriert und mit Ein- und Ausfahrscheinen versehen werden, wenn die Fahrzeuge von

Werksangehörigen gelenkt werden, die in der Hierarchie unterhalb der Position des Abteilungsleiters angesiedelt sind.

Dies ist vom Zeugen ... glaubhaft bestätigt worden.

Seine Ermittlungen haben ergeben:

Jede Abteilung bei Daimler-Chrysler verfügt über eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen, die, falls sie außerhalb des

Werkes gefahren werden, ein fest zugewiesenes Kennzeichen haben. Für jedes Fahrzeug wird ein Fahrtenbuch geführt.

Wer ein Fahrzeug fahren will, muss dies beantragen und es wird jeweils ein einzelner Fahrauftrag erteilt.

Falls Fahrzeuge häufiger von verschiedenen Personen genutzt werden, kann eine Dauerberechtigungskarte erstellt

werden, das Fahrtenbuch ist zu führen.

Ab der Abteilungsleiterebene haben Mitarbeiter einen persönlich zugewiesenen Firmenwagen. Dieser wird grundsätzlich

nur von diesen Personen gefahren. Bei der Weitergabe an eine andere Person ist ein Fahrtenbucheintrag vorzunehmen.

Mitarbeiter der Hierarchie-Ebene „E1“ können mit Sonderberechtigung jedes Werkfahrzeug fahren. Das Fahrtenbuch ist zu

führen.

Im Entwicklungsbereich laufen viele Erprobungsfahrzeuge. Es wird ein Fahrauftrag erteilt, das Ein- und Ausfahren wird

erfasst und das Fahrtenbuch ist zu führen.

Nachvollziehbar hat der Zeuge ... bekundet, dass alle entsprechenden Fahrzeuge und deren verantwortliche Fahrer auf

dieser Grundlage ermittelt worden seien und bei entsprechendem Bedarf die weitere Abklärung vorgenommen worden sei.

Diese Fahrzeuge konnten alle ausgeschlossen werden.

Ergänzend hat der Zeuge ... zu den von der Verteidigung angeführten Werksfahrzeugen Spurenakten Nr. 43, 83. 85, 91, 98,

99, 100 und 140 folgendes bekundet:

Zu Spur Nr. 43 BB- ... :

Das Fahrzeug wurde seit dem 18.12.2002 laut Fahrtenbuch nicht bewegt und hat keine Doppelscheinwerfer und der

Auspuff ist nicht sichtbar.

Zu Spur Nr. 83 BB- ... :

Der Zeuge ... hat ermittelt, dass das Fahrzeug am 30.06.2003 laut Fahrtenbuch mit einem km-Stand von 18354 und am

11.07.2003 mit einem km-Stand von 18369 zurückgegeben wurde. Von einem Daimler-Chrysler-Mitarbeiter W. wurde es

vom 18.07.2003 bis zum 21.07.2003 gefahren und mit einem km-Endstand von 18667 zurückgegeben. Die gegenüber dem

Endstand des Vorbenutzers gefahrenen ca. 300 km wurden von W. selbst gefahren wurden. Eine Fahrt am 14.07.2003 zur

Unfallstelle ist auszuschließen.
291

Zu Spur Nr. 85 BB- ... :

Dieses Fahrzeug ist nach der Bekundung des Zeugen ... hellblau und scheidet daher aus.

Zu Spur Nr. 91 BB- ... :

Hierzu hat der Zeuge ... ausgeführt, dass das Fahrtenbuch im Mai 2003 endet mit einem km-Stand von 8483 und bei der

Besichtigung am 30.07.2003 ein km-Stand von 8486 festgestellt wurde.

Zu Spur Nr. 98 BB- ... :

Der Zeuge bekundete, dass sich aus dem Fahrtenbuch für den 04.07.2003 ein Fahrtende mit 10942 km ergebe. Am

14.07.2003 wurde es zurückgegeben mit 11055 km. Das Fahrtenbuch wurde entsprechend weiter geführt. Manipulationen

seien nicht erkennbar gewesen. Eine Fahrtstrecke von 113 km reiche nicht aus.

Zu Spur Nr. 99 BB- ... :

Insoweit hat die Überprüfung des Zeugen ... ergeben, dass das Fahrzeug am 14.07.2003 nicht außerhalb des

Werkgeländes bewegt wurde. Die km-Veränderung betrug von 10.07. bis zum 15.07.2003 lediglich 28 km.

Zu Spur Nr. 100 BB- ... :

Dazu hat der Zeuge ... ausgeführt, dass das Fahrzeug am 04.07.2003 bei km-Stand 51050 betankt wurde. Nach Rückgabe

durch den Vornutzer, nach 131 km, mit km-Stand 51181 wurde das Fahrzeug von einem Daimler-Chrysler-Mitarbeiter U.

vom 15.07.2003 bis zum 28.07.2003 für Messungen genutzt, die im Betriebsgelände ausgeführt wurden, und am

17.07.2003 bei einem km-Stand von 51352 betankt.

Seit dem Endstand des Vornutzers mit 51181 km wurden bis zum Tanken am 17.07.2003 171 km gefahren und in dieser

Zeit auch schon diverse Messungen durchgeführt und dafür Strecken im Betriebsgelände zurückgelegt.

Das Fahrzeug kommt als Tatfahrzeug nicht in Betracht.

Zu Spur Nr. 140 BB- ... :

Der Zeuge ... hat dazu ausgesagt, dass der PKW BB- ..., der zwei sichtbare Endrohre aufweise, vom Mitarbeiter von

Daimler-Chrysler Ei. am 18.07.2003 bei einem km-Stand von 103672, der aus der Rückkehr des Vorbenutzers am

10.07.2003 stammte, in Betrieb genommen wurde und mit 104236 am selben Tag zurückgegeben worden sei. Es sei

üblich gewesen, dass jeweils der Endstand des Vornutzers nicht als Anfangsbestand des Nachfolgers eingetragen wurde,

wenn dieser identisch war.

Insgesamt scheiden nach der Überzeugung der Kammer die oben genannten Fahrzeuge für eine Beteiligung an dem Unfall

aus.

dd) Der von der Kammer - unbeeidigt - vernommene Zeuge ... hat bekundet, er sei mit dem Nebenkläger ... am Unfalltage

zur Unfallstelle gefahren. Sie seien in den Parkplatz hinein gefahren und hätten zuvor gesehen, dass jemand an der

Unfallstelle gestanden habe. Als sie dorthin zurückgelaufen seien, sei die Person verschwunden gewesen. Sie seien dann

zum Parkplatz zurückgegangen und ein Auto sei davon gefahren. Er glaube, es habe sich um einen Mercedes der

E-Klasse gehandelt.

Er sei wohl am nächsten Tag bei der Polizei gewesen, er wisse aber nicht mehr, was er der Polizei erzählt habe. Näheres

zu dieser Person und zum Fahrzeug könne er nicht sagen.

Nach der Überzeugung der Kammer ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ... kein weiterer Aufklärungsansatz und

Aufklärungsbedarf.

Ein konkretes Fahrzeug wurde nicht festgestellt. Die in Frage kommenden Daimler-Chrysler-Fahrzeuge wurden - wie

ausgeführt - überprüft.

ee) Zu Spur 110

Die unbeeidigt vernommene Zeugin ... hat ausgeführt, sie sei mit zwei Freunden und zwar der ... und dem ... am

16.07.2003 bei ... gewesen. Es sei darum gegangen, dass der ... wegen des Einbaus eines Autoradios befragt werden

sollte.

Dieser habe plötzlich aus heiterem Himmel gesagt, ob sie von dem Unfall bei Karlsruhe gehört hätten, und weiter, dass das

mit seinem Auto, eine E-Klasse, passiert sei. Er sei aber nicht der Fahrer gewesen, sondern ein „Martin“. Das Auto würde

in der Garage stehen.

Sie habe dann gefragt, was das solle und ob er spinne und er habe gesagt, es sei die Wahrheit.

Sie habe ihn nie mit einem derartigen Auto fahren sehen.

Sie habe eigentlich nicht den Eindruck gehabt, dass ... sich habe wichtig machen wollen. Sie habe früher mal, Im

November 1999 3 Wochen lang eine intime Beziehung zu ihm gehabt.

Anschließend seien sie dann von sich aus zur Polizei gegangen, weil sie gemeint hatten, sie müssten das melden.

Die Zeugin ... hat dieses - unbeeidigt - im Wesentlichen bestätigt.

... habe gesagt, es habe sich um sein Auto gehandelt und ein Freund sei gefahren.

Das Gespräch sei geführt worden beim Zeugen ... in Sindelfingen-Maichingen und ... habe gesagt, der „Martin“ sei damals

von Karlsruhe nach Maichingen gefahren, das sei sozusagen ein Rennen gewesen und dabei sei es passiert und der

„Martin“ habe in einer halben Stunde zurück sein sollen.

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, sie seien wegen des Autoradios zu ... gegangen und dieser habe auf einmal von

dem Unfall gesprochen und davon, dass ein Kumpel „Martin“ den Unfall verursacht habe. Der „Martin“ sei mit seinem

Daimler gefahren und dieser stünde jetzt in der Garage. Er könne ihn nicht raus holen wegen des Unfalles.

... habe das etwas stolz erzählt und dabei auch komisch gelacht. Er habe gesagt, es sei sein Auto. Er habe auch auf die

Garage am Haus gezeigt.

Am selben Tag seien sie zur Polizei gegangen und hätten diese Dinge erzählt.

Der Zeuge ... hat dazu - unbeeidigt - ausgesagt, dass er etwas Derartiges gegenüber den drei Zeugen nicht gesagt habe.

Die drei seien am fraglichen Tag bei ihm gewesen wegen des Autoradios. Über den Unfall sei allgemein gesprochen

worden.

Er selbst habe nicht gesagt, dass der Unfall mit seinem Auto passiert sei oder überhaupt, dass ihm ein Mercedes gehöre.


Die Garage sei auch offen gewesen.

Er besitze keinen Mercedes der E-Klasse und habe auch niemand in der Verwandtschaft, der eine solche E-Klasse

besitze.

Der Zeuge PK ... hat - unbeeidigt - bekundet, es habe sich insoweit um die Spur 110 gehandelt.

Die Zeugen seien am 16.07.2003 auf dem Polizeirevier Böblingen erschienen und hätten gegenüber einem Kollegen

mitgeteilt, dass nach Angaben des ... mit dessen E-Klasse der Unfall bei Karlsruhe verursacht worden sei und zwar

gefahren worden sei das Auto von einem „Martin“.

Die Hinweisgeber hätten auch mitgeteilt, dass nach Angaben des ... das Fahrzeug in der Garage des ... stehen würde.

Der Zeuge ... hat weiter ausgesagt, dass das Wohnanwesen des ... direkt angefahren worden sei und gegen 20.30 Uhr die

Garage überprüft wurde. Eine schwarze E-Klasse oder ein sonstiger Daimler-Chrysler sei nicht festgestellt worden.

... habe bestritten, etwas derartiges gesagt zu haben. Er könne sich auch keine E-Klasse leisten.

Am 18.07.2003 habe er die drei Zeugen und den ... noch einmal vernommen und sie hätten jeweils ihre Versionen bestätigt.

Eine Nachbarbefragung habe ergeben, dass man dort noch nie eine schwarze E-Klasse gesehen habe.

Die Überprüfung des ... hinsichtlich der von ihm zugelassenen Fahrzeuge habe ergeben, dass auf ihn ein Opel Kadett

zugelassen sei und ein Kraftrad und früher andere Krafträder, noch nie ein Daimler-Chrysler.

Auch auf den Vater sei kein Daimler-Chrysler zugelassen.

Es sei weiter festgestellt worden, dass der Vater bei Daimler-Chrysler arbeite.

Er habe dort angefragt und dort sei ihm mitgeteilt worden, dass der Vater des ... ... ... lediglich einmal in der Zeit vom 04.06.

bis zum 10.06.2003 eine E-Klasse CDI ausgeliehen habe.

Dann gebe es noch einen ... ... bei Daimler-Chrysler, der habe in der Zeit vom 06.06. bis 10.06.2003 einen

Daimler-Chrysler ausgeliehen.

Weitere Vorgänge gebe es nicht.


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Beitrag 22.10.2005, 01:38
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Ihm und seinem Kollegen gegenüber sei nicht gesagt worden, dass dieser Martin auf der Strecke von Karlsruhe nach

Sindelfingen-Maichingen gefahren sei. Wäre das der Fall gewesen hätte diese Fahrt für das Ermittlungsverfahren wegen

des Unfalles keine Rolle gespielt.

Abgesehen von der Frage, wo die angebliche Fahrt stattgefunden haben soll, hat die Kammer, auf dieser Grundlage keine

Zweifel, dass ... gegenüber seinen drei Bekannten eine aufschneiderische Lügengeschichte erzählt hat.

Er war nie im Besitz eines Daimler-Chrysler, der als Tatfahrzeug in Frage käme. Entsprechendes gilt für seine

Verwandten.

Die drei Zeugen waren nach Auffassung der Kammer glaubhaft, ihre direkte Anzeige bei der Polizei spricht ebenfalls für

ihre Glaubwürdigkeit.

Weiter steht damit für die Kammer fest, dass der Zeuge ... in der Hauptverhandlung vom 21.07.2004 gelogen hat.

h) Der Sachverständige Dr. ... hat hinsichtlich der Auswahl der Fahrzeuge durch die Polizei nach den

Beschleunigungswerten folgendes ausgeführt:

Es sei zunächst vorauszuschicken, dass die Abriegelung bei 250 km/h nicht zu einem messbaren Beschleunigungsverlust

vor dieser Grenze führe, wie seine Ermittlungen bei Daimler-Chrysler ergeben hätten.

Im Hinblick auf das von den Zeugen ... und ... bekundete Fahrverhalten des Unfall-Daimler-Chrysler sei von einer kräftigen

Beschleunigung im oberen Bereich, oberhalb von 200 km/h auszugehen.

Die Polizei habe nach seiner Beurteilung auf der Grundlage der von Daimler-Chrysler gelieferten Beschleunigungsdaten mit

ihrer Auswahl der zu überprüfenden Fahrzeuge jedenfalls absolut sichergestellt, dass jedes Fahrzeug überprüft worden

sei, das nach seinem Beschleunigungsverhalten in Frage kam. Der Auswahlansatz der Fahrzeugfahndung sei insoweit

sehr großzügig bemessen gewesen.

Die Kammer folgt dem Sachverständigen nach eigener Überprüfung.

i) Der Angeklagte hat eingeräumt, im fraglichen Zeitraum im Bereich der Autobahn gefahren zu sein, an der der Unfall

passiert ist. Die Fahrt erfolgte mit dem Daimler-Chrysler CL 600, amtliches Kennzeichen BB- ...

Dies wird bestätigt durch den Fahrauftrag vom 10.07.2003, der auszugsweise verlesen und in Augenschein genommen

wurde (AS. D 391). Der Angeklagte bestätigte seine Unterschrift auf dem Fahrauftrag.

Der Zeuge ... hat dazu - unbeeidigt - bekundet, der Eintrag 05.20 mit Namenskürzel stamme von ihm. Er habe am

14.07.2003 Dienst am Tor 16 in Sindelfingen gehabt und habe diese Notiz auf dem betreffenden Fahrauftrag eingefügt, aus

der sich die Uhrzeit der Einfahrt des Fahrzeuges BB- ... in das Betriebsgelände ergebe. Der Zeiteintrag sei relativ genau,

plus/minus etwa ein bis zwei Minuten.

Das Fahrzeug sei vor 05.30 Uhr wieder ausgefahren, sonst wäre ein Ausfahrvermerk angebracht worden. Zu diesem

Zeitpunkt werde die zweite Fahrspur geöffnet und auch die Ausfahrzeiten würden notiert. Dies sei vorher bei kurzzeitigem

Ein- und wieder Ausfahren nicht der Fall.

Das ausfahrende Fahrzeug sei ihm dann noch besonders aufgefallen, weil es wegen des einfahrenden Gegenverkehrs

über die Verkehrsinsel und den Bordstein gefahren sei, so dass ihm das Fahrzeug „innerlich wehgetan habe“.

Die Tankstelle sei 700 m vom Tor entfernt, er habe das selbst abgeschritten.

Kurz nach der Ausfahrt des Fahrzeuges sei die zweite Spur geöffnet worden.

Wenige Tage später sei seine Uhr von einem Polizeibeamten mit einer Funkuhr verglichen worden. Er, der Zeuge, habe sie

bis zu diesem Zeitpunkt nicht umgestellt.

Der Zeuge POM ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er habe am 22.07.2003 die Armbanduhr des Zeugen ... mit seiner Funkuhr

verglichen und die Uhr des ... sei minutengenau gegangen.

Der Fahrauftrag trägt - entsprechend der Einlassung des Angeklagten - das Ziel der Dienstfahrt am 14.07.2004:

Papenburg.

Das Fahrzeug Daimler-Chrysler BB- ... entspricht in allen Bereichen den Anforderungen, die sich nach den Bekundungen

der Unfallzeugen an den unfallbeteiligten Daimler-Chrysler ergeben.

Das Fahrzeug BB- ... hat jeweils zwei getrennt voneinander angeordnete ovale Scheinwerfer im Frontbereich. Es verfügt

über zwei ovale Auspuffendrohre jeweils rechts und links. Eine Fotoserie des Fahrzeuges, die dies bestätigt, wurde in

Augenschein genommen (AS. G 213-227).

Unter bestimmten Lichtverhältnissen wirkt das Fahrzeug dunkel. Es wurden in Augenschein genommen die Fotos AS. G

153, die das Fahrzeug in einer hellen Halle mit Schatten zeigen und die entsprechendes ergeben. Wie oben ausgeführt,

ereignete sich der Unfall etwa eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang. Daraus ergibt sich, dass auf der von Süd nach

Nord verlaufenden BAB wegen der tiefstehenden Morgensonne auf der Richtungsfahrbahn Nord ausgedehnte

Schattenbereiche bestanden.

Das Fahrzeug entspricht - wie oben ausgeführt - weiter dem, das vom Zeugen ... als identisch gemeldet wurde.

Das Fahrzeug gehört - nach den Ausführungen des SV Dr. ... - zur Gruppe der Fahrzeuge, die leistungsmäßig in der Lage

sind, oberhalb von 200 km/h eine Beschleunigung zu erreichen, wie sie den Aussagen der Zeugen entspricht.

Schließlich ist die von den Unfallzeugen festgestellte Fahrweise für den Angeklagten auch nicht persönlichkeitsfremd.

Nach der Bekundung diverser Zeugen (siehe dazu unten) pflegte der Angeklagte mit derartigen Fahrzeugen sehr schnell zu

fahren. Auch zeigt ein zweiter Vorfall kurz vor Papenburg und ebenso ein Vorfall in der Vergangenheit, die von Zeugen

berichtet wurden (siehe dazu unten), dass der Angeklagte durchaus auch einen Fahrstil zeigte, bei dem er sehr dicht auf

andere Fahrzeuge auffuhr.

Nach alldem hat die Kammer keine Zweifel, dass der Angeklagte der Fahrer des Daimler-Chrysler war, der am Morgen des

14.07.2004 den Unfall auf der BAB A 5 bei km 615 verursachte, der Unfall, bei dem ... und ... ... zu Tode kamen.

4. Diese Feststellung der Täterschaft des Angeklagten wird nicht in Frage gestellt durch die Tankzeit im Werk Sindelfingen

am Morgen des 14.07.2003 und die sich daraus ergebende Weg-Zeit-Berechnung.

a) Der Tankbeleg vom 14.07.2003, der auszugsweise verlesen wurde (AS. C 401), gibt als Zeitpunkt der Bewegung, d. h.

Abschluss des Tankvorganges, an die Zeit 05.21 Uhr. Die entsprechende Zeit ist notiert auf dem Tagesabschluss der

Tankstelle, die ebenfalls auszugsweise verlesen wurde (AS. C 403). Beide Belege geben den Tankvorgang an für die

Karten Nr. 05934107.

Aus dem Stammdatenblatt des Fahrzeuges BB- ..., das ebenfalls auszugsweise verlesen wurde (AS. D 293), ergibt sich,

dass diese Kartennummer ausgeteilt ist für das betreffende Fahrzeug.

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er habe die Tankuhr am 22.07.2003 mit seiner Funkuhr verglichen und eine

Abweichung um minus eine Minute festgestellt, so dass die korrekte Tankzeit zu lauten habe: 05.22 Uhr.

Wie bereits ausgeführt, ging der Notruf vom Handy des Zeugen ..., getätigt durch den Zeugen ..., um 06.00 Uhr bei der

Leitstelle ein, also in der Zeit zwischen 06.00 Uhr und 0 Sekunden und 06.00 Uhr und 59 Sekunden.

Der Zeuge ... hat glaubhaft dargelegt, er habe den Anruf unverzüglich getätigt, und zwar in dem Augenblick, als das

abbremsende Fahrzeug ... mit ihm zusammen die Unfallstelle, also den Aufprallort des Fahrzeuges Kia, im Wald passiert

habe.

Ausgehend von einer Schleuderspur des Kia über 105 m und einem Abstand des Fahrzeuges ... zum Ausgangspunkt

dieses Schleudervorganges mit etwa 200 m hatte der Ford Transit bis zur späteren Unfallstelle etwa 300 m zurückzulegen

und brauchte dafür, ausgehend von 120 km/h und einer geringen bis mittleren Verzögerung von 1,0 m/s² bis 1.5 m/s² etwa

20 bis 30 Sekunden.

Das heißt, die Unfallausgangssituation bestand - etwa - 30 bis 40 Sekunden vor Eingang des Notrufes ... bei der

Funkleitzentrale.

Die Bekundungen des Zeugen ... zum Unfallzeitpunkt stellen diese Beurteilung nicht in Frage.

Abgesehen davon, dass der Zeuge ... ausgesagt hat, er höre „in der Regel“ Antenne 1, er sich also insoweit nicht ganz

sicher war, ist auf der Grundlage der oben dargestellten Beweiserhebung festzustellen, dass die Nachrichten an diesem

Tage möglicherweise um 05.58 Uhr und 30 Sekunden endeten und anschließend die Verkehrsnachrichten unbekannter

Dauer gesendet wurden. Diese erstreckten sich daher durchaus denkbar bis gegen 6.00 Uhr.

Daraus ergibt sich, dass der Unfall sich gegen 6.00 Uhr ereignet hat, nicht ausschließbar um 6.00 Uhr genau oder sogar

einige Sekunden später.

Vom Tankabschluss 05.22 Uhr bis zur Ausgangssituation des Unfalles um 06.00 Uhr 0 Sekunden bestand daher eine

Zeitdifferenz von 38 Minuten; bei einer Unfallausgangszeit um 05.59 Uhr und 20 Sekunden eine Zeitdifferenz von 37 Minuten

und 20 Sekunden.

c) Ausgehend von einem Tankende um 05.22 Uhr musste der Angeklagte zunächst mit seinem Fahrzeug 700 m bis zum

Tor der Betriebsanlage in Sindelfingen fahren, dort kurz den Gegenverkehr abwarten und das Tor passieren. Bei einer

Geschwindigkeit von etwa 50 km/h benötigt der Angeklagte mit seinem Fahrzeug für beides etwa

1 Minute und 30 Sekunden.

Soweit der Angeklagte zuvor diverse Wartungsarbeiten durchgeführt haben will, hält ihn die Kammer für unglaubwürdig.

Der Angeklagte hat unterschiedliche Versionen dieser Phase angeboten und diese zum Teil dann hinterher

zurückgenommen und als Lügengeschichte klassifiziert. Er hat z.T. widersprüchliche Angaben gemacht bzw. erklärt, er

könne sich nicht erinnern.

Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Angeklagte sich jeweils die Version ausgedacht hat, die für ihn günstig war, mit

der er seine Täterschaft in Frage stellen konnte.

Zunächst war er darum bemüht, einen Ablauf der Ereignisse darzustellen, bei dem er zeitlich deutlich nach dem Unfall die

Unfallstelle passierte. Zuletzt war er bestrebt, den Ablauf so darzulegen, dass er zwar früher als in der ersten Version dort

war aber wiederum nicht zu früh, damit er nicht als Unfallverursacher in Frage kam.

Der Zeuge ... hat glaubhaft - unbeeidigt - bekundet, der Angeklagte habe während eines Telefongespräches am Vormittag

des 14.07.2003 von Fahrzeug zu Fahrzeug gegenüber dem Zeugen ... angegeben, er sei von der Betriebsstätte in

Sindelfingen um 5.20 Uhr abgefahren. Dieses Gespräch wurde geführt, bevor der Unfall oder eine eventuelle Beteiligung

des Angeklagten am Unfall diskutiert wurde und bestätigt die obigen Feststellungen.

Die Aussage des Zeugen ... steht dem nicht entgegen. Dieser hat bekundet, dass das Fahrzeug BB- ... auf jeden Fall kurz

vor halb sechs ausgefahren sei und weiter gesagt, die von ihm eingetragene Einfahrzeit von 05.20 Uhr sei etwa plus/minus

ein bis zwei Minuten zu verstehen.

Eine exakte Ausfahrzeit ergibt sich daraus nicht, eine solche von 05.23 Uhr und 30 Sekunden ist nach den Angaben des

Zeugen ... durchaus realistisch.


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Beitrag 22.10.2005, 01:39
Beitrag #144


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Zitat
d) Vom Tor 16 in Sindelfingen bis zur Anschlussstelle Sindelfingen Ost sind es 3.761 m und von dort aus weiter bis zur

Unfallstelle 79.897 m.

Der von der Verteidigung benannte Sachverständige Dr. ... hat dazu - unbeeidigt - ausgeführt, die Strecke sei vermessen

worden mit dem Pkw VW Golf FR- ... am 02.07.2004. Mit Ergänzungsgutachten vom 22.07.2004, das mit Einverständnis

der Verfahrensbeteiligten verlesen wurde, hat er zusätzlich dargelegt, dass die Wegstreckenanzeige zweifach überprüft

worden sei mittels eines Messrades und sich ergeben habe, dass vom VW Golf eine um 1,64 % bzw. 1,65 % zu geringe

Strecke angezeigt würde. Daraus ergäben sich die oben angeführten Strecken bei entsprechender Korrektur.

Die Kammer folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen.

Der Sachverständige Dr. K. hat insoweit eine Entfernung von 79,6 km ausgemessen und eine Abweichung von 2 km für

denkbar erachtet. Diese Beurteilung stellt die obigen Feststellungen nicht in Frage.

Für die Strecke in Sindelfingen - 3.761 m werden bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h benötigt 271

Sekunden entspricht

4 Minuten und 31 Sekunden.

Bei entsprechender Abänderung (plus 1,65 %) der vom Sachverständigen Dr. ... aufgeschlüsselten Streckenanteile mit

jeweils zulässiger Höchstgeschwindigkeit ergeben sich jeweils folgende Fahrzeiten bei einer Überschreitung der

zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h:


100 km/h auf 18.195 m d.h. bei 130 km/h:  504 Sekunden
120 km/h auf 43.567 m d.h. bei 150 km/h:  1.046 Sekunden
Geschwindigkeit unbegrenzt auf 15.654 m d.h. bei 250 km/h:  225 Sekunden

An den Baustellen, wie sie vom Sachverständigen Dr. ... erfasst worden sind:

100 km/h auf 173 m d.h. bei 130 km/h:  5 Sekunden
80 km/h auf 817 m d.h. bei 110 km/h:  27 Sekunden
60 km/h auf 1.484 m d.h. bei 90 km/h:                      59 Sekunden
ergibt:  1.866 Sekunden
=          31 Min. und 6 Sekunden
hinzu kommt Fahrtstrecke Sindelfingen (siehe oben):
            4 Min. und 31 Sekunden
Fahrtstrecke im Betriebsgelände (siehe oben):
              1 Min. und 30 Sekunden
ergibt insgesamt:  37 Min. und 7 Sekunden


Eine durchschnittliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h ist nach der Beurteilung des

Sachverständigen Dr. ... durchaus realistisch und möglich. Eine Überschreitung um 20 km/h ist nicht ganz unüblich - und

auf deutschen Autobahnen fast schon „normal“ - und eine Steigerung um weitere 10 km/h ist nach dem vom

Sachverständigen geschilderten Profil der Strecke ohne weiteres umsetzbar. Die Kammer folgt der Beurteilung der

Sachverständigen.

Das von der Polizei gefertigte Video einer Testfahrt am 28.07.2003 mit einem Daimler-Chrysler CL 600, einem Fahrzeug

mit gleichen Leistungsmerkmalen wie das Fahrzeug des Angeklagten, von Tor 16 bis zur Unfallstelle - allerdings über die

Anschlussstelle Böblingen-Hulb auf die A 81 -, wurde in Augenschein genommen (Anlage zur Hauptverhandlung vom

19.07.2004).Nach der Bekundung des Zeugen POM ... wurde gestartet um 05.22 Uhr und die jeweils zulässige

Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h überschritten, bei freier Fahrt so schnell wie möglich gefahren und eine Fahrtzeit von

41 Minuten erreicht.

Der Zeuge ... hat insoweit bekundet, man hätte zeitweise ohne weiteres deutlich schneller fahren können.

Der Zeuge ..., Abteilungsleiter für die S-Klasse, hat - unbeeidigt - glaubhaft bekundet, dass er das Fahrzeug

Daimler-Chrysler CL 600 bei der Probefahrt für die Polizei gefahren habe. Sie seien damals eingefahren über die Autobahn

Böblingen-Hulb und danach entsprechend der Vorgabe mit 20 km/h über den Beschränkungen. Wo es frei gewesen sei,

habe er so schnell fahren sollen wie möglich.

Damals habe der Berufsverkehr eingesetzt. Aber es sei auch Beginn der Schulferien gewesen und die Verkehrssituation

sei relativ ruhig gewesen.

Es wäre durchaus möglich gewesen deutlich schneller zu fahren, wenn man sich nicht in dieser Weise an die

Beschränkungen gehalten hätte.

Auf der freien Strecke sei er allerdings am Limit gefahren.

Das Video ergibt, dass das Polizeifahrzeug mehrfach von Pkw’s überholt wurde und dass es auf der Strecke zum Teil zu

Behinderungen durch Lkw’s auf der linken Spur kam. Auch kam es zu zwei Ampelstopps.

Der Sachverständige Dr. ... hat auf der Grundlage des mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten verlesenen Schreiben

der Stadt Sindelfingen - Ordnungs- und Standesamt - vom 07.07.2004 ausgeführt, dass die Ampeln auf der Strecke Tor 16

bis Anschlussstelle Sindelfingen-Ost über das Alles-Rot-Programm zum fraglichen Zeitpunkt gesteuert wurden. Bei

Annäherung an die erste Ampel schalte diese auf Grün und die folgenden in entsprechenden Abständen. Ohne

Querverkehr ergebe sich daher eine „grüne Welle“.

Wie der Sachverständige Dr. ... ausgeführt hat, war die Verkehrsbelastung am 14.07.2003 und am 28.07.2003 etwa gleich

hoch. Diese wird stundenbezogen gemessen vom Landesamt für Straßenwesen. Eine derartige Zählstelle befindet sich bei

der Anschlussstelle Pforzheim Ost.

Auch bei etwa gleicher stundenbezogener Verkehrsbelastung ist nach der Überzeugung der Kammer - abhängig auch von

der konkreten situationsbezogenen Verkehrsbelastung, die sich aus dem Stundendurchschnitt nicht ohne weiteres ergibt -

ein entsprechender Geschwindigkeitsdurchschnitt, wie oben dargelegt, zu erzielen.

Entsprechendes gilt auch für die vom Sachverständigen Dr. ... durchgeführte Probefahrt am 03.07.2004. Für diese

Probefahrt, bei der er ebenfalls die zulässige Höchstgeschwindigkeit jeweils etwa um 20 km/h überschritten hat, benötigte

er 40 Minuten.

Die Unfallzeugen ... und ... und auch der aus Richtung Pforzheim kommende ... haben bekundet, die sei Straße relativ frei

gewesen, es habe geringes Verkehrsaufkommen geherrscht.

Bei einem Start an der Tankstelle des Betriebsgeländes Daimler-Chrysler in Sindelfingen um 05.22 Uhr ist ein Erreichen

der Unfallstelle um 06.00 Uhr oder kurz vor 06.00 Uhr daher nach der Überzeugung der Kammer realistisch.

Bei einer zeitweiligen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit in den Bereichen mit 100 km/h bzw. 120 km/h um 40

km/h, entsprechendes ist nach jeweiliger Verkehrssituation ebenfalls realistisch, ergibt sich ein zusätzlicher Zeitfaktor von

bis zu einer halben Minuten bzw. einer Minute.

Die ermittelten Werte lassen durchaus auch kurzzeitige Anpassungen an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit zu -

entsprechend der Aussage ..., nach der der Daimler-Chrysler in der Baustelle bei Karlsruhe relativ langsam gefahren sei -

ohne dass dadurch das oben angeführte Ergebnis in Frage gestellt wird.

5. Auch die Feststellungen hinsichtlich der weiteren Fahrt des Angeklagten und sein Nachtatverhalten stellen die

Überzeugungen der Kammer von seiner Täterschaft nicht in Frage.

a) Der bei der Tank- und Rastanlage Siegerland Ost erhobene Visa-Tankbeleg vom 14.07.2003, der in Augenschein

genommen und auszugsweise verlesen wurde (C 343), trägt die Unterschrift des Angeklagten und der dazu gehörende

Computerausdruck der Tanksäule, der ebenfalls auszugsweise verlesen wurde, ergibt ein Ende der Tankzeit mit 07:57

Uhr.

Daraus folgt, dass der Angeklagte für die Fahrtstrecke von 250 km/h - mit Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 27 % und

freier Fahrt auf 63 % entsprechend den zutreffenden Behauptungen der Verteidigung (Beweisantrag 12) - von der

Unfallstelle bis zur Raststätte Siegerland etwa 1 Stunde und 50 bis 55 Minuten benötigte und damit mit einer

Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 130 km/h bis 137 km/h fuhr. Diese Geschwindigkeit lässt sich, nach den

Ausführungen des Sachverständigen ..., auch unter Berücksichtigung auf den zu dieser Zeit - insbesondere im Großraum

Frankfurt - verstärkt einsetzenden Berufsverkehr bei zügiger Fahrweise realisieren.

Die obigen Feststellungen werden dadurch nicht in Frage gestellt.

b) Die Zeugen ... ... und ... ..., die an diesem Tag ebenfalls als Daimler- Chrysler Mitarbeiter nach Papenburg unterwegs

waren und die Unfallstelle gegen 05.45 Uhr passierten, haben - unbeeidigt - glaubhaft bekundet, sie hätten nach

telefonischer Absprache den Angeklagten in der Raststätte Siegerland getroffen.

Der Zeuge ... hat ausgesagt, der Angeklagte sei stark erkältet gewesen und sie seien nach einiger Zeit Richtung Papenburg

gestartet. Nach dem Verlassen der Autobahn seien sie auf der Landstraße Richtung Papenburg hinter dem Angeklagten

gefahren und dieser sei bei etwa 80 km/h sehr dicht auf ein vorausfahrendes Auto aufgefahren. Das sei knapp gewesen.

Er, der Zeuge, habe noch gesagt, der solle vorsichtig sein, dass er sich nichts einhandele.

Der Zeuge ... hat diesen Vorfall bestätigt. Der Angeklagte sei mit Blinker und Lichthupe dicht aufgefahren. Das Verhalten

hätte nach seiner - des Zeugen - Beurteilung zu einem Unfall führen können.


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Beitrag 22.10.2005, 01:40
Beitrag #145


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Zitat
c) Hinsichtlich des Verhaltens des Angeklagten nach Bekanntwerden des Unfalls und der Ausdehnung der Suche auf einen

Daimler-Chrysler der S- Klasse haben beide Zeugen bekundet, dass der Angeklagte sich ungewöhnlich oft erkundigt habe,

ob es neue Erkenntnisse gäbe. Der Zeuge ... hat bekundet, das Verhalten des Angeklagten sei sehr auffällig gewesen und

er habe wiederholt gesagt, er könne es nicht gewesen sein. Er habe seine Abfahrtszeit in Sindelfingen zu diesem Zeitpunkt

mit 05:40 Uhr angegeben. Er - der Zeuge - habe ihm nur gesagt, „er solle es sich nicht schön rechnen“.

Der Spitzname „Turbo-Rolf“ stamme von ihm. Der sei aber nicht negativ gemeint und habe sich nicht auf die Fahrweise,

sondern auf die Art der gefahrenen Fahrzeuge bezogen.

Am Nachmittag des 14.07.2003 sei dem Angeklagten bei einer Probefahrt schlecht geworden. Er - der Zeuge - habe dann

später gehört, dass kurz vorher die Meldung gekommen sei, dass eine S- Klasse gesucht würde.

Der Zeuge ... hat weiter bekundet, der Angeklagte und Daimler-Chrysler Mitarbeiter ..., Teamleiter des Angeklagten, hätten

sich einmal im Büro eingeschlossen. Er wisse aber nicht genau wann das gewesen sei, wohl am Folgetag.

Der Zeuge ..., ebenfalls ein Daimler-Chrysler Mitarbeiter, hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei damals ebenfalls in Papenburg

gewesen. Ihm sei am Nachmittag des 14.07.2003 die Nervosität des Angeklagten aufgefallen. Der Mitarbeiter ... und der

Angeklagte hätten sich dann im Büro eingeschlossen. Er habe zunächst gedacht, es ging um Differenzen mit ihm selbst.

Er habe nämlich einige Zeit vorher erhebliche Probleme mit dem Angeklagten gehabt während eines beruflich bedingten

gemeinsamen Aufenthalts in Spanien.

Der Zeuge hat auf Vorhalt seiner polizeilichen Aussage vom 22.07.2003 bekundet, er habe damals exakte Angaben

gemacht und er könne sich nach Vorhalt daran erinnern, dass die beiden sich am Montag, den 14.07.2003 eingeschlossen

hätten. Ihm sei erst anschließend klar geworden, dass ... und der Angeklagte sich wegen des Unfalls eingeschlossen

hätten.

Vorausgegangen sei die Testfahrt am Nachmittag des 14.07., bei der dem Angeklagten schlecht geworden sei. Der

Angeklagte habe fiebrig ausgesehen und sich sichtlich unwohl gefühlt.

Im Anschluss an das Einschließen habe ihn, ..., der Zeuge ... gefragt, ob er noch nicht von der Nachricht gehört habe, dass

ein Fahrzeug gesucht werde aus den Reihen der Versuchsingenieure, wohl das Fahrzeug des Angeklagten.

Der Angeklagte sei dann später auf ihn zugekommen und habe ihn gefragt, wie es mit einer Aussage bei der Polizei sei. Er

habe ihn wohl deswegen gefragt, weil seine, des Zeugen, Frau Rechtsanwältin sei.

Er habe dem Angeklagten dann gesagt, er solle sagen, was gewesen ist. Das sei am Mittwoch oder Donnerstag gewesen.

Der Angeklagte habe dann noch gesagt, er habe nichts mit dem Unfall zu tun und er, der Zeuge habe ihm dann gesagt,

dann brauche er sich ja auch keine Sorgen zu machen. Der Angeklagte habe weiter noch gesagt, er sei beim Unfall

vorbeigefahren und es hätten dort bereits viele Menschen auf der Straße gestanden.

Es könne durchaus sein, dass sich der Angeklagte und ... in der Folgezeit noch mal eingeschlossen hätten.

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei damals ebenfalls in Papenburg gewesen und bei der Testfahrt am

Nachmittag des 14.07.2003 mit dem Angeklagten dabei gewesen.

Dem Angeklagten sei dann schlecht geworden und er habe gesagt, er sei erkältet.

Im Anschluss daran hätten sich der Angeklagte und der Kollege ... im Büro eingeschlossen. Das sei ganz untypisch

gewesen. Der Kollege ... habe dann an die Tür gepocht.

Nach der Beurteilung der Kammer haben die Zeugen ... und ... zuverlässige und glaubhafte Angaben gemacht. Die

Schilderung des ungewöhnlichen Einschließens des Angeklagten mit dem Teamleiter ... erfolgte plastisch und detailreich.

Der Zeuge Frank ..., ebenfalls ein Daimler-Chrysler Mitarbeiter und Teamleiter des Angeklagten, hat - unbeeidigt - bekundet,

er sei an diesem Tag ebenfalls nach Papenburg gefahren, ebenfalls über die A 5 bei Karlsruhe mit dem Fahrzeug

Daimler-Chrysler S 600 Limousine BB- ... . Er habe die Unfallstelle etwa um 05:30 Uhr passiert.

In Papenburg sei er kurz vor 11:00 Uhr angekommen.

Nachdem davon die Rede gewesen sei, dass auch eine S- Klasse gesucht werde, habe er mit unterschiedlichen Personen

über die Sache geredet. Ihm selbst sei klar gewesen, dass er mit der Sache nichts zu tun gehabt habe.

Auf der Testfahrt am Nachmittag des 14.07.2003 sei dem Angeklagten schlecht geworden. Der habe ihm dann gesagt,

dass ihn der Unfall beschäftige. Vorher hätten sie in der Werkstatt die Meldung gehört, dass ein S- Klasse Coupé gesucht

werde.

Der Zeuge ... hatte weiter auf Vorhalt seiner Aussage bei der Polizei am 19.07.2003 bekundet, es sei richtig, dass der

Angeklagte ihm gegenüber erklärt habe, dass er gezweifelt habe, ob er den Unfall verursacht habe oder nicht.

Sie hätten dann auch gemeinsam erörtert, ob sie sagen sollten, sie seien über Würzburg gefahren. Sie hätten das aber

nicht in Erwägung gezogen, weil es sie verdächtig gemacht hätte.

Es sei nicht richtig, dass der Angeklagte und er sich am Nachmittag des 14.07.2003 oder am Abend eingeschlossen

hätten, um irgendetwas zu bereden.

Lediglich am Mittwochnachmittag, am 16.07.2003, hätten sie sich eingeschlossen, um Kontakt zu einem Rechtsanwalt

aufzunehmen. Der Angeklagte hätte dann mit dem Rechtsanwalt telefoniert, er, der Zeuge, hätte dem Gespräch einseitig

zugehört. Er habe dann mitbekommen, dass der Rechtsanwalt dem Angeklagten geraten habe, nicht zur Polizei zu gehen.

Es sei richtig, dass er, ..., Wegzeitberechnungen gemacht habe, um zu prüfen, wann er an der Unfallstelle gewesen sei.

Nach der Beurteilung der Kammer hat der Zeuge ... hinsichtlich des Einschließens am Montag, den 14.07. die Unwahrheit

gesagt.

Sein Aussageverhalten in diesem Punkt war, bis er sich auf die oben wiedergegebene - und protokollierte - Aussage

festlegte, ausgesprochen vage und ausweichend. Der Zeuge wollte ersichtlich den Eindruck vermeiden, er selbst sei

wegen der Möglichkeit einer Beteiligung an dem Unfall nervös gewesen. Die Kammer hält die Bekundungen der Zeugen ...

und ... für zuverlässig und glaubwürdig.

Ergänzend wurde mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten das Schreiben des ..., eines Mitarbeiters der für das

Testgelände in Papenburg zuständigen Gesellschaft, vom 22.07.2004 und die Telefoncomputerliste - auszugsweise - (Anl.

2 z. HV v. 23.07.04) verlesen. Aus diesen Unterlagen ergibt sich zur Überzeugung der Kammer ein - vom Angeklagten

behauptetes und vom Zeugen ... bestätigtes - Telefongespräch am 16.07.03 um 15.44 Uhr vom Testgelände in Papenburg

mit einer Anwaltskanzlei in Reutlingen.

Der Zeuge ... wurde von der Polizei zunächst auch als Täter verdächtigt, weil er mit einem Daimler-Chrysler mit ähnlichen

Fahrzeugmerkmalen und etwa auch zum gleichen Zeitpunkt die BAB A 5 von Karlsruhe Richtung Norden befuhr.

Das vom Zeugen ... gefahrene Fahrzeug kommt als Tatfahrzeug nicht in Betracht.

Das Auto hat allerdings identische Auspuffrohre wie das vom Angeklagten gefahrene Fahrzeug, die gleiche Farbe, eine

entsprechende Leistung und auch im Kofferraumbereich unterscheiden die Fahrzeuge sich nur um 25 mm. Mit

Einverständnis der Verfahrensbeteiligten wurde insoweit das Schreiben des ... vom 20.07.04 Abschnitt „Auspuff“ und

„Kofferraumlänge“ verlesen und die Fotos AS. G 229 bis 243 in Augenschein genommen, woraus sich entsprechendes

ergibt.

Das Fahrzeug hat jedoch die Scheinwerfer beider Seiten unter einer jeweils geschlossenen Glasabdeckung. Es kommt

daher nach der Zeugenaussage ... (s.o.) nicht in Betracht.

Wie oben ausgeführt, ist die Kammer auf Grund der Aussage dieses Zeugen und der Erkenntnisse aus der

Videovorführung des Videos „Scheinwerferlicht“ der Überzeugung, dass das Tatfahrzeug jeweils zwei separate

Frontscheinwerfer besaß, die auch bei eingeschaltetem Fahrlicht gut als solche zu erkennen waren.

Der Zeuge ..., hat - unbeeidigt - glaubhaft bekundet, er sei damals in Papenburg gewesen.

Auch er habe mitbekommen, dass dem Angeklagten bei der Testfahrt schlecht geworden sei.

Der Angeklagte habe sehr häufig nachgefragt, ob es was Neues mit dem Unfall gebe. Er habe auch mitbekommen, dass

der Angeklagte und ... sich einmal im Büro eingeschlossen hatten, er meine das sei am Dienstag gewesen, es könnte aber

schon am Montag, den 14.07.2003 gewesen sein.

Er habe den Angeklagten gefragt, ob er etwas mit dem Unfall zu tun habe, und dieser habe ihm gesagt, er könne es sich

nicht vorstellen. Er meine, der Angeklagte habe gesagt, er habe „es nicht bewusst miterlebt“.

Er, der Zeuge, habe danach die Möglichkeit einer Beteiligung des Angeklagten am Unfall gesehen.

Der Zeuge ... ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei Abteilungsleiter für die S- Klasse bei Daimler-Chrysler. Er sei damit der

direkte Vorgesetzte von Herrn ... und dieser sei Teamleiter und diesem wiederum unterstellt sei der Angeklagte und Herr ...

Er habe mit dem Angeklagten und ... wegen des Unfalls telefoniert, das sei am Montag oder am Dienstag gewesen. Es sei

ihre eigene Verantwortung gewesen, was auf der Fahrt nach Papenburg passiert sei.

Beide hätten nachgefragt, wie sie sich verhalten sollten und er hätte ihnen gesagt, sie sollten einen Spezialisten fragen.

Der Zeuge ... hat - -unbeeidigt - ebenfalls glaubhaft ausgesagt, er sei damals ebenfalls in Papenburg gewesen. Der

Angeklagte habe oft wegen des Unfalls nachgefragt, aber das hätten andere auch getan.

Auf Vorhalt seiner Aussage in erster Instanz, der Angeklagte habe so oft gefragt wie alle anderen zusammen, erklärte der

Zeuge, das sei richtig. Der Angeklagte habe ihn auch einmal gefragt, ob die Tankzeiten in Sindelfingen festgehalten werden.

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei damals auch in Papenburg gewesen und am 16.07.2003 nach

Sindelfingen zurückgekehrt. Es habe in Papenburg und auch in Sindelfingen nur noch ein Thema in der Werkstatt gegeben

und das sei der Unfall gewesen.

Er habe diverse Informationen vom Kollegen ... erhalten und sei auf Grund dieser Informationen der Auffassung gewesen,

man müsse etwas unternehmen. Er selbst habe aber keine eigenen Feststellungen getroffen.

Da er der Ansicht gewesen sei, dass der Angeklagte in Verdacht sei, habe er sich entschlossen, gegenüber der Polizei

anonym auf diese Möglichkeit hinzuweisen und habe dies auch getan.

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - bekundet, er sei damals in Papenburg gewesen.


Nach seiner Ansicht war das Auto eigenartig abgestellt und abgeschlossen, was ungewöhnlich sei. An dem betreffenden

Platz in der Werkstatt stehe normalerweise kein Fahrzeug und wenn, dann werde es nicht abgeschlossen.

Am nächsten Tag sei er dann zum Kollegen ... gegangen wegen des Autos und habe gefragt, ob das etwas mit dem Unfall

zu tun habe und dieser habe ihm gesagt „frag mich nicht“. ... habe auch gesagt es sei „nichts dran“.

Er selbst habe ... aber nicht belastet.

Aus diesen Aussagen lässt sich zur Überzeugung der Kammer schließen, dass der Angeklagte sich jedenfalls nicht sicher

war, dass er mit dem Unfall nichts zu tun hatte. Sein ganz ungewöhnliches Interesse an Informationen, der Versuch, sich

gegenüber den Kollegen zu rechtfertigen und Zeiten und Umstände mitzuteilen, die - wie er in der Berufungsverhandlung

eingeräumt hat - unzutreffend waren, ergeben, dass er selbst eine Beteiligung für möglich hielt. In entsprechender Richtung

hat er sich auch z.T. - wie oben dargelegt - gegen über seinen Arbeitskollegen geäußert.

6. Zum Fahrverhalten des Angeklagten haben die Zeugen folgendes bekundet:

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, er sei einmal im Sommer 2002 mit dem Angeklagten in einem Daimler-Chrysler

CL 600 nach Papenburg gefahren.

Der Angeklagte sei sehr schnell gefahren und einmal auch ganz nah aufgefahren. Es sei eine kritische Situation gewesen.

Der Angeklagte hätte die vorausfahrenden Wagen auch „zur Seite gescheucht“.

Mit 250 km/h sei der Angeklagte auf der Autobahn gefahren, die zwar frei war, es sei aber dunkel gewesen.

Er habe sich dann damals gesagt, „es ist ja gleich vorbei, wir sind bald da“, er habe sich aber entschlossen, nicht mehr mit

dem Angeklagten zu fahren. Diese Geschichte habe er auch den Kollegen erzählt.

Der Zeuge ... hat zum Fahrstil - abgesehen von den obigen Bekundungen - gesagt, dieser sei unauffällig gewesen. Er sei 2

bis 3 mal vom Angeklagten nach Hause gefahren worden und dabei sei nichts auffällig gewesen.

Der Zeuge ... hat bekundet, er sei mit dem Angeklagten nie mitgefahren. Er habe aber etwas über dessen Fahrweise gehört

und deswegen die Kollegen angewiesen, nicht mit den Angeklagten mitzufahren. Auch der Zeuge ... hat bekundet, er sei nie

mit den Angeklagten mitgefahren.

Der Zeuge ... hat ausgesagt, er sei relativ oft mit dem Angeklagten mitgefahren. Das Fahrverhalten des Angeklagten sei

ganz normal gewesen. Erst später habe er von dessen angeblicher aggressiver Fahrweise gehört.

Der Zeuge ... ... hat ausgesagt, dass es hinsichtlich der Bußgelder Daimler-Chrysler folgendermaßen sei, dass die

Bußgelder zu ihm kämen und dann diese an die Mitarbeiter weitergegeben würden. Bei schwereren Vorfällen käme es zu

einem persönlichen Gespräch. Beim Angeklagten habe es keinen entsprechenden Vorfall seiner Erinnerung nach gegeben.

Kleinere Bußgelder würden so nebenbei laufen.

Der Zeuge ... hat bekundet, er könne zur Fahrweise des Angeklagten aus eigener Kenntnis nichts sagen, er habe aber

damals gehört, dass der Angeklagte aggressiv fahre und deswegen empfohlen, bei ihm nicht mitzufahren.

Der Zeuge ... hat - unbeeidigt - ausgesagt, dass der Angeklagte einmal auf einer Teststrecke solange im Kreis gefahren

sei, bis ein Reifen geplatzt sei.

Schließlich hat der Zeuge ... - unbeeidigt - bekundet, er sei vier Jahre lang in Fahrgemeinschaft mit dem Angeklagten zu

Daimler-Chrysler gefahren. Sie hätten sich täglich abgewechselt. Es seien jeweils 82 km hin und auch zurückzufahren

gewesen.


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Beitrag 22.10.2005, 01:41
Beitrag #146


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Zitat
Zum Fahrverhalten des Angeklagten sei zu sagen, dass dieser zügig und sicher fahre. Er, der Zeuge, habe nie Angst beim

Mitfahren gehabt. Der Angeklagte habe auch nie kritische Situationen herbeigeführt. Auf der Autobahn sei der Angeklagte

schon schnell gefahren, 210 - 220 km/h, aber nicht in gefährlichen Situationen. Auf der Landstraße sei er etwa 120 km/h

gefahren.

Der Angeklagte sei auch manchmal gefahren, was das Auto hergibt.

Er selbst, der Zeuge, habe bei der Fahrt im Auto des Angeklagten durchaus schlafen können.

Auf dieser Grundlage hat die Kammer keine Zweifel, dass der Angeklagte gern sehr schnell fährt und sich dabei in aller

Regel vorschriftsmäßig verhält und kritische Situationen vermeidet.

Allerdings kommt es in Einzelfällen auch immer wieder einmal vor, dass er diese Umsicht außer Acht lässt und sich

verkehrswidrig und unfallträchtig verhält.
492

Sein Fahrverhalten vom 14.07.2003, die Ausgangslage des Unfalls, war für ihn somit nicht persönlichkeitsfremd.

7. Was die Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zur inneren Einstellung des Angeklagten angeht, so gründet sich,

nachdem der Angeklagte ein Fehlverhalten insgesamt bestritten hat, die diesbezügliche Überzeugung der Kammer im

wesentlichen auf eine Bewertung der sich aus dem äußeren Tathergang ergebenen Gesamtumstände.

Der Angeklagte ist mit so extrem hoher Differenzgeschwindigkeit auf den auf der linken Fahrspur vor ihm vorausfahrenden

und von ihm auf größere Entfernung zu erkennenden Pkw Kia zugefahren, dass letztlich, wäre kein Ausweichmanöver des

Kia erfolgt, nur eine starke Bremsung des Angeklagten einen Auffahrunfall noch hätte - und dass unter günstigen

Umständen - verhindern können.

Diese objektiven Gesamtumstände machen hinreichend deutlich, dass der Angeklagte ... ... nicht nur einfach unter

Einhaltung eines nicht ausreichenden Sicherheitsabstandes folgen wollte, sondern mit seinem massivbedrängenden

Fahrverhalten den Zweck verfolgte, ... ... zur Durchsetzung seines Überholvorhabens so unter Druck zu setzen, dass diese

- wie ja dann auch tatsächlich geschehen - die linke Fahrspur freimachen und ihm so das Überholen ermöglichen werde.

Für den Angeklagten war bei der Annäherung ersichtlich, dass ein Spurwechsel für den Kia auf die mittlere Spur möglich

war.

Bei vernünftiger Wertung des objektiven Geschehensablaufes kann nach Auffassung der Kammer auch kein Zweifel

bestehen, dass in Anbetracht der Schwere und Gefährlichkeit des oben festgestellten Fehlverhaltens der Angeklagte als

besonders erfahrener, bereits eine mehrjährige umfangreiche Fahrpraxis aufweisender Verkehrsteilnehmer entweder

wusste bzw. billigend in Kauf nahm oder doch - wovon die Kammer zu seinem Gunsten ausging - bei gehöriger Sorgfalt

zumindest ohne weiteres hätte erkennen können und müssen, dass sein Fahrverhalten im besonders hohem Maße gegen

geltende Verkehrsvorschriften verstieß und durch sein Fahrmanöver Leib und Leben der Insassen des Pkw Kia im

besonders hohem Maße konkret gefährdet wurden.

Bei vernünftiger Wertung des objektiven Geschehensablaufes kann nach Auffassung der Kammer schließlich auch kein

Zweifel bestehen, dass es dem Angeklagten ausschließlich auf sein eigens schnelleres Fortkommen ankam und dass er

sich - jedenfalls - im Sinne eines fahrlässig rücksichtslosen Verhaltens über seine Verkehrspflichten und die

Sicherheitsinteressen der Insassen des Pkw Kia aus Gleichgültigkeit keine näheren Gedanken machte und Bedenken

gegen seine aggressive Fahrweise von vornherein nicht aufkommen ließ.

Der Angeklagte hätte, wie ausgeführt, bei gebotener Sorgfalt jedenfalls erkennen können und müssen, dass er mit seinem

Fahrverhalten in besonders hohem Maße gegen geltende Verkehrsvorschriften handelte und dass die Folge dieses

Verhaltens eine schreckbedingte, unkontrollierte Reaktion der vorausfahrenden Fahrerin sein konnte mit Folgen für die

Fahrsicherheit dieses Fahrzeuges in der Weise, dass dieses Fahrzeug außer Kontrolle geraten konnte und es zu einem

Unfall kommen konnte.

Ebenso hätte er bei den gefahrenen Geschwindigkeiten erkennen können und müssen, dass die Folgen eines solchen

Unfalles - wie dann auch tatsächlich geschehen - tödlich sein könnten.

Auch insoweit ließ der Angeklagte aus Gleichgültigkeit Bedenken gegen seine aggressive Fahrweise von vornherein nicht

aufkommen.


VI.

Bei dem festgestellten Sachverhalt hat der Angeklagte in rechtlich einer Handlung

a) fahrlässig grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt und ist bei Überholvorgängen falsch gefahren und hat

dadurch fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremden Sachen von bedeutendem Wert gefährdet und

zugleich

b) durch Fahrlässigkeit den Tod von zwei Menschen verursacht.

Es handelt sich um ein Vergehen der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit einem Vergehen der

fahrlässigen Tötung in zwei Fällen, strafbar gem. §§ 222, 315 c Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 3 Nr. 2, 52 StGB.

1. Der Angeklagte hat im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 3 Nr. 2 StGB fahrlässig grob verkehrswidrig und

rücksichtslos falsch überholt und dadurch Leid und Leben anderer fahrlässig gefährdet.

Der Überholvorgang beginnt bereits bei einem schon vorher linksfahrenden Fahrzeug mit der deutlichen Verkürzung des

Sicherheitsabstandes (§ 4 StVO) mit Überholgeschwindigkeit in Überholabsicht (Bay DAR 93, 269, Kar NJW 72, 962, 963,

Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35 Aufl. § 5 StVO Rz. 22).


Diese dichte Annäherung bei erheblicher Differenzgeschwindigkeit beruhte nicht etwa auf Sorglosigkeit und Unachtsamkeit,

sondern es ging dem Angeklagten gerade darum, unverzüglich das Überholmanöver herbeizuführen. Er hatte mit hoher

Geschwindigkeit die Zeugen ... und ... bereits überholt und wollte - davon ist die Kammer überzeugt, auch ohne dass der

Angeklagte Schallzeichen abgab oder die Lichthupe betätigte - diese schnelle Fahrt fortsetzen und das Überholmanöver

vornehmen, um schnellstmöglichst Papenburg erreichen zu können. Die Möglichkeit des Spurwechsels des Kia nach

rechts war für ihn auch ersichtlich.

Es handelte sich nicht nur um ein Nachfahren mit zu geringem Abstand. Aus der hohen Differenzgeschwindigkeit bei

geringem Restabstand der Fahrzeuge war die Überholabsicht des Angeklagten erkennbar.


Der Angeklagte setzte zum Überholen an.

Auf Autobahnen muss unter normalen Verkehrsverhältnissen ein Sicherheitsabstand eingehalten werden, welcher der in

einem 1,5 Sekunden durchfahrenden Strecke entspricht; ein Verstoß hiergegen fällt unter § 4 Abs. 1 StVO.

Bei der vom Angeklagten gefahrenen Geschwindigkeit hätte es daher eines Sicherheitsabstandes von etwa 75 Metern

bedurft.


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Beitrag 22.10.2005, 01:42
Beitrag #147


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Zitat
Wer von seinem gleichschnellen Vordermann, nicht nur ganz vorübergehend, einen Abstand einhält, der geringer ist als die

in 0,8 Sekunden durchfahrene Strecke - bei 180 km/h also unter 40 m - gefährdet hierdurch den Vordermann (Kar, NJW

1971, 1 ..., VRS 49, 448, Jagusch-Hentschel a.a.O. § 4 StVO Rz. 6).

Im vorliegenden Fall verringerte sich jedoch bei einer Annäherung auf 22 Metern - bei einer Differenzgeschwindigkeit von

noch 53 km/h - bis 13 Metern - bei einer Differenzgeschwindigkeit von noch 30 km/h - der Abstand fortlaufend drastisch, ein

Auffahrunfall drohte innerhalb von weniger als 2 Sekunden. Es hing unter diesen Umständen von der geringsten Zufälligkeit,

von der geringsten Fehlreaktion des nachfahrenden Angeklagten wie der vorausfahrenden ... ..., vom geringsten

technischen Defekt ab, ob es zu einem Unfall kam.

Ein tatbestandlich „falsches Überholen“ im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b StGB war damit gegeben.

Der Angeklagte handelte unter den gegebenen Umständen grob verkehrswidrig. Er wich mit seinem Verhalten in besonders

gefährlicher Weise vom pflichtgemäßen Verhalten ab (Kar VRS 45, 40,41, Dü Cramer Nr. 52 zu § 315 c)

Es drohte - wie ausgeführt - etwa bei einer Fehlreaktion oder einer ins Gewicht fallenden Geschwindigkeitsverminderung

des Kia unmittelbar ein Unfall.

Derartige Geschwindigkeitsherabsetzungen können verschiedenartigste Gründe haben, so kann den Vordermann ein

plötzlich auftauchendes Hindernis auf der Fahrbahn, ein Schaden an seinem Fahrzeug oder eine Herabsetzung der

Geschwindigkeit als Schreckreaktion auf das nachfahrende Fahrzeug eintreten.

Es handelt sich auch um eine erhebliche und nahe liegende Gefahr, dass sich der Fahrer eines Fahrzeugs, dem ein

anderes Fahrzeug all zu dicht auffährt, das sich darüber hinaus noch drastisch weiter nähert, dadurch zu einem

unsachgemäßen und sich und andere gefährdenden unfallträchtigen Verhalten hinreißen lässt (vgl. BGH St 22, 341, 346).

Diese Gefahr wird noch dadurch erhöht, dass ein Fahrer, dem sich ein Fahrzeug in geringem Abstand nähert, diesen

Abstand leicht noch niedriger schätzt, als er tatsächlich ist. Insbesondere ein abruptes Ausweichmanöver droht als Folge

eines derartigen Fahrverhaltens und insoweit wiederum die Möglichkeit eines folgenschweren Unfalles.

Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte von einem ausschließlich eigensüchtigen Motiv - eigenes

schnelleres Vorwärtskommens - leiten lassen und sich dabei über die ihm als Kraftfahrzeugführer obliegenden Pflichten

und die Sicherheitsinteressen der Insassen des Pkw Kia aus Gleichgültigkeit hinweg gesetzt sowie Bedenken gegen seine

aggressive Fahrweise in sich von vornherein nicht aufkommen lassen.

Eine einfache Fehleinschätzung der Situation ist im Hinblick auf seine hohe jährliche Fahrleistung und seine berufliche

Qualifikation in diesem Bereich nach der Überzeugung der Kammer auszuschließen.

Er hat damit - fahrlässig - „rücksichtslos“ im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB gehandelt. Die gleichgültigkeitsbedingte

Rücksichtslosigkeit wird durch ein unbewusst fahrlässiges Verhalten nicht ausgeschlossen (BGH VRS 7, 98, VRS 16, 354,

356, VRS 23, 289, 291, Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 315 c Rz. 19 b).

Durch die Fahrweise des Angeklagten wurden schließlich auch Leib und Leben anderer - nämlich der Insassen des Pkw

Kia - im Sinne des § 315 c Abs. 1 StGB konkret gefährdet. Eine solche Gefährdung setzt voraus, dass ein Unfall in

bedrohliche bzw. nächste Nähe gerückt wird (Kar NJW 72, 962).

Dies war nach den getroffenen Feststellungen der Fall. Der geringste Fahrfehler des Angeklagten oder der Fahrerin des Kia

oder auch ein technischer Defekt des Kia, der eine Geschwindigkeitsverzögerung zur Folge hätte, konnte zu einem Unfall

führen. Der Angeklagte hätte diese Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr - bei einer Entwicklung wie im

vorliegenden Fall überhaupt nicht - meistern können.

Ein Unfall drohte hier ganz unmittelbar - und die konkrete Gefährdung realisierte sich auch im nächsten Augenblick.

2. Der Angeklagte hat weiterhin durch Fahrlässigkeit den Tod von zwei Menschen verursacht (§ 222 StGB).

Das Fahrverhalten des Angeklagten war - wie oben ausgeführt - kausal für die unkontrollierte Ausweichreaktion der

Fahrerin ... ... und dem sich daraus ergebenen tödlichen Unfall.

Die Mitursächlichkeit dieser Reaktion beseitigt nicht die Ursächlichkeit des Verhaltens des Angeklagten. Es handelte sich

nicht um einen außergewöhnlichen Kausalverlauf, vielmehr um eine ganz nahe liegende und direkte Ursache (vgl. BGH St

22, 341, 346).

Bei verkehrsgerechtem Verhalten des Angeklagten - ordnungsgemäßem Abstand - wäre es nicht zu diesem Unfall

gekommen.

Der Angeklagte hat fahrlässig gehandelt. Er hat die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt - wie ausgeführt - erheblich

vernachlässigt. Die Folge seines Verhaltens, der Tod der Fahrzeuginsassen, war für ihn vorhersehbar und vermeidbar.


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Beitrag 22.10.2005, 01:43
Beitrag #148


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Zitat
VII.

Bei der Strafzumessung ist die Kammer ausgegangen vom Strafrahmen der §§ 222, 52 Abs. 2 StGB mit Freiheitsstrafe bis

zu 5 Jahren oder Geldstrafe.

Bei der Bemessung der Strafe innerhalb dieses Strafrahmens hat die Kammer dem Angeklagten strafmildernd zu Gute

gehalten, dass er nicht vorbestraft ist und auch straßenverkehrsrechtlich bei sehr hoher Jahresfahrleistung im öffentlichen

Straßenverkehr von 40.000,- bis 60.000,- km lediglich einmal, vor etwa zwei Jahren, in Erscheinung getreten ist und dass

er den Straftatbestand der Straßenverkehrsgefährdung lediglich in der Form der fahrlässigen Begehungsweise verwirklicht

hat.

Er war, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des vorliegenden Verfahrens, beruflich integriert und lebt

auch sonst in sozialer, persönlicher, familiärer und wirtschaftlicher Hinsicht in geordneten und intakten Verhältnissen.

Als einschneidende Tatfolgen wirkte sich strafmildernd aus, dass ihm aus der Tat erhebliche berufliche Nachteile

erwachsenen sind. Das langjährige Arbeitsverhältnis mit Daimler-Chrysler wurde zum Ende Juli 2004 wegen der

vorliegenden Straftat aufgelöst. Eine Weiterbeschäftigung in absehbarer Zeit oder die Aufnahme einer entsprechenden

Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erscheint erheblich erschwert durch das in der Öffentlichkeit durch einen Teil der

Presse aufgebaute Aggressionspotential dem Angeklagten gegenüber und der daraus resultierenden Bekanntheit seiner

Person.

Die ganz außergewöhnliche intensive Berichterstattung eines Teiles der Presse, die in besonders aggressiver Weise

vorgenommene Vorverurteilung des Angeklagten unter Darstellung seiner Person, - auch mit Bild -, seine „Brandmarkung“

in der Öffentlichkeit als „Vollgaskiller“ etc. hat den Angeklagten, wie er glaubhaft und nachvollziehbar vermittelt hat,

psychisch und physisch nachhaltig beeinträchtigt und daneben auch seine Familie und sein soziales Umfeld und dadurch

ihn wiederum selbst, ebenso damit seine wirtschaftlichen Verhältnisse und seine Existenzgrundlage. Auch diese Umstände

sind hier zu berücksichtigen (Schönke/Schröder a.a.O. § 46 Rz. 55, Tröndle/Fischer, a.a.O. § 46, Rz. 64).

Die Fahrerin des Pkw Kia ... ... hat sich nicht verkehrsordnungswidrig verhalten. Von einem, eventuell strafmildernden,

Mitverschulden ist daher - abgesehen von der Frage des Schutzzweckes der entsprechenden Ordnungsvorschrift (§§ 2

Abs.1, 5 Abs. 4 Satz 3 StVO) und der weiteren Frage, ob der Angeklagte sich wegen seines eigenen pflichtwidrigen

Verhaltens darauf berufen kann (vgl. BGH VersR 75, 37,39, Ko VRS 50, 112) - nicht auszugehen.

Nach den Aussagen der Zeugen ... und ... benutzte ... ... die linke von drei Fahrspuren der BAB, nachdem sie den auf dem

mittleren Fahrspur fahrenden Ford-Transit kurz zuvor überholt hatte, und fuhr in einer Entfernung von etwa 200 Metern vor

diesem.

Ein Einscheren in die mittlere Fahrspur war daher - auch nach Einschätzung der Zeugen - zwar bereits möglich. Allerdings

lag zu diesem Zeitpunkt - auch unter Berücksichtigung von gefahrener Geschwindigkeit, Verkehrsdichte und Verkehrslage -

noch kein unzulässiges Linksfahren vor. Der Überholende hat sich zwar so bald wie möglich rechts einzuordnen, hier

bestand jedoch noch ein unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Überholmanöver.

Auch die Schreckreaktion ist ihr nicht vorwerfbar.

Das falsche Reagieren eines Verkehrsteilnehmers ist dann nicht schuldhaft, wenn er in einer ohne sein Verschulden

eingetretenen, für ihn nicht voraussehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das

Richtige und Sachgemäße unternimmt, um einen Unfall zu verhindern, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv

falsch reagiert (BGH VersR 76, 734).

Wie der Sachverständige Dr. ... ausgeführt hat, war die hohe Differenzgeschwindigkeit des Daimler-Chrysler und die

Gefahr für sie etwa 5 Sekunden vor Eintreten der kritischen Situation erkennbar gewesen. Wegen der sehr hohen

Ausgangsgeschwindigkeit des Daimler-Chrysler war dieser in der Zeit davor noch relativ weit hinter ihr herangefahren.

Bei einem Rückschauintervall in dieser zeitlichen Größenordnung ist ein pflichtwidriges Verhalten - auch hier unter

Berücksichtigung von Verkehrsdichte und Verkehrslage - nicht festzustellen, d.h. für sie trat die Gefahrenlage plötzlich ein,

sie wurde überrascht.

Kopflosigkeit infolge unverschuldeter Gefahr - wie hier - ist nicht vorwerfbar, auch nicht bei unzweckmäßiger Reaktion

(BGH VR 76, 587, 734; Jagusch/Hentschel, a.a.O. E 86). Sehr erfahrene und kaltblütige Fahrer mögen einer solchen

Situation gewachsen sein, von einem Durchschnittsfahrer kann das jedoch nicht erwartet werden.

Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich aus, dass er - auch unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte -

im besonders hohen Maße pflichtwidrig gehandelt hat. Er hat gegen die gebotenen Sorgfaltsmaßstäbe im Straßenverkehr

massiv verstoßen.

Strafschärfend wirkte sich ferner aus, dass der Angeklagte tateinheitlich zwei Strafgesetze verletzt hat und wiederum

tateinheitlich in zwei Fällen der fahrlässigen Tötung schuldig ist.

Nach umfassender Würdigung und Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden

Strafzumessungsgesichtspunkte hält die Kammer unter Berücksichtigung der Schwere der Tat, ihrer Bedeutung für die

verletzte Rechtsordnung sowie des Grades der persönlichen Schuld des Angeklagten die Verhängung einer Freiheitsstrafe

für geboten. Eine Geldstrafe wird dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht hinreichend gerecht.

Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ist tat- und schuldangemessen. Eine solche Freiheitsstrafe wird unter

Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte dem individuellen Maß des Schuldvorwurfes, der dem Täter für die

konkrete Tat zu machen ist, gerecht.

Die verhängte Freiheitsstrafe konnte gem. § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei Würdigung und

Abwägung sämtlicher nach § 56 Abs. 1 Satz 2 StGB für die Prognoseentscheidung bedeutsamen Umstände ist nach der

Beurteilung der Kammer mit Sicherheit zu erwarten, dass der Angeklagte sich die vorliegende Verurteilung zur

ausreichenden Warnung dienen lassen wird und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten

begehen wird.

Auch die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Vollstreckung der Strafe nicht (§ 56 Abs. 3 StGB).

Die Bestrafung der vorliegenden Tat mit einer Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird, führt nicht dazu, dass

das allgemeine Vertrauen in die Gesetze auch nur ansatzweise erschüttert wird.

Der Angeklagte hat sich - der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Ziffer 1 StGB entsprechend - durch die hier

verfahrensgegenständliche Straftat als zum Führen von Kraftfahrzeugen charakterlich ungeeignet erwiesen. Da der sich in

der Tat offenbarende Eignungsmangel auch aus gegenwärtiger Sicht noch als fortbestehend anzusehen ist, war die im

amtsgerichtlichen Urteil angeordnete Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Einziehung des Führerscheins

gem. § 69 Abs. 1, Abs. 3 StGB aufrechtzuerhalten.

Bei der Bemessung der gem. § 69 a StGB anzuordnen Fahrerlaubnissperre war das erhebliche Maß der Pflichtwidrigkeit

und der sich daraus ergebende Umfang der charakterlichen Ungeeignetheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite war

zu berücksichtigen, dass der Angeklagte beruflich durch die Sperre hart getroffen wird. Schließlich wirkte sich aus, dass

sich der Führerschein bereits seit dem 02.09.2003 in amtlicher Verwahrung befindet.

Nach umfassender Würdigung dieser und aller sonstigen maßgeblichen Umstände erachtete die Kammer - ausgehend

von der vorliegend gem. § 69 a Abs. 4, Abs. 6 StGB zu beachtenden Mindestsperrfrist - einen Zeitraum von jetzt noch 1

Jahr für erforderlich, aber auch ausreichend, um den Angeklagten als wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet

anzusehen. Die erstinstanzlich auf 1 Jahr und 6 Monate bemessene Fahrerlaubnissperre war deshalb entsprechend zu

reduzieren.


VIII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StGB.


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GM_
Beitrag 22.10.2005, 01:46
Beitrag #149


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@Lexus

Danke ! smile.gif

Darf ich das auch ins rf kopieren ?

Oder besser einen Link setzen ?


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steveluke
Beitrag 22.10.2005, 06:07
Beitrag #150


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Klasse, Lexus!

Vielen Dank für Deine Arbeit!


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automatix
Beitrag 22.10.2005, 18:04
Beitrag #151


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Ich bin ja schockiert, daß die Richter von einen Durchschnittsfahrer nicht erwarten, daß er ohne Crash die Spur wechseln kann, wenn jemand dicht auffährt.....


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