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> D4 hinfällig?
x100f
Beitrag 23.04.2024, 19:14
Beitrag #1


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Die aktuelle Lage sieht ja so aus, dass man mit Cannabis gewissermaßen einen "Freischuss" hat und erst als Wiederholungstäter zur MPU muss. Bezogen auf Alkohol kommt kontrolliertes Trinken nur dann in Frage (mögliche begründete Ausnahmen mal außer Acht gelassen), wenn man noch kein Wiederholungstäter Alkohol ist.

Übertragen auf THC würde das aber bedeuten, dass D4 in der Praxis keine Berechtigung mehr hätte. Wie seht ihr das?

Grüße
Klaus Mangold


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Zu meiner Person: Ich bin Psychologe und hatte 2009 selbst als Betroffener das fragliche "Vergnügen" einer MPU.

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corneliusrufus
Beitrag 25.04.2024, 10:27
Beitrag #2


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Hallo Klaus, möglicherweise habe ich Deine Frage falsch verstanden. Wohl auch, weil es verschiedene Sichtweisen wem eine Berechtigung nutzt gibt. Wenn ich die Gutachter betrachte, die von oben, also mit D1 beginnend bis hin zu D4 prüfen, dann hat D4 zweifelslos seine weitere Berechtigung. Denn es ist in der Begutachtung nicht nur der ehemalige Level zum Tatzeitpunkt, sondern ebenfalls das jetzige Level zu erheben.
Während D1 bis D3 praktisch einen weiteren Konsum ausschließen, bei D3 gibt es möglicherweise eine kleine Öffnung auch jenseits einer folgenden M-Hypothese, lässt eine Einstufung in D4 weiteren nun jedoch im Sinne des Verkehrsrechts kontrollierten Konsum zu.

Auch ist ein Konsument als Wiederholungstäter nicht als Wiederholungstäter dauerhaft in D3 einzustufen. Denn erwartet wird von ihm im Kriterium D 3.2 K Nr. 3, Zitat aus den aktuellen Beurteilungskriterien "Nach erlebten negativen Konsequenzen seines Drogenkonsums ... hat der Klient diesen eingestellt oder länger ausgesetzt." Eine Aussetzung kann auch scheitern. Wenn dann jemand beispielsweise nach zehn Jahren zu einem Konsummuster entsprechend D4 übergeht, die dortigen Anforderungen erfüllt, wird man ihm schlecht eine FE verweigern können.

Als entscheidend sehe ich das im Kriterium D 3.3 K Nr. 16 genannte Rauscherlebens und der Rauschfolgen an. Aus Konsumentensicht ist ein bestimmungsgemäßer Drogengebrauch, weil Zweck, der Rausch. Ein Unterschied im Rauscherleben könnte neben der Dosis auch das Setting sein. Und damit der Konsumzweck. Ob beispielsweise ein Konsum als Problemerleichterung (Der Chef hat heute am Arbeitsplatz wieder getobt.) oder als Genuss (Heute nach gutem Essen und einem schönen Strandtag lasse ich den Tag wie in einem Kurzurlaub mit einem Joint ausklingen.) vorliegt. Also das Vorerleben, welches dann mit dem folgenden Rausch verbunden werden kann. Letzteres wollte der Normgeber mit dem CanG freigeben.

Dessen Entsprechung sehe ich in der Hypothese D4. Wer medizinisch-psychologisch den Weg zurück aus D3 in D4 geschafft hat, erhält wieder eine FE. Auch rein rechtlich, selbst bei D1 und D2, nur nicht anders mehr als nach Aktenlage und Befunden einordbar ist, könnte so über D4 wieder zu einer FE gelangen. (Sinn macht das nicht, ist jedoch beim Alkohol analog. Das ist ja meine frühere dortige Diskussion, wer einmal medizinisch-psychologisch als abhängig diagnostiziert wurde, sollte durch eine andere rechtliche Abhängigkeitsdefinition nicht wieder sanktionslos einen Konsum beginnen dürfen.)

Betrachte ich es mal ganz anders, nämlich jemand entspricht bei seinem Konsum D4 vollends. Dann kann er auch nicht mit dem § 13a FeV in Konflikt geraten. Aus dieser Sicht könnte ich durchaus sagen, für diese Gruppe hat ein D4 seine Berechtigung verloren. Denn das wäre der Generalverdacht, jeder der Cannabis konsumieren wolle müsste sich begutachten lassen und erst mit Nachweis von D4 dürfte er konsumieren.

@Klaus, wenn Du anderes meintest, könntest Du mir sonst deine Fragestellung anders verdeutlichen?

Liebe Greet-Ings Cornelius


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x100f
Beitrag 25.04.2024, 19:27
Beitrag #3


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Es geht schon in die Richtung wie du schreibst.

Meine Überlegung orientierte sich halt vor allem an der Parallele zu Alkohol. Dort ist es ja so, dass man einem Wiederholungstäter unterstellt, dass er entweder gar nicht in der Lage ist trinken und fahren zuverlässig zu trennen, oder er will es einfach nicht wirklich. Und deshalb argumentiert man dann eben, dass für ihn nur dauerhafter Verzicht in Frage kommt um den Führerschein wieder zu kriegen. In besonderen Fällen mag das vielleicht auch eine Ausnahme geben, aber es ist nicht der Normalfall.

Auf Cannabis übertragen wäre dann jetzt D4 zumindest auch eine seltene Ausnahme.


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corneliusrufus
Beitrag 26.04.2024, 19:36
Beitrag #4


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Nach der ersten aufgedeckten Cannabisfahrt mit zur Zeit 1 ng/ml THC im Blutserum gibt es zwar keine unmittelbaren fahrererlaubnisverwaltungsrechtliche Folgen, jedoch bußgeldrechtliche. Bei der zweiten aufgedeckten Fahrt innerhalb der Verwertungsfrist des ersten Bußgeldes kommen dann auch die fahrerlaubnisrechtlichen Folgen.

Bei einer Begutachtung sind diese Fälle in meinen Augen Wiederholungstäter. Diese werden in der Mehrzahl Schwierigkeiten haben (bei gleichem Konsummuster) von D3 zu D4 in der gutachterlichen Einschätzung zu kommen. Der Grund folg aus Kriterium D 3.2 K Nr. 3. Trotz des ersten erheblichen Dämpfers haben sie ihr Konsumschema nicht derart umgestellt, wie es notwendig gewesen wäre. Mit anderen Worten, der Wiederholungstäter hatte keine hinreichende Lernerfahrung. Das verhindert dann eine Neuerteilung einer FE.
Das ist doch ziemlich analog dem Alkohol.

Ich fürchte sogar, dass sich eine ganz andere Analogie wie beim Thema Alkoholfahrt ergibt. Ohne weitere amtliche Hinweise bei der ersten Drogenfahrt werden die für die meisten bewältigbaren Folgen (Punkte, Fahrverbot, Geldbuße) möglicherweise bei einer größeren Minderheit nicht die nötige Lernerfahrung zeigen.

Ich meine heute, ob es da nicht nur wie bei den Fahrern in der Probezeit ein entsprechendes Pflichtseminar oder wahlweise eine verkehrstherapeutische Intervention geben sollte. Doch das war nicht deine Frage, @Klaus.

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Uwe W
Beitrag 29.04.2024, 03:52
Beitrag #5


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Zitat (x100f @ 25.04.2024, 18:27) *
Dort ist es ja so, dass man einem Wiederholungstäter unterstellt, dass er entweder gar nicht in der Lage ist trinken und fahren zuverlässig zu trennen, oder er will es einfach nicht wirklich.

Was meinst Du mit Wiederholungstäter bezüglich Alkohol? Den zweiten Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze oder den zweiten Verstoß, der zu einer MPU (das wäre dann die zweite) führt?

Ich kenne mich mit den Beurteilungskriterien nicht aus, aber warum sollte es nicht möglich sein, nach einer Fahrt mit 0,6 Promille eine MPU mit kontrolliertem Trinken zu bestehen, wenn man nach der ersten Fahrt nicht zur MPU musste?

Nach der ersten Fahrt im Bereich 0,5 bis 1,5 Promille geht der Verordnungsgeber davon aus, dass der Betroffene in Zukunft genug Einsicht hat, nach Alkoholgenuss nicht mehr Auto zu fahren. Eine Änderung des Konsumverhaltens wird nicht verlangt, da eine Änderung der Fahrgewohnheiten ausreichen würde.

Kontrolliertes Trinken bedeutet aber eine Änderung des Konsumverhaltens. Auch wird verlangt, dass man seine eigene Alkoholisierung zuverlässig einschätzen kann.


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"Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF)
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x100f
Beitrag 29.04.2024, 22:16
Beitrag #6


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@ Uwe_W:

Die 1. Trunkenheitsfahrt mit weniger als 1,1 BAK ist Ordnungswidrigkeit und bringt je nach Höhe BAK 1 oder 3 Monate Fahrverbot mit 500 oder 1000 € Geldstrafe. Es ist also nicht ganz abwegig anzunehmen, dass das ein deutlicher Warnschuss ist. Wer daraus keine Konsequenzen zieht, muss man sich schon fragen warum und ob so jemand für kT geeignet ist. Nun ist es ja nicht so, dass es ein Automatismus ist, dass gar kein Wiederholungstäter jemals mehr kT machen kann. Ich hatte vor einiger Zeit einen Klient mit 1. TF 0,58 BAK und 2. TF 0,51 BAK. Der hat die MPU mit kT bestanden, aber man muss schon gut argumentieren.

@ corneliusrufus:

Das Problem sehe ich durchaus auch, dass der THC-Freischuss problematisch ist, weil das nicht als Warnschuss erkannt wird!

Grüße
Klaus


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x100f
Beitrag 03.05.2024, 16:43
Beitrag #7


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Mir fällt gerade noch etwas auf, über das ich bisher noch gar nicht genauer nachgedacht habe:

Es gibt also den "Freischuss" ohne MPU (mit gewissen Einschränkungen, aber das lasse ich momentan mal außer Acht). Wie sieht es aber aus mit Ordnungswidrigkeit? Gilt denn immer noch die 1,0 Grenze der die 3,5 Grenze, und was genau folgt bei Überschreitung? 1 Monat Fahrverbot + 500 € Strafe der evtl. sogar gar nix? Mir ist nicht klar wo ich das verbindlich nachlesen kann.

Gruß
Klaus


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corneliusrufus
Beitrag 03.05.2024, 19:17
Beitrag #8


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Sowohl die 1,0 ng/ml- als auch die 3,5 ng/ml-Grenze sind Richterrecht; sie sind nirgendwo kodifiziert. Es sind Aussagen bzw. Bewertungen von Experten, derer sich die Straf- und Ordnungswidrigkeitenrichter bedient haben.

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