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Abschleppen von rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen:

7. Abfallrecht

Abfallrecht und der Begriff "Autowrack"

Der Gesetzgeber hat den Begriff "Autowrack" gesetzlich nicht definiert; es muß deshalb auf die Auslegung des Begriffs "Abfall" durch die Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Hiernach sind als Abfall Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeuganhänger (zum Begriff vgl. § 1 Abs.2 StVG, § 18 Abs.1 S. StVZO) zu verstehen, die nicht mehr fahrfähig sind, also ihrem ursprünglichen Zweck (Beförderung von Personen oder Sachen) nicht mehr dienen können und deren Reparatur nicht mehr sinnvoll ist (vgl. u.a. OLG Koblenz, GewArch. 1976,137; VGH Kassel, NVwZ 1987, 993). Auch Teile solcher Fahrzeuge zählen hierzu.

Eine Lagerung von Abfall liegt dann nicht vor, wenn das Fahrzeug noch benutzt wird, zugelassen und fahrbereit ist, selbst wenn Mängel bestehen, die dessen Verkehrsunsicherheit bedingen und nicht mehr behoben werden können (BayObLG, GewArch. 1984,243). Können wesentliche Teile eines Kraftfahrzeugs weiterhin verwertet werden (z.B. ein unfallgeschädigtes Fahrzeug, dessen Motor neu ist), liegt ein Wertobjekt vor. Diesbezüglich ist die Abfalleigenschaft zu verneinen. Die Möglichkeit, ein Autowrack auszuschlachten und so das eine oder andere Teil von weniger bedeutendem Wert einer Wiederverwertung zuzuführen, macht das Wrack allerdings nicht zum Wirtschaftsgut (KG Berlin, GewArch. 1993, 173). Wenn sich bei einem Fahrzeugwrack das Ausschlachten lohnt, weil es noch funktionsfähige Aggregate von nicht unbedeutendem Wert enthält, die noch für andere Gebrauchtfahrzeuge genutzt werden können, stellt das Wrack noch ein Wirtschaftsgut und keinen Zwangsabfall dar (OLG Braunschweig, GewArch. 1998, 500). Die begriffliche Feststellung ist in der Praxis nicht immer einfach und ist stets eine Frage des Einzelfalls.

Anwendung des Abfallrechts auf Kfz

Das Abfallrecht findet auf Autowracks dann Anwendung, wenn der subjektive oder objektive Abfallbegriff im Sinne des § 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) zutrifft. Gegenüber dem bisherigen AbfG dürfte diesbezüglich keine wesentlich andere Auslegung eintreten. Allerdings ist nunmehr klargestellt, daß Autowracks jetzt von vornherein dem Abfallbegriff unterfallen. Abfälle i.S. dieses Gesetzes sind alle beweglichen Sachen, die unter die in Anlage 1 aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

Objektiver und subjektiver Abfallbegriff

Das Abfallrecht unterscheidet zwischen dem objektiven und dem subjektiven Abfallbegriff.

Subjektiver Abfallbegriff:

Objektiver Abfallbegriff:

Ist der subjektive oder objektive Abfallbegriff erfüllt, so finden alle Bestimmungen des KrW-/AbfG Anwendung. Grundsätzlich wäre es nun Aufgabe des Entsorgungsträgers (Stadt- und Landkreise), diese Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen. In aller Regel haben jedoch diese diese Pflicht durch Satzungsbeschluß ausgeschlossen, so daß der Besitzer selbst zur Beseitigung verpflichtet ist (vgl. § 15 Abs.3 S.2, § 3 Abs.4 KrW-/AbfG, § 21 Abs.1 LAbfG).

Zuständigkeit der unteren Abfallrechtsbehörde

Die untere Abfallrechtsbehörde (Land- und Stadtkreise § 28 Abs.1 bis 3 LAbfG, § 20 Abs.1 und 2 LAbfG i.V.m. § 13 Abs.1 LVG) ist zuständig, eine Beseitigungsanordnung zu erlassen bzw. ein Fahrzeug auf der Grundlage von § 15 Abs.4 KrW-/AbfG, § 21 LAbfG zu verwerten oder zu beseitigen. Eine Beseitigungsanordnung wird in der Regel mit der Maßnahme der Ersatzvornahme (§§ 19,20,25 LVwVG) und unter Versagung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs.2 Satz 1 Nr.4 VwGO) ergehen.

Besonderheit des § 15 Abs.4 KrW-/AbfG

Eine Besonderheit stellt § 15 Abs.4 KrW-/AbfG dar. Die Vorschrift ergänzt § 3 KrW-/AbfG. Danach können Kraftfahrzeuge oder Anhänger die Abfall sind

abgestellt sind und

oder

durch die Entsorgungsträger verwertet oder beseitigt werden.

Voraussetzung hierbei ist:

Die Aufforderung dient der Klärung, ob das Tatbestandsmerkmal "Abfall" i.S.v. § 3 KrW-/AbfG erfüllt ist. Ist die Monatsfrist abgelaufen, ohne daß das Kraftfahrzeug entfernt worden ist, so wird dessen Abfalleigenschaft unterstellt. Die Vorschrift hat den Zweck, eindeutig nicht mehr bestimmungsgemäß genutzte Fahrzeuge zu entfernen, ohne zuvor aufwendige Feststellungen zum Abfallbegriff treffen zu müssen. § 15 Abs.4 KrW-/AbfG gilt nur für solche Kraftfahrzeuge und Anhänger, die ein eigenes amtliches Kennzeichen führen müssen.

Für die Feststellung, ob ein Fahrzeug nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt wird entscheidet der Gesamteindruck (Zustand, Abstellort). (VG Münster, NVWZ 1991,98). Die Entfernung der Aufforderung durch den Adressaten hemmt den Ablauf der Frist nicht, wohl aber die Beseitigung durch unbefugte Dritte. Zum Abschleppen (auf Grund von § 15 Abs.4 KrW-/AbfG - neu) eines Schrottfahrzeugs gem. § 5 Abs.2 AbfG auf einer öffentlichen Straße, das der Besitzer an eine Verwertungsfirma verkauft hat und er dann in Urlaub geht, vgl. OLG Düsseldorf, GewArch. 1989, 34. Nach Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde das Autowrack als Abfall beseitigen, dies auf Kosten des Besitzers (§§ 10 bis 12, 15 Abs.1 KrW-/AbfG). Es ist nach den §§ 4 bis 7 KrW-/AbfG zu verwerten. Der Eigentümer verliert durch die Verwertung das Eigentum am Fahrzeug. Zur Schadensersatzhaftung bei rechtswidriger Verwertung siehe ausführlich Biletzki a.a.O.

Verhältnis Abfallrecht zu anderen Rechtsvorschriften

Im Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften gilt zum einen der Grundsatz "lex specialis", also, daß, wenn verschiedene Vorschriften durch das Abstellen eines Autowracks verletzt sind, das spezielle Gesetz/die spezielle Verordnung Anwendung findet. Zum anderen bricht Bundesrecht Landesrecht (Art. 31 GG). Beispiele: - das KrW-/AbfG geht dem StrG vor, - das KrW-/AbfG geht der StVO vor, - das KrW-/AbfG ist neben dem FStrG oder dem WHG gleichrangig. Dies gilt, wenn die Abfalleigenschaft feststeht. anders im besonderen Fall des §15 Abs.4 KrW-/AbfG. Diese Vorschrift tritt zwar in Konkurrenz zu anderen Vorschriften (z.B. StrG, PolG, StVO), dies hindert jedoch andere zuständige Behörden nicht, in ihrer Zuständigkeit gegen diese "Autowracks" vorzugehen. Die Praxis tut gut daran; sehr genau zu recherchieren, ob im Einzelfall die Abfalleigenschaft gegeben ist, denn bei widerrechtlicher Verschrottung sind Schadenersatzansprüche nach § 823 Abs.1 i.V.m. §§ 249, 251 Abs.1 BGB nicht auszuschließen (so beispielsweise OLG Nauenburg, VM 1995, 22).

Text: Georg Huttner / RA Goetz Grunert, © verkehrsportal.de


 
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