... Deutsches Straßenverkehrsrecht - Fachbeiträge von RA Goetz Grunert

    
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Abschleppen von rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen:

5. Grundsätze des (baden-württembergischen) Polizeigesetzes (PolG)

Die unterschiedlichen "Störer"

Ein verbotswidrig abgestelltes Kraftfahrzeug stellt in der Regel einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne der Polizeigesetze dar (nicht auf Privatgrund, wenn das LOWiG keine Anwendung findet), da Rechtsnormen verletzt sind. Voraussetzung für eine Abschleppmaßnahme ist das Vorliegen einer unmittelbar bestehenden oder gegebenen Gefahr. Dies ist dann der Fall, wenn der Eintritt eines Schadens gegeben ist oder nach allgemeiner Erfahrung sofort oder in allernächster Zeit als gewiß anzusehen ist.

Soweit die Behörde ein Fahrzeug auf der Grundlage des § 1 Abs.1 oder § 2 Abs.2 PolG abschleppen läßt, ist in der Regel eine Anordnung gegen den Störer zu treffen. Das PolG kennt zwei Arten von Störern, den Verhaltensstörer (§ 6) und den Zustandsstörer (§ 7). Verhaltensstörer bedeutet Verhalten einer Person durch Überschreiten der Gefahrengrenze. Bei der Zustandshaftung hat die Behörde gegenüber dem Eigentümer (auch Miteigentümer, Sicherungseigentümer; richtet sich nach bürgerlichem Recht) oder gegenüber demjenigen die Anordnung zu treffen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt (Fahrer, Besitzdiener, Dieb). Der Eigentümer eines gestohlenen Kraftfahrzeugs ist nicht Störer (OVG Münster, DVBl 1971,828; OVG Hamburg, NJW 1992, 1909; aber: OVG Koblenz, DVBl 1989, 1011 - Eigentümer ist sofort wieder verantwortlich, wenn der Dieb die Sachherrschaft verliert oder aufgibt; so auch VG Berlin, NJW 2000, 603), es fehlt hier an der Einwirkungsmöglichkeit durch den Eigentümer/Halter.

Gegen wen schreitet die Behörde ein?

Der Halter eines Kraftfahrzeugs haftet für die Abschleppkosten, wenn der Fahrer nicht ermittelt wird (VGH München, NJW 1979, 2631; VG Münster, DÖV 1988, 87; VGH BW, BWGZ 1991, 66; OVG Hamburg, NJW 1992, 1909). Der Veräußerer eines Kfz, der der Zulassungsstelle entgegen § 27 Abs. 3 Satz 1 StVZO Namen und Anschrift des Erwerbers nicht angezeigt hat, haftet nicht als Verhaltensstörer für die Kosten des Abschleppens des verkehrsordnungswidrig geparkten Fahrzeugs. Dagegen kann eine Inanspruchnahme als Zustandsstörer in Betracht kommen, soweit sich eine Veräußerung des Fahrzeugs nicht erweisen lässt (NJW 2000, 2600). Der Halter und Eigentümer haftet auch, wenn er sich weigert, den Namen des Fahrers der Polizei zu nennen (VG Münster, DÖV 1988, 87; VGH München, NVwZ 1987, 912). Wird der Verhaltensverantwortliche jedoch der Behörde unverzüglich benannt, soll dieser in Anspruch genommen werden (OVG Koblenz, NJW 1986, 1369; anders: VGH BW, Fundstelle 1990, 362).

Es tendiert ein Teil der Rechtsmeinung (OVG Koblenz, NJW 1986, 1369; Wolf/Stephan, RdNr. 21 zu § 7 mit zahlreichen Verweisen) zu der Ansicht, man müsse grundsätzlich den Verhaltensstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch nehmen. Der VGH Bad.-Württ. sieht jedoch grundsätzlich kein Rangverhältnis zwischen der Verantwortlichkeit des Verhaltens- und des Zustandsstörers (VGH BW, Fundstelle 1990, 362; VG Karlsruhe, NVwZ 1993, 1018). Die Polizei hat stets die effektivste und schnellste Gefahrenbeseitigung im Vordergrund zu sehen und hierbei verschiedene Fakten mit in die Betrachtungsweise einzubeziehen, z.B. schnelle Ermittlung des Verursachers, Zeitdruck, Leistungsfähigkeit der Störer (OVGMünster, DVBl 1971, 828; BGH, DÖV 1981, 843; VGH Kassel, DÖV 1987, 260; OVG Lüneburg,NVwZ 1990, 786; Staab, BWVPr.1994, 56).

Störerauswahl durch die Behörde

Die Polizei hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln wenn mehrere Störer in Betracht kommen (BVerwG, NJW 1989, 195; VGH BW, BWVPr 1990,62). Rechtswidrig ist eine Maßnahme, wenn die Behörde überhaupt kein Auswahlermessen betätigt, wenn sie die Inanspruchnahme eines von mehreren Störern gar nicht in Erwägung zieht (VGH BW v.8.9.1989, AZ: 5S2742/88; VGH BW, BWVPr 1990, 20; VG Karlsruhe, NVwZ 1993, 1018). Zum Kostenrisiko bei einer verkehrsrechtlichen Abschleppmaßnahme sagt neuerdings das BVerwG (NJW1997, 1021): Verkehrsteilnehmer ist nicht nur derjenige, der sich im Straßenverkehr bewegt, sondern auch der Halter eines am Straßenrand geparkten Fahrzeugs, solange er Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Fahrzeug ist. Das Problem der Störerauswahl stellt sich jedoch nicht in erster Linie bei dem Abschleppvorgang, sondern bei der Heranziehung zum Kostenersatz.

Unmittelbare Ausführung der Abschleppmaßnahme

In der Praxis stellt sich jedoch überwiegend nicht die Frage der Störerauswahl, da hauptsächlich wohl Fahrzeuge abgeschleppt werden, bei welchen der Fahrer nicht anwesend ist. Ist der Störer nicht oder nicht rechtzeitig erreichbar, so ist die unmittelbare Ausführung des Abschleppens gem. § 8 Abs.1 PolG möglich um den polizeilichen Zweck zu erreichen. Die unmittelbare Ausführung ist zulässig bei vertretbaren Handlungen, also i.d.R. auch bei Abschleppvorgängen. § 8 Abs.1 PolG ist jedoch nur in seltenen Fällen anwendbar beim Abschleppen aus Verkehrszeichen. Hier ist regelmäßig eine Ersatzvornahme gegeben. Es bedarf bei der unmittelbaren Ausführung nicht eines vorausgegangenen Verwaltungsakts. Die unmittelbare Ausführung hat den Charakter einer Ersatzvornahme (ohne eine solche zu sein; ausführlich hierzu Gaul a.a.O.), denn die Polizei handelt an Stelle des an und für sich zuständigen Störers.

Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn der polizeiliche Zweck durch Maßnahmen gegen den Zustands- oder Verhaltensstörer nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Nicht oder nicht rechtzeitig erreichbar im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, wenn der Störer nicht bekannt ist und mit zumutbarem Aufwand nicht ermittelt werden kann. Zur Ermittlung des Fahrers oder Halters durch Anfrage bei der auswärtigen Zulassungsstelle besteht wegen der ungewissen Erfolgsaussichten und der nicht abzusehenden Verzögerung keine Verpflichtung (VGH BW, VBlBW 1991, 434; BVerwG, NJW 1997, 1021; OVG Münster, NJW 1998, 2465).

Nachforschungspflicht der Behörde

Ohne konkreten Hinweis auf den Fahrer bedarf es keiner weiteren Nachforschungen (BVerwG, DVBl 1983, 1066; OVG Berlin, NPA 721, 15). Bei unbekanntem Fahrer und im innenstadtnahen Bereich einer Großstadt ist das Abschleppen gerechtfertigt, wenn dieser bei zumutbarem Aufwand (Halterermittlung) nicht ermittelt werden kann (OVG NW, NJW 1990, 2835). Dies gilt auch dann, wenn sich am Fahrzeug ein Hinweis befindet, daß es sich bei dem Halter um einen Arzt handelt, denn zum konkreten Aufenthaltsort ist damit trotzdem nichts ausgesagt (VG Köln v. 26.5.1997-20K5892/96).

Wenn bei einem vorschriftswidrig abgestellten Kraftfahrzeug anhand von Anschriften, wie sie bei Liefer- oder Handwerkerfahrzeugen üblich sind oder durch sonstige Anzeichen, etwa durch einen angebrachten Zettel erkennbar ist, dass dieses Fahrzeug einem bestimmten Anwohner gehört, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Halter bzw. Fahrer gefunden werden kann und das Fahrzeug selbst entfernen wird, ist ein Abschleppen unverhältnismäßig (OVG Rheinland-Pfalz vom 2.2.1999, AZ 7 A 12148/98.OVG; ähnlich NJW 1999, 3573). Dies gilt z.B., wenn auf einem deutlich sichtbaren Zettel eine Handy-Nummer angegeben ist, mit dem Hinweis, unter dieser Nummer sei der Fahrer jederzeit zu erreichen, um das Fahrzeug kurzfristig umzuparken bzw. zu entfernen.

Eine aus Sicht des Autofahrers sehr günstige Entscheidung zum Thema Abschleppen hat jüngst das Verwaltungsgericht Hamburg getroffen. In dem Fall hatte jemand sein Fahrzeug vebotswidrig geparkt, aber es war hinter der Frontscheibe ein Zettel mit folgender Mitteilung angebracht:

"Wenn ich wegfahren soll, rufen Sie mich einfach an. Ich komme dann sofort. Tel.: ....."

Die Ordnungshüter riefen aber nicht an, sondern ließen sofort den Abschleppwagen kommen. Der Falschparker sollte anschließend Abschleppkosten in Höhe vom 173,50 DM erstatten. Die Hamburger Richter urteilten, dass in dem konkreten Fall das Abschleppen unverhältnismäßig war. Der Fahrzeughalter muß nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts daher auch nicht die Abschleppkosten tragen. Die Polizei hätte hier den Fahrzeughalter unter der angegebenen Telefonnummer anrufen müssen, damit dieser sein Fahrzeug selbst entfernen kann. Dies wäre ein geringfügigerer Eingriff gewesen. Die sofortige Abschleppmaßnahme sei nicht erforderlich gewesen. Die Entscheidung der Hamburger Richter ist zwar kein juristisches Weltwunder. In der Rechtsprechung wurden nämlich auch schon vorher Nachforschungs- und Wartepflichten der Verkehrsüberwachungskräfte bei Abschleppmaßnahmen angenommen. Gleichwohl ist die Entscheidung für die konkrete Konstellation des Zettels hinter der Scheibe in ihrer Klarheit zu begrüßen. Wer ein Handy hat und falsch parkt, kann also möglicherweise um etwaige Abschleppkosten herumkommen, indem er einen deutlich sichtbaren Zettel im Auto hinterläßt, auf dem eine Telefonnummer angegeben ist mit dem Hinweis, dass der Fahrer bei Anruf sofort am Auto sein kann.

Aktuell: Handynummer kein Abschleppschutz

Berliner Tagesspiegel vom 29.05.2002

Eine im Auto hinterlassene Handynummer bewahrt Falschparker in Berlin nicht davor, abgeschleppt zu werden. Das hat das Verwaltungsgericht in einem gestern veröffentlichten Urteil entschieden. Einen Trick gibt es demnach aber doch: Wer falsch parkt, muss sich in der Nähe des Wagens aufhalten und im Zweifel jedes Mal wieder ein neues Schild malen, aus dem hervorgeht, wo er ist und dass er innerhalb weniger Minuten bei seinem Auto sein kann.

Im aktuellen Fall hatte ein Handwerker seinen Wagen in der Verbotszone abgestellt und im Fenster ein Schild mit seiner Handynummer hinterlassen. Der Polizist hatte aber kein Handy dabei und ließ den Wagen abschleppen - zu Recht, wie das Verwaltungsgericht entschied. Ein Polizeibeamter sei nicht verpflichtet, Ermittlungen nach dem Aufenthaltsort des Fahrzeugführers anzustellen. Solche Ermittlungen seien "nur dann ausnahmsweise geboten, wenn aufgrund eines deutlich sichtbaren Hinweises darauf, dass der Fahrer in der Nähe ist und kurzfristig aufgefunden werden kann, eine sofortige Ermittlung seines Aufenthaltsortes" möglich sei. Bundesweit haben sich schon viele Gerichte mit dem Thema befasst - mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Berliner Richter berufen sich auf das Bundesverwaltungsgericht, das im Februar entschieden hatte, einem Nachforschungsversuch stünden schon die ungewissen Erfolgsaussichten und unabsehbare Verzögerungen entgegen. (fk)

Die Anordnung zum Entfernen des Kfz

Die auf die Entfernung eines rechtswidrig abgestellten Kfz gerichtete Anordnung (Verwaltungsakt) der Ortspolizeibehörde stützt sich auf die §§ 1 bis 7, 60 Abs.1, 62 Abs.4 und 66 Abs.2 PolG. Der Polizeivollzugsdienst wird in der Regel auf Grund der Zuständigkeitsregel des § 60 Abs.2 PolG tätig. Es sind die Regeln des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes und des Landesverwaltungszustellungsgesetzes zu beachten. Regelmäßig wird die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs.2 S.1 Nr.4 VwGO zu versagen und die Ersatzvornahme gem. der §§ 20, 25 LVwVG anzudrohen sein, denn es liegt in der Natur der Sache, daß die Störung der öffentlichen Sicherheit schnellstens beseitigt wird. Die Anordnung ist dann gem. § 2 LVwVG sofort vollziehbar. Die Anordnung ist auch mündlich gegenüber dem (anwesenden) Fahrer eines rechtswidrig abgestellten Fahrzeugs möglich (§ 37 Abs.2 LVwVfG). Da, wenn ein Abschleppvorgang ins Auge gefaßt wird, in der Regel Gefahr im Verzug gegeben ist, muß die Anordnung der Versagung der aufschiebenden Wirkung nicht schriftlich begründet werden (§ 80 Abs.3 VwGO). Weigert sich der Fahrer, das Kraftfahrzeug wegzufahren, so kann nach erfolgter Androhung dieses im Wege der Ersatzvornahme gem § 25 LVwVfG zwangsweise entfernt werden. Die aufschiebende Wirkung ist in diesem Fall gem. § 12 LVwVfG versagt.

Wann läßt die Behörde überhaupt abschleppen?

Zu beachten ist stets, daß beim Abschleppen das Opportunitätsprinzip gilt, es also im Ermessen der Behörde liegt, ob eingeschritten wird oder nicht (Entschließungsermessen). Dies gilt dann nicht, wenn eine schwerwiegende Gefahr/Störung vorliegt, so daß eine Ermessenschrumpfung auf Null gegeben sein kann. Entschließt man sich zum Einschreiten, folgt das Auswahlermessen (wie wird eingeschritten). Es sind stets die Grundsätze der Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit zu beachten (geringsmöglicher Eingriff, erforderlich, angemessen). Es ist demnach auch zu prüfen, ob nicht ein Versetzen des Kraftfahrzeugs statt des Abschleppens möglich ist.

Ein Versetzen erfordert jedoch, daß ein geeigneter Abstellort in unmittelbarer Nähe vorhanden ist, dieser Abstellort den polizeilichen Anforderungen entspricht, also z.B. nicht erneut in einen Parkverbotsbereich, keine Neuschaffung einer Gefahrenlage - z.B. Diebstahlsgefahr, Gefahr von Sachbeschädigungen, - das Kraftfahrzeug durch den Fahrer/Halter ohne Suchen gefunden werden kann, also in Sichtweite ohne weiteres auffindbar ist. Diese Voraussetzungen sind nicht in zahlreichen Fällen gegeben. Ein Versetzen mag vielfach bei verbotswidrig parkenden Kleinfahrzeugen (z.B. Mofas) in Frage kommen. Bei einer größeren Anzahl empfiehlt sich der Einsatz eines größeren Fahrzeugs, z.B. eines Bauhof-LKW`s. Beim Versetzen erfolgt keine anschließende Sicherstellung und Verwahrung. Es ist also stets eine Einzelfallprüfung erforderlich. Zu den Grundsätzen des Ermessens und der Verhältnismäßigkeit vgl. die §§ 3 und 5 PolG.

Abschleppen durch gemeindliche Vollzugsbedienstete

Die Ortspolizeibehörden können sich zur Wahrnehmung bestimmter, auf den Gemeindebereich beschränkter polizeilicher Aufgaben gemeindlicher Vollzugsbediensteter bedienen. Diese haben bei Erledigung ihrer polizeilicher Dienstverrichtungen die Stellung von Polizeibeamten im Sinne des PolG (§ 80 PolG). § 31 DVOPolG zählt im Einzelnen die Vollzugsaufgaben auf, weitere bedürfen der Zustimmung durch das Regierungspräsidium. Die Gesetzmäßigkeit der weiteren Übertragung mit Zustimmung des Regierungspräsidiums ist zumindest fraglich. Die übertragenen Aufgaben gehen weit über den normalen Aufgabenkreis der Ortspolizeibehörden hinaus. Den gemeindlichen Vollzugsbediensteten können u.a. die Vollzugsaufgaben bei der Überwachung des ruhenden Straßenverkehrs sowie bei Sondernutzungen übertragen werden. Insofern muß ihnen auch zugebilligt werden, Abschleppmaßnahmen (wie Polizeibeamte) bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durchzuführen.

Kostentragung beim Abschleppen nach § 8 Abs.1 PolG/ §§ 1, 3 PolG

Der von der Maßnahme betroffene Störer ist unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, von der Abschleppmaßnahme zu unterrichten. Die der Polizei durch Abschleppmaßnahmen entstandenen Kosten sind vom Störer (§§ 6,7 PolG) gem. § 8 Abs.2 PolG zu ersetzen. Bei Einschreiten im Wege der Ersatzvornahme sind Rechtsgrundlage für die Kostenerhebung die §§ 25,31 LVwVG i.V.m. § 6 und 8 LVwVGKO. Störer im Sinne des Polizeirechts sind nicht nur natürliche Personen, dies können auch beispielsweise nicht rechtsfähige Personenvereinigungen sein. Damit sind diese auch kostenerstattungspflichtig. Die Kosten können grundsätzlich dem Halter auferlegt werden, wenn ein unbekannter Dritter das Fahrzeug gefahren hat. Es ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit rechtlich nicht zu beanstanden, dem (in Berlin wohnenden) Halter die Kosten aufzuerlegen, wenn der Fahrer des Fahrzeugs in Frankreich wohnhaft ist (VG Berlin, NZV 2001, 56).

Die Entscheidung, ob ein Störer überhaupt zum Kostenersatz herangezogen wird, steht im pflichtgemäßem Ermessen der Behörde (VGH BW, VBlBW 1991, 110; VGH BW, BWGZ 1994,464). Bei mehreren Störern ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu verfahren. Das öffentliche Interesse an einer wirksamen polizeilichen Tätigkeit erfordert es, daß die Polizei nicht mit Ermittlungsarbeiten bei der kostenmäßigen Ausführung belastet wird, sondern sich auf die ihr obliegende umfassende Aufgabe der Gefahrenabwehr konzentrieren kann (VGH München, NJW 1979, 2631; VGH BW, BWGZ 1991, 66;OVG Koblenz, NJW 1986, 1369). Die Kosten können dem Verantwortlichen aber nur dann auferlegt werden, wenn die Abschleppmaßnahme rechtlich fehlerfrei angeordnet und durchgeführt wurde.

Keine Kostentragung in atypischen Fällen

Der VGH BW (BWVPr 1990, 20) geht davon aus, daß in atypischen Fällen zwar Abschleppmaßnahmen zulässig, die daraus resultierende Kostenanforderung jedoch rechtswidrig sein kann. Ein atypischer Fall ist anzunehmen, wenn von einem Fahrzeug, das ohne Verstoß gegen straßen- und straßenverkehrsrechtliche Vorschriften geparkt worden ist, eine Störung ausgeht, die nicht vorhersehbar war und nicht in der Risikosphäre des Halters oder Fahrers liegt. Der VGH BW hält auch eine Abschleppmaßnahme (Verstoß gegen ein Verkehrszeichen) im Wege der unmittelbaren Ausführung für rechtens, jedoch nicht die Kostenauferlegung gegenüber dem "bloßen" Halter (VGH BW, BWVPr 1966, 17). Dies dürfte auch für Abschleppvorgänge auf Privatgrund zutreffen. Allerdings sieht das BVerwG in seinem Urt. vom 11.12.1996, VM 1997, 34 die Frage der Verhältnismäßigkeit beim Kostenersatz anders. Das oberste Gericht sieht auch bei atypischen Fällen eine Kostenersatzpflicht als gegeben. Diese Entscheidung ist richtungsweisend. In Nordrhein-Westfalen besteht keine Ermessensspielraum bei der Kostenerhebung (OVG NW v. 4.7.1995-5A1741/95; OVG NW v. 23.5.1995-5A2092/93).

Wird eine Abschleppmaßnahme nicht beendet, wenn z.B. der Störer während der Maßnahme erscheint und die Störung selbst beseitigt, so können die angefallenen Kosten trotzdem erhoben werden. Die zur Kostenerstattungspflicht führende Tätigkeit der Behörde, die sich des Abschleppunternehmens bedient, setzt bereits mit dem Auftrag an den Abschleppunternehmer ein.

Kostentragung bei der Ersatzvornahme

Das Abschleppen aus Verkehrszeichen ist in der Regel eine sogenannte "Ersatzvornahme". Für die Androhung der Ersatzvornahme wird eine Gebühr in Höhe von 10 Euro (bisher 20 DM) erhoben, wenn die Androhung nicht mit dem Grundverwaltungsakt verbunden ist (§ 5 LVwVGKO).Bei der Ersatzvornahme wird eine Gebühr erhoben (§ 6 LVwVGKO), wenn die Behörde die Maßnahme selbst ausgeführt hat. Die Gebühr beträgt 31 Euro (bisher 62 DM) für jeden mit der Ausführung der Ersatzvornahme beauftragten Bediensteten je angefangene Stunde. Führt ein Dritter, z.B. ein Abschleppunternehmer die Ersatzvornahme aus, wird zur Abgeltung der behördlichen Aufwendungen eine Gebühr in Höhe von 10% des Betrages erhoben, der an den Beauftragten zu zahlen ist, höchstens jedoch 150 Euro (bisher 300 DM).

Die entstandenen Abschleppkosten werden als Auslagen nach § 8 Abs.1 Nr.8 LVwVGKO geltend gemacht. Kosten sind auch z.B. Portokosten, Sachverständigenkosten, Versteigerungskosten und ein Allgemeinkostenzuschlag (OVG Hamburg, DAR 1982, 307). Ansonsten gelten die Ausführungen zur unmittelbaren Ausführung. Rechtsgrundlagen für den Kostenbescheid: §§ 49 Abs.1 PolG, 25, 31 Abs.1, 31 Abs.2, 31 Abs.5 LVwVG i.V.m §§ 6, 8 LVwVGKO. Der Kostenerstattungsanspruch steht dem Träger der Behörde zu, die die Maßnahmen angeordnet hat (§31 Abs.5 LVwVG, § 12 LGebG bzw. örtliche Gebührensatzung).

Einzelfragen bei den Abschleppkosten

Werden für den Fall, daß mehrere Fahrzeugführer ihre Fahrzeuge in gleicher Weise verkehrsgefährdend abgestellt haben, aus Kostenersparnisgründen weniger Abschleppfahrzeuge angefordert, als Fahrzeuge verkehrsgefährdend abgestellt sind, so haben nur diejenigen Fahrzeugführer die vollen Abschleppkosten zu tragen, deren Fahrzeuge tatsächlich abgeschleppt worden sind. Für evtl. daneben entstandene Leerfahrtkosten haften alle Fahrer gemeinsam, die Veranlassung für die Anforderung von Abschleppwagen gegeben haben, jedoch vor deren Eintreffen ihr Fahrzeug selbst entfernt haben (VGH Kassel, NJW 1984, 1197).

Der Halter eines von einem Dritten verkehrswidrig geparkten Fahrzeugs haftet nicht für die Abschleppkosten (VGH München, NJW 1984, 1196 - überholt durch BVerwG, VM 1997, 34). Der Kostenerstattungsanspruch für das Abschleppen eines rechtswidrig abgestellten Kraftfahrzeugs darf grundsätzlich gegen den Halter als Zustandsverantwortlichen erhoben werden. Ausnahmsweise kann auch der Verhaltensverantwortliche herangezogen werden, wenn dieser unverzüglich benannt wird (OVG Koblenz, NJW 1986, 1369) Abweichende, eine insoweit eine andere Beurteilung erfordernde Umstände hat der zum Kostenersatz herangezogene Halter gegebenenfalls schlüssig darzulegen. Eine Nichterweislichkeit solcher Umstände geht zu seinen Lasten (VGH Kassel, NJW 1988, 3035). Es ist nicht zu beanstanden, dass Abschleppunternehmen Kosten für einen abgebrochenen Abschleppvorgang berechnen dürfen, sobald sich das angeforderte Abschleppfahrzeug auf dem Weg zum Bestimmungsort befindet.

Einen sehr interessanten Richterspruch zur Abschleppthematik lieferte das Oberverwaltungsgericht Hamburg im letzten Jahr. Die Entscheidung der Hamburger Richter wurde Anfang 2001 veröffentlicht (NJW 2001, 168 ff.). Das Hamburger OVG gelangte zu der Ansicht, dass es unverhältnismäßig ist, für einen abgebrochenen Abschleppvorgang Kosten zu erheben, wenn in direktem Anschluß an den Abbruch ein unmittelbar benachbartes Fahrzeug abgeschleppt wird. Der Entscheidung lag ein Fall zu Grunde, in dem die Fahrzeughalterin einen Kostenbescheid über insgesamt 137,50 DM bezahlen sollte, nachdem ihr Pkw garnicht abgeschleppt worden war. Bevor es nämlich zum Abschleppen gekommen war, erschien der Verlobte der Fahrzeughalterin und entfernte deren Fahrzeug. Es wurde dann ein anderes Fahrzeug abgeschleppt, das wenige Meter entfernt stand. Nach Ansicht der Hamburger Richter war die Erhebung der Kosten für die Leerfahrt rechtswidrig, weil im direkten Anschluß an den abgebrochenen Abschleppvorgang ein anderes Fahrzeug abgeschleppt wurde. Die Anfahrt des Abschleppfahrzeugs sei somit für das anschließend tatsächlich abgeschleppte Fahrzeug von Nutzen gewesen und die Kosten seien auch gegenüber dem Halter des abgeschleppten Fahrzeugs geltend gemacht worden. Es durften deshalb in Bezug auf den zunächst abgebrochenen Abschleppvorgang nicht ein weiteres Mal Kosten für die Anfahrt des Abschleppvorgangs gelten gemacht werden.

Rechtsschutz bei Abschleppmaßnahmen

Gegen die Anordnung auf Grund des PolG sowie die Androhung der Ersatzvornahme, das Fahrzeug zu entfernen, ist die Möglichkeit des Widerspruchs (§ 68 Abs.1 VwGO) und der Anfechtungsklage (§ 42 Abs.1 VwGO) gegeben. Gegen die unmittelbare Ausführung und die Ersatzvornahme kann Festellungsklage nach § 43VwGO erhoben werden. Gegen die Kostenbescheide aus der unmittelbaren Ausführung und der Ersatzvornahme sind ebenfalls Widerspruch und Anfechtungsklage möglich. Es ist darauf hinzuweisen, daß es sich hierbei nicht um Kosten i.S. von § 80 Abs.1 S.1 Nr.4 VwGO handelt, d.h. bei einem Widerspruch entsteht aufschiebende Wirkung. Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Abschleppkosten wird in der Regel allein ein auf Verkehrsrecht spezialisierter Rechtsanwalt zutreffend und ohne zu großen Aufwand beantworten können.

Text: Georg Huttner / RA Goetz Grunert, © verkehrsportal.de


 
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